CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
wie Belustigung.
»Was ist?«, fragte Dan.
»Willst du das wirklich machen?«
Dan merkte, wie sein Puls einen Gang zulegte. Ein erdrückendes Gewicht legte sich auf seinen Magen, als ob jemand versuchte, seine Organe auseinanderzuschieben.
»Natürlich. Wir müssen doch … «
»Nein, müssen wir nicht. Wir müssen es niemandem sagen.« Robbie trat einen Schritt näher, und in seinen Augen loderte Entschlossenheit. »Es war schlicht und einfach ein Unfall. O’Brien ist tot, und das ist furchtbar für ihn. Aber seien wir doch mal ehrlich, er war ein mieses Arschloch.«
»Das kannst du nicht wirklich wissen.«
»Schau dir doch nur an, wie er mit Cate umgegangen ist. Ein arroganter alter Lustmolch, der sich einfach nicht abwimmeln lassen wollte. Stell dir nur mal vor, was er mit ihr gemacht hätte, wenn wir nicht da gewesen wären …«
Dan schüttelte den Kopf, so leicht ließ er sich nicht überzeugen. »Aber was ist mit seiner Familie? Wenn er Kinder hat …«
Robbie schüttelte den Kopf. »Hat er nicht, da bin ich mir sicher. Seine Ehe wurde vor einigen Jahren geschieden. Er hat allein gelebt. Und selbst wenn es Kinder gäbe, wären die inzwischen groß.«
Du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie das ist , dachte Dan. Die geflüsterten Beileidsbekundungen. Die kummervoll lächelnden Gesichter. Die Erfahrung, dass die ganze Welt auf einmal in sich zusammenfällt, dass du in ein tiefes, finsteres Loch stürzt, ohne zu wissen, ob du dich je wieder daraus befreien kannst …
Er räusperte sich. »Trotzdem, irgendjemand wird ihn vermissen. Was ist mit seiner Arbeit, seinen Kollegen?«
»Ich weiß nur, dass er viel gereist ist. Vielleicht war er selbstständig?«
»Du willst mir weismachen, dass der Typ im luftleeren Raum gelebt hat, aber das kauf ich dir nicht ab, Robbie. Es gibt jemanden, in dessen Leben sein Tod eine Lücke reißt, darauf kannst du dich verlassen.«
»Na schön. Aber nichts, was wir jetzt tun können, wird ihn wieder zum Leben erwecken. Es wird nur unser Leben ruinieren, oder?«
Dan schluckte. Sein Mund war plötzlich so trocken, dass er kein Wort mehr hervorbrachte. Wieder dachte er an seine Eltern, an die Art und Weise, wie er sie verloren hatte, und dann wurde ihm schlagartig bewusst, wie furchtbar ironisch es war, dass er auch nur daran denken konnte, in einer solchen Situation davonzulaufen.
Wenn du einen Fehler gemacht hast, bekenne dich dazu. So war es ihm eingebläut worden. Nimm deine Strafe an, und es wird dich auf lange Sicht zu einem besseren Menschen machen.
Robbie beobachtete ihn aufmerksam – offenbar wollte er sehen, wie Dan sein Argument aufnahm. Dann fügte er hinzu: »Es geht nicht nur um uns, Dan. Denk an unsere Familien. An Cate. Deinen Bruder. Und an Joan. Was tust du Joan damit an?«
Dan wusste, dass er manipuliert wurde, aber er wusste ebenso, dass Robbie nicht völlig unrecht hatte. War Dan wirklich so felsenfest von seiner Haltung überzeugt, dass er bereit war, seiner Tante eine neuerliche Tragödie und weiteres Leid zuzumuten?
Dann fiel ihm etwas ein. »O’Brien hat deiner Schwester eine SMS geschickt. Die Polizei wird sie ausfindig machen.«
»Ich rede mit Cate, mach dir da keine Sorgen.« Robbies Ton wurde herrischer. Er deutete auf den Wagen. »Du musst das reparieren lassen. Aber nicht über die Versicherung.«
»Das könnte ich sowieso nicht. Ich habe kein Vollkasko.«
»Okay. Also, du musst es irgendwo machen lassen, wo keine Fragen gestellt werden. Ich könnte versuchen, was aufzutun, wenn du möchtest?«
»Robbie, das ist nicht in Ordnung!«
»Du willst also ins Gefängnis kommen, ja?«
»Natürlich nicht. Aber vielleicht ist es ja das, was wir verdient haben.« Dan hielt sich einen Moment die Hand vor den Mund, als ob er die Worte noch aufzuhalten suchte. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Meinst du wirklich, wir sollten einfach gar nichts tun?«
Robbie lächelte milde. »In gewisser Hinsicht haben wir das Schwerste schon hinter uns.«
»Aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, ihn dort liegen zu lassen. Wenn wir es vielleicht anonym melden …«
»Machst du Witze? Mit der Technik von heute können die so ein Handy in null Komma nichts orten. Und alle Gespräche werden aufgezeichnet. Wenn sie es dann im Fernsehen bringen, wird früher oder später jemand dich wiedererkennen. Dann sitzt du schneller hinter Gittern, als du gucken kannst.«
»Dann gestehen wir es also. Wir sagen die Wahrheit.«
»Dass es ein Unfall war? Das
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