CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
bleibeschwerten Fähnchen, die für Hank O’Brien und Jerry Conlon standen und für den Fahrer des unbekannten Wagens, der all ihre Träume über den Haufen gefahren hatte.
Die schlechten Nachrichten trudelten bröckchenweise ein, beginnend mit Jerrys erstem Anruf um sieben Uhr morgens. Seinen Instruktionen folgend war er schon zu O’Briens Haus gefahren, hatte aber sein Unterfangen aufgeben müssen, als er ein Polizeifahrzeug in der Einfahrt entdeckte.
Dann das nervenzerreißende Warten auf neue Informationen – und Warten war etwas, womit Patricia sich noch nie hatte anfreunden können. Der nächste Zwischenbericht traf erst um neun ein, nachdem Jerry auf die Idee gekommen war, im nahen Dorf nachzuforschen. Er hatte an der Straße nordwestlich von O’Briens Haus emsige Aktivitäten bemerkt: Polizei, Spurensicherung – und ein Fahrzeug, das wie ein Leichenwagen aussah.
Kurz darauf folgte der nächste Bericht. Im Dorf redeten die Leute von einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Ein Bauer hatte gegen halb sechs in der Frühe die Leiche entdeckt.
»Wahrscheinlich ist es gestern Abend passiert.« Jerry klang jetzt angemessen betreten, jedoch mit einem seltsam erregten Unterton. Jerry liebte dramatische Geschichten, besonders, wenn er selbst ganz dicht am Geschehen dran war.
»Wir brauchen Gewissheit über die Identität des Opfers«, sagte Patricia zu ihm. »Finden Sie heraus, ob es Hank ist.«
»Alle sagen immer ›er‹, also bin ich ziemlich sicher, dass es ein Mann ist.«
Das ergiebigste Gespräch fand statt, nachdem er im Dorfpub vorbeigeschaut hatte. Die Polizei hatte schon mit der Bedienung gesprochen, die bestätigte, dass Hank am Abend zuvor im Lokal gewesen war. Patricia schaltete mit ernster Miene das Telefon auf Lautsprecher, und Gordon hörte Jerry gerade noch sagen: »Wir müssen uns vorläufig ganz auf ihre Aussage verlassen, das dürfen wir nicht vergessen.«
»Ist sie denn glaubwürdig, diese Bedienung?«, fragte Patricia.
»Scheint so. Ich habe mitbekommen, wie sie eine Gruppe von Stammgästen um sich versammelt hat. Nach allem, was sie denen erzählt hat, hört es sich schon nach Hank an. Und es passt doch dazu, dass er so plötzlich von der Bildfläche verschwunden ist, oder nicht?«
Gordon beugte sich zum Lautsprecher herab. »War Hank allein im Pub?«
»Keine Ahnung. Sie wurde weggerufen, ehe ich eine Chance bekam, mit ihr zu reden.«
»Versuchen Sie es noch einmal«, sagte Patricia. »Wir müssen wissen, ob jemand bei ihm war. Jedes Detail, das Sie herausfinden, kann wichtig sein.«
»Aber Sie glauben nicht, dass es einen Zusammenhang gibt mit …?«
»Das können wir im Moment noch nicht wissen«, antwortete Patricia.
»Wir sollten uns gut überlegen, was wir am Telefon besprechen«, warf Gordon ein.
»Hm? Oh. Klar, hab schon verstanden.«
»Mein Vorschlag wäre«, sagte Patricia, »dass Sie uns einen Besuch abstatten, sobald Sie alle Informationen beisammenhaben. Und fahren Sie noch mal zum Haus. Wenn Sie gefahrlos reingehen können, bringen Sie doch gleich seinen Laptop mit.«
Nach dem Telefonat schenkte Gordon Patricia und sich selbst frischen Kaffee ein. Während er nach der Zuckerdose griff, erhaschte er einen Blick auf sein Spiegelbild in der Glastür eines Schranks und musste innehalten. Die meiste Zeit kämpfte er erfolgreich gegen seine angeborene Eitelkeit an, aber immer wieder kam es vor, dass er ihr nachgab. Was war denn schon dabei?
Mit seinen zweiundfünfzig Jahren war er immer noch schlank, eine jugendliche Erscheinung mit vollem grauem Haar, das er alle drei Wochen in einem Salon in Richmond schneiden ließ. Er war nicht sehr groß – um die eins siebzig –, hatte aber immer noch eine erstaunlich muskulöse Figur, dank seiner regelmäßigen Besuche im Fitnessstudio, die in den letzten Jahren zu einer regelrechten Sucht geworden waren.
Und er sah gut aus, wie er fand – wenngleich auf eine etwas altmodische Art. Der treue Sergeant an der Seite des unkonventionellen Ermittlers in einer Fernsehserie der Achtziger. Er hatte hellgrüne Augen und einen sinnlichen Mund. Die Altersfalten auf seiner Stirn waren eine eher willkommene Veränderung – sie ließen ihn ernst, weise und pragmatisch wirken. Er war ein Mann , kein kleiner Junge. Ein Mann, der jeder Situation gewachsen war, der jede Herausforderung annahm.
Von diesem Gedanken beseelt, stellte er die Tassen auf den Tresen und wandte sich mit strenger und zugleich einfühlsamer Stimme an seine Frau:
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