Castle 2: Naked Heat - In der Hitze der Nacht (German Edition)
vor die Eingangstür der Leichenhalle und hupte zweimal. Beide Detectives sahen auf ihre Armbanduhren. Sie wussten, dass die Gerichtsmedizin Padillas Leiche um acht Uhr freigegeben hatte. Jetzt war es Viertel vor neun, und sie beobachteten schweigend, wie die Schiebetür geöffnet wurde und zwei Mitarbeiter ausstiegen, um eine Bahre auszuladen, auf der ein dunkler Vinylsack mit den Überresten des Opfers lag.
Um kurz nach neun fuhr ein weißer 98er Honda vor und parkte vor der Leichenhalle. „Los geht’s“, sagte Raley. Doch dann fluchte er plötzlich, denn der Fahrer, der ausstieg und in das Gebäude ging, stellte sich als der unkooperative Cousin vom Vorabend heraus. „So viel dazu, die Ausnahme zu finden.“
Sie warteten zehn Minuten lang schweigend ab, und als sonst niemand kam, ließ Raley den Motor an. „Ich habe das Gleiche gedacht“, sagte sein Partner, als sie von der Bordsteinkante wegrollten.
Niemand reagierte auf ihr Klopfen an der Tür von Padillas Reihenhaus in der Hundertfünfzehnten Straße Ost. Die Detectives wollten gerade gehen, als eine Stimme durch die Tür erklang und auf Spanisch fragte, wer sie seien. Ochoa identifizierte sich und fragte, ob sie sich kurz unterhalten könnten. Es folgte eine lange Pause, bis schließlich eine Sicherheitskette zur Seite geschoben, ein Riegel zurückgezogen und die Tür einen Spalt weit geöffnet wurde. Ein Junge im Teenageralter verlangte, ihre Marken zu sehen.
Pablo Padilla führte sie ins Wohnzimmer. Obwohl der Junge es nicht sagte, schien es so, dass die Einladung ins Haus weniger mit Gastfreundschaft zu tun hatte, sondern eher damit, sie von der Straße wegzuholen. Ochoa dachte darüber nach, dass es bei dieser Keine-Informanten-Sache eigentlich um Solidarität gehen sollte, doch die Augen des Jungen wirkten eher wie die eines Terrorismusopfers. Oder wie die der Stadtbewohner in einem dieser alten Western mit Clint Eastwood, in denen sich die Leute vor dem tyrannischen Gesetzlosen und seinen Männern fürchteten.
Da er Spanisch sprach und somit derjenige sein würde, der die Befragung durchführte, entschied Ochoa, behutsam vorzugehen. „Dein Verlust tut mir sehr leid“, war ein guter Anfang.
„Haben Sie den Mörder meines Onkels gefunden?“, erwiderte der Junge sofort.
„Wir arbeiten daran, Pablo. Deswegen sind wir hier. Um dabei zu helfen, denjenigen zu finden, der das getan hat, und ihn zu verhaften, damit er für immer ins Gefängnis kommt.“ Der Detective wollte dem Jungen klarmachen, dass diese Person von den Straßen verschwinden und somit keine Gefahr mehr für die Leute darstellen würde, die mit der Polizei kooperiert hatten.
Der Teenager nahm die Worte in sich auf und musterte die beiden Detectives abschätzend. Ochoa bemerkte, dass Raley sich bedeckt hielt, aber alles aufmerksam beobachtete. Sein Partner schien sich besonders für einige Kleidersäcke zu interessieren, die an einer Tür hingen. Dem Jungen fiel sein Blick ebenfalls auf. „Das ist mein neuer Anzug. Für die Beerdigung meines Onkels.“ Seine Stimme klang gebrochen, aber tapfer. Ochoa sah, wie sich Tränen in seinen Augen sammelten, und schwor sich, das Opfer nie wieder als Kojotenmann zu bezeichnen.
„Pablo, was du mir hier erzählst, wird unter uns bleiben, verstehst du? Genauso wie wenn du der Polizei einen anonymen Hinweis per Telefon geben würdest.“ Der Junge erwiderte nichts, also fuhr er fort. „Hatte dein Onkel Esteban irgendwelche Feinde? Irgendjemanden, der ihm schaden wollte?“
Der Junge schüttelte langsam den Kopf, bevor er antwortete. „Nein, ich weiß von niemandem, der so etwas tun würde. Jeder mochte ihn, er war immer fröhlich, ein guter Kerl, verstehen Sie?“
„Das ist gut“, sagte Ochoa, während er dachte:
Das ist schlecht
– zumindest für das, was er brauchte –, doch er lächelte trotzdem. Pablo schien sich ein wenig zu entspannen, und der Detective stellte ihm behutsam die üblichen Fragen über die Freunde seines Onkels, seine Freundinnen sowie seine Gewohnheiten wie Glücksspiel oder Drogenkonsum. Der Junge gab einsilbige Antworten, wie es Teenager häufig taten, doch er antwortete. „Was ist mit seiner Arbeit?“, fragte Ochoa. „Er war Lieferwagenfahrer, oder?“
„Ja, es gefiel ihm nicht besonders, aber er hatte Erfahrung als Fahrer, also war das der Job, den er bekam. Manchmal ist ein Job eben ein Job, wissen Sie, auch wenn er nicht so gut ist.“
Ochoa sah zu Raley, der zwar keine Ahnung hatte, worüber die
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