CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
dass Martin tot ist.«
Cate sah, wie es ihn traf – als ob er sich in Erwartung eines Schlags in die Magengrube angespannt hätte, um dann eine Faust ins Gesicht zu bekommen. Sie fühlte sich an das lähmende Entsetzen erinnert, mit dem sie selbst reagiert hatte, als Janine sie mit der Nachricht überfallen hatte.
Kaum zu glauben, dass sie noch am Freitagabend von ihrem Exmann bedroht, beschimpft und beinahe verprügelt worden war. Nach diesem Streit hatte sie sich nur noch gewünscht, er würde für immer aus ihrem Leben verschwinden – aber doch niemals auf diese Weise.
Wie grundlos und grausam wirkte jetzt ihre Eifersucht auf Janine, auf das Kind, das Martins Freundin erwartete; ein Kind, das nun seinen Vater nie kennenlernen würde. Das relativierte Cates eigene erbärmliche Sorgen und Nöte doch gewaltig.
Sobald Dan eingetreten war, schloss sie die Haustür und musste all ihre Willenskraft zusammennehmen, um ins Wohnzimmer zu gehen. Nein – die Küche. Sie musste ihm etwas zu trinken anbieten, als ob dies ein normaler Besuch wäre, ein normaler Tag.
Aber auch mit Dan stimmte irgendetwas nicht. Es war nicht nur ihre Enthüllung, die ihn so aus der Fassung gebracht hatte.
»Ich nehme an, du hast es noch nicht gewusst?«, fragte sie.
»Mein Gott, nein! Wie ist er …?«
»Die Einzelheiten kenne ich nicht. Er wurde gestern Nachmittag erstochen. In den North Laines.«
Dan atmete tief ein. »Das habe ich in den Nachrichten gesehen. Ich hätte im Traum nicht gedacht …«
»Nein, an so was denkt man doch nicht.« Cate zuckte mit den Achseln und schlang die Arme um den Leib. »Es ist immer die Tragödie von jemand anderem, nicht wahr?«
Bei diesen Worten schien Dan zu erschaudern. Sie nahm das zum Anlass zu fragen: »Was ist denn mit dir passiert?«
Verlegen antwortete er: »Hayley und ich haben uns getrennt.«
»Oh, tut mir leid, das zu hören. Ich dachte, ihr hättet schon Heiratspläne und wolltet zusammen ein Café kaufen?«
»Es hat sich herausgestellt, dass sie sich nie wirklich für meine Café-Idee interessiert hat. Ich weiß nicht.« Er grinste, versuchte es herunterzuspielen. »Wir können wohl froh sein, dass wir jetzt den Schlussstrich gezogen haben, wo wir beide noch jung sind. Keine Hypotheken, keine Kinder …«
Es war eine so ungeschickte Bemerkung, dass Dan am liebsten mit dem Kopf gegen die Wand geknallt wäre. Er wusste von Robbie, dass bei Cates Trennung von Martin die Kinderfrage eine wesentliche Rolle gespielt hatte. Cate hatte welche gewollt, Martin nicht.
Jetzt malte sich abgrundtiefe Verzweiflung in ihren Zügen. Dicke Tränen traten ihr in die Augen und rollten über ihre Wangen. Sie schüttelte den Kopf, als ob sie sich entschuldigen wollte.
»S-seine Freundin, Janine … sie ist schwanger.«
Es gab nichts, was er dazu hätte sagen können, und er konnte ihr auch keinen anderen Trost bieten, als sie in die Arme zu schließen. Sie sank an seine Brust, und es war, als ob ihre Körper füreinander geschaffen wären. Die Verlegenheit, die er so oft in ihrer Gegenwart empfunden hatte, verflog augenblicklich. Er klammerte sich ebenso sehr an sie wie sie sich an ihn; so fest schmiegten sie sich aneinander, dass es fast wehtat, als ob sie einander den Trost mit Gewalt entreißen wollten.
Lange verharrten sie so, doch Dan versuchte die Sekunden nicht zu zählen. Er wollte diesen besonderen Moment nicht vergeuden, indem er sich auf seine Vergänglichkeit konzentrierte, oder ihn durch seine Befangenheit ruinieren.
Bevor das passieren konnte, küsste er sie. Seine Hand strich über ihr Haar, legte sich sanft auf ihren Hinterkopf, während er die Lippen auf ihre Stirn presste. Sie reagierte, indem sie spielerisch seine Schulter tätschelte, und so küsste er sie wieder, auf die Stirn, auf die Schläfe, auf die Wange, und jeder Kuss dauerte ein klein wenig länger als der davor. Seine Bewegungen waren langsam und bedächtig; es schien wichtig, dass er sie nicht erschreckte.
Der gleiche Instinkt ließ ihn seine Umarmung lockern, ein Signal an sie, dass sie sich von ihm lösen könnte, wenn es ihr nicht recht wäre, wenn er die Situation falsch eingeschätzt hätte. Doch Cates Reaktion war, ihn näher an sich zu ziehen; sie drehte ihr Gesicht, lenkte seinen Mund zu ihrem, zu dem Kuss, der wichtiger war als all die anderen.
Dan glaubte, dass er noch nie einen Kuss erlebt hatte, der so fordernd und zugleich so hingebungsvoll, so gierig und zugleich so selbstvergessen war wie dieser.
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