Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
schicken?«
    »Nein.«
    »Aber wenn sie es doch tun, und jemand muß dich begleiten, würdest du dann darum bitten, daß sie mich mitschicken? Nimm nicht so einen Kerl wie Appleby, nimm mich.«
    »Warum sollten sie wohl so etwas machen?«
    »Das weiß ich auch nicht, aber wenn sie es tun, vergiß nicht: ich habe dich zuerst gebeten. Und laß mal von dir hören. Ich werde dich jeden Abend hier im Gebüsch erwarten. Wenn sie dir nichts tun, dann fliege ich vielleicht auch nicht mehr. Okay?«
    Den ganzen folgenden Abend über wurde er von Leuten bedrängt, die unversehens an allen möglichen Orten erschienen und wissen wollten, wie es ihm ginge, die auf Grund einer geheimen, intimen Verwandtschaft, von deren Vorhandensein er gar nichts gewußt hatte, mit besorgten, abgezehrten Gesichtern vertrauliche Informationen von ihm erbaten. Männer, die er kaum kannte, tauchten aus dem Nichts auf und fragten im Vorbeigehen, wie es mit ihm stehe. Selbst aus den anderen Staffeln kamen Männer und versteckten sich in der Dunkelheit. Wo immer er nach Einbruch der Dämmerung den Fuß hinsetzte, wartete jemand darauf, ihn anzusprechen. Sie standen hinter Büschen und Bäumen, in Gräben und im Gestrüpp, hinter Zelten und abgestellten Fahrzeugen. Selbst einer seiner Mitbewohner tauchte vor ihm auf und fragte ihn, wie es mit ihm gehe, flehte ihn aber gleichzeitig an, ihn den Zeltgenossen nicht zu verraten.
    Yossarián näherte sich jeder bittenden, übermäßig vorsichtigen Gestalt mit der Pistole in der Hand, da er nicht wußte, welcher der wispernden Schatten ihn schließlich täuschen und sich als Natelys Hure oder, schlimmer noch, als ein autorisierter Vertreter seiner Regierung entpuppen und ihn in deren Auftrag unbarmherzig zusammenschlagen würde. Es sah nämlich so aus, als müßte die Gegenpartei zu derartigen Mitteln greifen. Man wollte ihn nicht wegen Feigheit vor dem Feind vors Kriegsgericht stellen, denn der Feind war 136 Meilen entfernt, und Yossarián war derjenige, der die Brücke von Ferrara beim zweiten Anflug zerstört hatte, was Kraft das Leben kostete. Er vergaß fast immer Kraft, wenn er die ihm bekannten Toten zählte. Aber irgend etwas mußten sie tun, und alle fragten sich düster, zu welch gräßlichem Mittel man greifen werde.
    Tagsüber wich man ihm aus, selbst Aarfy tat das, und Yossarián begriff, daß sie in der Masse bei Tage andere Menschen waren als allein im Dunkeln. Er scherte sich nicht um sie, während er retirierte, die Hand an der Pistole. Und immer, wenn Captain Piltchard und Captain Wren von einer weiteren hochwichtigen Besprechung mit Colonel Cathcart und Colonel Korn zurückkehrten, sah er gelassen den neuesten Schmeicheleien, Drohungen und Verlockungen entgegen. Hungry Joe ließ sich kaum noch blicken, und der einzige, der ihn ansprach, war Captain Black, der ihn stichelnd >alter Bluthund< nannte und ihm bei seiner Rückkehr von Rom gegen Ende der Woche mitteilte, daß Natelys Hure nicht mehr da war. Yossarián verspürte ein wenig Sehnsucht und Reue. Er war traurig. Sie fehlte ihm.
    »Weg?« wiederholte er mit hohler Stimme.
    »Ja, weg.« Captain Black lachte und kniff dabei seine schmalen, verschwiemelten Augen zu. Auf seinem spitzen, scharfen Gesicht sproßten wie gewöhnlich dürftige rötlich-blonde Bartstoppeln. Er rieb sich die schweren Tränensäcke. »Ich hatte mir nämlich gedacht, wenn ich schon in Rom bin, dann kann ich auch noch mal diese blöde Kuh umstoßen, allein schon, um den Knaben Nately nicht in seinem Grabe zur Ruhe kommen zu lassen, haha! Wissen Sie noch, wie ich ihn immer geärgert habe? Aber die Wohnung war leer.«
    »Haben Sie etwas Näheres erfahren?« fragte Yossarián eindringlich. Er sorgte sich sehr um das Mädchen. Er fragte sich, ob sie wohl sehr leide, und kam sich ohne ihre wilden, unversöhnlichen Attacken beinahe verlassen und einsam vor.
    »Es ist niemand da«, versuchte Captain Black Yossarián klarzumachen. »Begreifen Sie denn nicht? Alle sind weg, der ganze Laden ist aufgeflogen.«
    »Weg?«
    »Ja doch, weg. Auf die Straße geschmissen.« Captain Black gluckste belustigt, und sein spitzer Adamsapfel hüpfte schadenfroh in der mageren Kehle auf und ab. »Der Laden ist leer. Die MP hat ihn ausgeräumt und die Nutten rausgeschmissen. Komisch, was?«
    Yossarián bekam Angst und begann zu zittern. »Warum denn das?«
    »Na, warum denn nicht?« erwiderte Captain Black und machte eine großartige Gebärde. »Einfach auf die Straße geschmissen.
    Wie finden

Weitere Kostenlose Bücher