Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
panisch oder ängstlich sein. Das, was passiert war, sollte ihr nichts von ihrer Kraft und ihrem Mut nehmen, der sie ausmachte.
Die Häuser, die ihren Weg säumten, sahen mit jedem Schritt verwahrloster aus. Sie wusste, dass von den Bewohnern Zitelias nur noch der Hexer lebte. Sie hatten ihn verschont. Seine Gabe, in die Zukunft schauen zu können, hatte ihm das Leben gerettet. Die Brut fand sein Können in vielerlei Hinsicht als nützlich. Er wusste, ob es Angriffe auf die Dämonen geben würde und er kannte sich mit Kräutern und Heilkunde aus. Gerus konnte Verwundete pflegen, und zum ersten Mal sollte er dies nun auch für die Dämonen tun. Indyrah wunderte sich jedoch, warum er im ärmlichsten Teil der Stadt lebte. Er hätte jedes Haus nehmen können. Es war niemand mehr da, der ihn hätte hierher verbannen können. Die Brut hatte sich in einigen Häusern niedergelassen, aber es waren noch Hunderte übrig. Irgendetwas schien ihn an diesen Ort zu fesseln und sie fürchtete, dass er bereits wusste, weshalb sie kam.
Schließlich erreichte sie das Haus, in dem der Hexer lebte.
Die morsche Tür bebte unter ihrer Hand und drohte zusammenzubrechen, als sie anklopfte. Sie lauschte, aber sie hörte nichts von drinnen. Indyrahs Nervosität stieg. Sie hatte nie zuvor mit einem Seher gesprochen und Situationen, die sie nicht einzuschätzen wusste, waren ihr äußerst unangenehm.
Ein zitternder Dämon war weitaus gefährlicher, als jener, der sich mächtig fühlte. Gerus wusste das. Er hörte ihr Klopfen und spürte ihre Unsicherheit. Er wollte öffnen, aber die Bilder in seinem Kopf, die plötzlich auf ihn einstürmten, lähmten ihn.
»Ist jemand da?«, ertönte die Stimme der Brut.
Der Seher sah durch Indyras Augen hindurch Azur und seine schreckliche Wut. Schmerz durchfuhr ihn. Er spürte die Schläge der Peitsche auf seinem Rücken. Immer wieder prasselten sie auf ihn ein. Gerus versuchte nach Luft zu schnappen, doch die Vision ließ ihn nicht los. Er sah noch viel mehr als das, was geschehen war. Es war eine Sintflut an Gefühlen, die ihn überkam. Die Zeit schien stehenzubleiben.
Er wollte sich an der Wand abstützen, denn er spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben. Für einen kurzen Moment erkannte Gerus seine Hand vor sich, bevor ein weiteres Bild in seinem Kopf seinen Blick trübte. Zitternd krachte er zu Boden und riss erschrocken die Augen auf.
Es klopfte erneut an der Tür. Diesmal jedoch lauter. Indyrah schien seinen Aufprall gehört zu haben.
»Hallo? Geht es Euch gut?«, rief sie aufgeregt.
Nie zuvor hatte Gerus eine solch intensive Vision gehabt. Er vermochte kaum zu sprechen, so verwundert war er. Er spürte eine Energie, die er nicht einschätzen konnte. Dabei wusste er nicht einmal, ob sie wirklich von der Dämonin ausging. Dennoch schien ihm dies am Plausibelsten. Er hatte diese Kraft erst nach ihrer Ankunft gespürt. Sie musste von ihr ausgehen. Es sei denn, sie war nicht allein dort draußen …
EIN TREFFEN MIT KÖNIG ZORTHAN
Die Ankunft in Neckmar fühlte sich wie eine Befreiung an. Sie fühlten sich von einer furchtbaren Last erlöst. Die beiden atmeten so tief ein, als hätten sie seit Tagen nicht mehr richtig Luft bekommen. Ihre Augen glänzten beim Anblick der Gebäude wie bei kleinen Dorfjungen, die zum ersten Mal eine große Stadt betraten. Man sah ihnen die Erleichterung wahrlich an. Auf den Grasebenen hatte Xeroi kaum noch daran geglaubt, dort anzukommen. Er war erschöpft und kraftlos gewesen. Der Glaube an sich selbst war ihm wie ein Häufchen Sand durch die Finger gerieselt.
Nun stand er dort und seine Gedanken fielen auf die letzten Wochen zurück: Er hatte den Wald der Exindur lebend verlassen. Er war bereit gewesen, für einen Freund zu sterben und hatte sich mit einer schwer entzündeten Wunde auf den Weg gemacht. Als er dem Dämon und dem Letifer begegnet war, hatte er geglaubt, durch die Hand Tachals sterben zu müssen. Doch nun stand er dort. Er hatte seinen Freund wiedergefunden und beide waren jetzt in Sicherheit. Es schien wahrlich wie ein Traum und so rieb er sich die Augen, weil er kaum glauben konnte, dass dies alles wahr war. Ebenso erging es Failon, der freudig zum Himmel hinaufsah. Er hatte den Mond eingeholt. Die Göttin Splendor brauchte noch einige Zeit, bis sie die Sonne erreichte. Er hatte nun die Chance, am kommenden Krieg teilzunehmen und vielleicht sogar dessen Verlauf zu ändern. Er wollte seine zwölf Glaubensbrüder finden und ihnen etwas
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