Catch 22
aber, daß Sie es nicht waren. Er hat doch nicht etwa Washington Irving erwähnt?«
»Doch«, sagte Major Major. »Er hat.«
»Er hat?« rief der zweite CID-Mensch. »Großartig! Jetzt sind wir vielleicht bald in der Lage, den Fall zu knacken. Wissen Sie, wo der Mann zu finden ist?«
»Im Lazarett. Er ist nämlich ein schwerkranker Mann.«
»Großartig! Ich werde ihm gleich folgen. Am besten natürlich inkognito. Ich werde ins Krankenzelt gehen, die Situation erklären und mich als Patienten ins Lazarett schicken lassen.«
»Die wollen mich nicht als Patienten ins Lazarett schicken, wenn ich nicht krank bin«, meldete er sich bei Major Major zurück.
»Dabei bin ich krank. Ich wollte mich schon lange mal gründlich untersuchen lassen, und das ist jetzt eine gute Gelegenheit. Ich werde mich also hier krank melden und auf diese Weise ins Lazarett überwiesen werden.«
»Nun sehen Sie doch mal, was man mir angetan hat«, meldete er sich von neuem bei Major Major, diesmal mit rotgepinseltem Zahnfleisch. Er war untröstlich. Schuhe und Strümpfe trug er in der Hand und auch seine Zehen waren mit Enzianrot eingepinselt. »Wer hat je von einem CID-Menschen mit rotem Zahnfleisch gehört?« jammerte er. Er entfernte sich mit niedergeschlagenen Augen aus der Schreibstube, stolperte in einen Splittergraben und brach sich die Nase. Zwar blieb seine Temperatur auch jetzt noch normal, doch machten GUS und Wes eine Ausnahme und schickten ihn mit dem Krankenwagen ins Lazarett.
Major Major hatte gelogen, und das war gut so. Es überraschte ihn nicht wirklich, daß das gut war, denn er hatte beobachtet, daß Menschen, die logen, im ganzen erfinderischer, ehrgeiziger und erfolgreicher waren als die Menschen, die nicht logen. Hätte er dem zweiten CID-Menschen die Wahrheit gesagt, wäre er gewiß in Schwierigkeiten geraten. Statt dessen hatte er gelogen und konnte nun sein Werk fortsetzen.
Der Besuch des zweiten CID-Menschen hatte zur Folge, daß Major Major vorsichtiger zu Werke ging. Unterschriften vollzog er nur noch mit der linken Hand und nur, wenn er dabei die dunkle Brille und den falschen Bart trug, die ihm hatten helfen sollen, von neuem Korbball spielen zu dürfen. Als eine weitere Vorsichtsmaßnahme vollzog er einen sehr vorteilhaften Übergang von Washington Irving zu John Milton. John Milton klang knusprig und knapp. Sollte er sich als eintönig erweisen, konnte man ihn mit guter Wirkung ebenso umkehren wie Washington Irving. Darüber hinaus ermöglichte er es Major Major, seinen Ausstoß zu verdoppeln, denn John Milton war erheblich kürzer als sein eigener Name oder der von Washington Irving und ließ sich viel schneller schreiben. John Milton erwies sich auch in anderer Hinsicht als fruchtbar. Er war vielseitig verwendbar, und Major Major ertappte sich bald dabei, wie er die Unterschrift in Teile erdachter Dialoge einbaute. So mochte eine typische Unterschrift auf einem dienstlichen Schriftstück lauten: »John, Milton ist ein Sadist.« oder: »Wo ist Milton, John?«. Eine Variation, auf die er besonders stolz war lautete: »John Milton sitzt auf dem Klo.«
John Milton eröffnete ihm eine ganz neue Welt voll bezaubernder, unerschöpflicher Möglichkeiten und versprach, die Eintönigkeit für immer zu bannen. Als John Milton eintönig zu werden begann, kehrte Major Major zu Washington Irving zurück.
Major Major hatte die dunkle Brille und den falschen Bart in Rom erstanden. Es war dies ein allerletzter, vergeblicher Versuch, sich aus dem Sumpfe der Erniedrigung zu retten, in den er immer tiefer einsank. Zunächst hatte er jene schreckliche Demütigung anläßlich des Kreuzzuges gegen die Abtrünnigen zu erleiden gehabt, als nicht ein einziger von den dreißig oder vierzig Herren, die konkurrierende Loyalitätserklärungen in Umlauf gesetzt hatten, ihm erlaubte, eine zu unterzeichnen. Dann, gerade als dieser Sturm sich gelegt hatte, geschah es, daß Clevingers Maschine sich auf so geheimnisvolle Art mit der gesamten Besatzung in Luft auflöste, und boshafterweise betrachtete man ihn als den Hauptverantwortlichen für dieses Mißgeschick, weil er nie eine Loyalitätserklärung unterzeichnet hatte.
Die dunklen Gläser steckten in einem breiten, magentaroten Rahmen. Der falsche schwarze Schnurrbart war der Schnurrbart eines flamboyanten Leierkastenmannes, und als Major Major eines Tages glaubte, seine Einsamkeit nicht länger ertragen zu können, legte er beides an und begab sich auf den Korbballplatz.
Er legte
Weitere Kostenlose Bücher