Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
als gehörte es jetzt einer anderen Welt an. Die Kampfgeräusche wurden bis zum glasig-grauen Wasser des Flusses getragen, doch unter den Männern an Bord war kaum Erregung zu spüren. Einen Moment lang setzte Cato sich auf und lauschte angestrengt. Dann gewahrte er Erschöpfung und Schmerz in den Gesichtern der Männer um ihn herum, die zu müde waren, um noch auf den verzweifelten Kampf zu achten. Da merkte Cato, dass diese Schlacht ihn nichts mehr anging. Er hatte seine Pflicht getan, er hatte das Feuer des Kampfes in seinen Adern gespürt und den Jubel über den Sieg mit den anderen geteilt. Jetzt aber brauchte er vor allem Ruhe.
Die anderen Männer ließen erschöpft die Köpfe sinken, während die Leute vom Brückenbau das Fahrzeug durchs Wasser ruderten, doch Cato konzentrierte sich auf seine Umgebung, um sich von seinen Schmerzen abzulenken. Das kleine Boot fuhr dicht an einem der Kriegsschiffe vorbei, und als Cato aufschaute, sah er einen unbehelmten Marineinfanteristen über die Schiffsreling lehnen, einen kleinen Weinschlauch in der Hand. Gesicht und Arme des Mannes waren schwarz vom Ruß der feurigen Geschosse, die die Schiffe am Vortag auf die Briten hatten niederregnen lassen. Beim Klang der Riemen, die plätschernd in die glatte Oberfläche des Flusses eintauchten, hob er den Kopf und führte in lässigem Gruß einen Finger zur Stirn.
Cato nickte zurück. »Ist wohl heiß hergegangen?«
»Du sagst es, Optio.«
Cato richtete den Blick auf den Weinschlauch und leckte sich beim Gedanken an seinen Inhalt ganz spontan die Lippen. Der Marinesoldat lachte. »Hier! Du scheinst das hier nötiger zu haben als ich, Optio.«
Ungeschickt vor Erschöpfung fing Cato den Weinschlauch mit unsicheren Händen auf. Der Inhalt schwappte heftig. »Danke!«
»Typisch verdammter Marineinfanterist«, grollte einer der Ruderer. »Die mit ihren Wurfmaschinen haben doch nichts anderes zu tun, als den ganzen Tag lang zu saufen. «
»Während unsereiner verdammt noch mal die ganze Arbeit macht«, beschwerte sich sein Kamerad am anderen Riemen.
»Das ist euer Problem, Leute!«, rief der Marineinfanterist. »Und pass auf, was du mit deinen Riemen machst, sonst stößt du noch gegen die Ankerkette!«
»Verpiss dich«, erwiderte einer der Ruderer verdrossen, legte sich aber kräftiger ins Zeug, um das Boot vom Vordersteven des Kriegsschiffs wegzusteuern.
Der Marineinfanterist lachte und hob die Hand zu einem spöttischen Salut. Cato zog den Stöpsel des Weinschlauchs heraus und trank tüchtig. Fast hätte er sich verschluckt, als ein plötzliches Krachen und Zischen die Stille durchbrach. Ein Katapult an Deck des Schiffs hatte gerade einen Behälter mit Feuersteinsplittern gegen eine kleine Streitwagentruppe geschleudert, die sich flussabwärts der Befestigungen befand. Neugierig, ob das Geschoss wohl treffen würde, schaute Cato zu, wie der Behälter in die ungefähre Richtung der in der Ferne verschwimmenden Feinde im Bogen durch die Luft flog. Dort mussten wohl alle Augen auf den Kampf um die Befestigungen gerichtet sein, denn es war keinerlei Reaktion auf den schwarzen Fleck zu bemerken, der da auf sie niederschoss. Der Behälter verschwand zwischen den unbestimmten Gestalten von Menschen, Pferden und Gefährten. Gleich darauf wurde ein dumpfes Krachen übers Wasser getragen, gefolgt von bestürzten Schreien und Schmerzgeheul. Cato konnte sich die zerstörerische Wucht des Aufpralls sehr gut vorstellen und ahnte, welche Wunden die in alle Richtungen davonspritzenden Feuersteinsplitter schlugen. Gleich darauf waren die Briten verschwunden, und wo zuvor die Kriegswagen gestanden hatten, lagen jetzt nur noch die Toten und Verwundeten.
Als der Rumpf des Kriegsschiffs im milchigen Licht hinter ihnen zurückblieb, lehnte Cato sich gegen die harte Bootswand und schloss trotz seiner schrecklichen Schmerzen die Augen. Nun zählte nur noch eins für ihn: Ruhe. Infolge der Wirkung des Weins fiel der junge Optio in einen tiefen Schlaf. So tief, dass er kaum etwas murmelte, als man ihm vom Boot hob und auf einen der Ambulanzkarren der Zweiten Legion legte, der ihn in einer ruckeligen Fahrt zum Lager brachte. Er rührte sich nur einmal kurz, als der Legionswundarzt ihn entkleiden ließ und die Wunden betastete, um ihre Schwere einzuschätzen. Er ordnete ein nochmaliges Auftragen von Salbe an, und dann wurde Cato nach einem Eintrag in die Liste der marschierfähigen Verwundeten zur Zeltreihe der Sechsten Zenturie zurückgetragen und
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