Cato 08 - Centurio
nahm und zu den beiden Römern aufschloss.
»Hier sind wir also wieder, meine Freunde«, sagte er fröhlich. »Diesmal haben wir den Spieß umgedreht, und
mein Bruder ist auf der Flucht. Ha, wenn wir ihn einholen, bete ich zu Baal, dass er durch meinen Pfeil oder durch mein Schwert stirbt.«
Macro schüttelte den Kopf. »In deiner Familie aufzuwachsen muss richtig nett gewesen sein.«
»Familie?« Balthus dachte einen Moment lang nach. »Ein königlicher Palast ist nicht wie ein Zuhause, Centurio. Und die Menschen, die dort leben, sind nicht wie eine Familie. Von Kindheit an weiß man, dass die eigenen Brüder Rivalen sind. Gefährliche Rivalen. Sobald der König einen Nachfolger gewählt hat, sind dessen Brüder bestenfalls noch störend und im schlimmsten Fall skrupellose Konkurrenten. So war es schon immer. Wusstest du, dass mein Vater der älteste von fünf Brüdern war? Wie viele von den anderen, meinst du wohl, sind noch am Leben?
Macro zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen?«
»Einer.«
»Einer?«, fragte Cato nachdenklich. »Und wo ist der jetzt?«
»Habt ihr das nicht bemerkt?« Balthus wirkte amüsiert. »Es ist Thermon. Der jüngste Bruder meines Vaters. Und der ist nur deshalb noch am Leben, weil mein Vater befohlen hat, ihn zu kastrieren, damit er keine Rivalen für meine Brüder und mich zeugen konnte«
Macro runzelte die Stirn. »Bei den Göttern, das ist wirklich ein beschissenes kleines Königreich.«
»Glaubst du?« Balthus hob die Augenbrauen. »Ist es denn in Rom so anders? Was ist mit eurem letzten Kaiser geschehen? Gaius Caligula? Wurde der nicht von seinen
eigenen Leibwachen niedergemetzelt? Ich bin kein unwissender Provinzler, Centurio. Ich habe genug Bücher gelesen. Viel Geschichte. Vor allem eure. Ihr habt wirklich eine ungewöhnlich gewalttätige Vergangenheit.«
»Was meinst du damit?«
»Wie viele von euren Leuten haben sich denn bis aufs Blut bekämpft, bevor euer Caesar Augustus an die Macht kam? Eure Generäle und großen Staatsmänner sind übereinander hergefallen wie Wölfe in einer Grube. Sie haben riesige Armeen gegen ihre Rivalen aufgestellt. Es ist ein Wunder, dass überhaupt genug von euch übrig geblieben sind, um euer Reich zu regieren.«
Macro blieb unvermittelt stehen und kehrte sich dem Prinzen zu. »Bist du nur deshalb zu uns geritten, um über mich und das Imperium herzuziehen?«
»Nein, natürlich nicht.« Balthus lächelte. »Ich wollte euch nicht kränken. Ich wollte euch eigentlich nur sagen, dass es gut ist, die Gelegenheit zu haben, wieder an eurer Seite zu kämpfen. Nachdem die Stimmung in der Zitadelle zuletzt so schlecht war.«
»Dafür hat es einen Grund gegeben. Ich habe es nicht gerne, wenn man mich des Mordes beschuldigt.«
»Ich auch nicht.«
»Aber wer profitiert denn von Amethus’ Tod? Das ist doch die Frage.«
Cato warf einen Blick auf seinen Freund. »Du hast Cicero gelesen?«
»Mir war langweilig. Was hätte ich schon tun sollen, da du jeden freien Moment mit diesem aristokratischen Fräulein verbracht hast.«
»Sie heißt Julia«, erklärte Cato knapp.
»Das hatte ich mir schon gedacht. Jedenfalls, Prinz, würde ich sagen, dass du durch den Tod deines Bruders deutlich mehr zu gewinnen hattest als Rom. Das ist doch logisch.«
»Logisch? Bei dir klingt das wie eine Anklage.«
»Wenn du es so auffassen willst.«
»Noch einmal: Ich habe meinen Bruder nicht ermordet.«
»Das sagst du.«
Die Spannung zwischen den beiden Männern ging Cato auf die Nerven, und er blickte sich nach dem Gefolge des Prinzen um, das inzwischen nur noch aus gut vierzig Mann bestand. »Wo ist denn dein Sklave, dieser Carpex?«
Balthus machte ein finsteres Gesicht. »Ich weiß es nicht. Er ist heute Morgen verschwunden, als ich mich um die Pferde für meine Männer gekümmert habe.«
»Er ist verschwunden? Was ist denn geschehen?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn zum Palast meines Vaters geschickt, um mir einen Bogen und Pfeile aus meinen Gemächern zu bringen. Er ist nicht zurückgekehrt. Ich musste den Bogen eines meiner Männer nehmen, und dann sind wir aufgebrochen. Soviel ich weiß, ist er immer noch in Palmyra. Ich habe keine Ahnung, wohin er verschwunden ist. Eigenartig.«
»Ja«, sagte Cato nachdenklich. Carpex war während der Belagerung nicht von der Seite seines Herrn gewichen.
»Falls er beschlossen hat wegzulaufen, wird er dafür teuer bezahlen, wenn er gefunden wird.«
»Aber warum sollte er weglaufen?«, fragte
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