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Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)

Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition)

Titel: Catpower: Das ultimative Körperbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benita Cantieni
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am vorderen Oberschenkel sind gespannt. Er landet auf dem Vorfuß, stößt ab. Hinten sind die Beine schmächtig und die Gesäßmuskeln richtig schlaff.
    Mitteljunge Frau. Wirft die Beine weit vor sich her. Der Oberkörper hat ein bisschen Rücklage. Sie macht Riesenschritte, atmet laut und angestrengt, der Kopf ist hochrot, die Arme rudern vor dem Körper nach links und nach rechts.
    Und so weiter. Was machen wir da alle, ich und die Menschen, die ich möglichst diskret und dennoch nachgerade brutal analysierte?
    Ich sammelte Eindrücke und Informationen, Erfahrungen und Beobachtungen, und das Leben meinte es wieder einmal gut mit mir, es lud mich auf eine Afrikareise ein, beziehungsweise die Ex-Schwiegereltern (ja, die Eltern des Sportlichen) waren es, die mich auf eine absolute Traumreise durch den afrikanischen Kontinent einluden. (Stimmt, die beste Ex-Schwiegerfamilie der Welt, und ich die beste Ex-Schwiegertochter.)

Laufen mit der Schwerkraft
     
    Im Ngorongoro-Krater in Tansania erlebte ich Männer des Massai-Volks beim Stammestanz. Die Frauen trugen große, kragenartige Gebilde und Ketten aus Glasperlen. Beim Wippen erzeugten die vielen Ketten ein kleines rhythmisches Geräusch. Die Männer standen in einer Reihe und wippten ebenfalls leicht mit den Oberkörpern. Dann sprangen sie aus dem Stand hoch. So hoch wie möglich. Einer nach dem anderen. Mir schwanden fast die Sinne, zum Teil waren die Sprünge 60, 70 Zentimeter hoch. Aus dem Stand! Ohne Anlauf! Was ging da vor? Was machten diese Männer?
    Ich ging ins Bett, bat mein »Nachtgehirn« um die Lösung. Ich erwachte, Sie ahnen es, um 03.10 Uhr und wusste die Lösung: Die Massai-Männer glaubten nicht an die Schwerkraft, ließen sich nicht von ihr niederdrücken. Sie sprangen einfach hoch, hoben ihre langgliedrigen und aufgespannten Körper einfach in die Luft. Wir meinen, wir müssen die Bewegung herstellen, statt sie einfach nur zuzulassen.
    Ich stand auf und probierte es in der langen Hotelhalle aus. Erst ging ich nach alter Manier. Hart und laut stampfte die Ferse im nachtstillen Haus auf. Dann probierte ich die andere Variante. Und siehe da, es ging ganz leicht: Ich konzentrierte mich nicht auf den Fuß, der am Boden landet, sondern auf den anderen, der am Boden ist, und ich stellte mir vor, dass er sich vom Boden wegbewegt. Die Bewegung setzte sich »automatisch« im Becken fort, die linke Seite übernahm die Bewegung aus dem Fuß, die Bewegung verlief über den Levator Ani zum Steißbein, lief die Wirbelsäule hoch, bewegte die Brustwirbel, die rechte Schulter kam vor, der rechte Arm schwang. Schritt, rechts den Fuß vom Boden weg, das rechte Becken bewegte sich so, dass mein rechtes Bein sich von selber hob, wieder verlief die Kettenreaktion nach oben, diesmal nach links.
    Morgendämmerung, Trainingsschuhe anziehen. Raus in die Natur, ausprobieren, ob das, was ich im Haus in Zeitlupe ausprobiert hatte, auch mit Tempo funktionierte. Ich lief los. Auf der staubigen Zufahrtsstraße zum Hotel. Ein Hotelangestellter erklärte mir eindringlich, dass ich nicht vom Weg abkommen durfte, weil ich sonst unter die Löwen und Hyänen geraten könnte. Ich lief die kurze löwensichere Strecke immer wieder ab, über eine Stunde lang. Weit weg am Horizont, am anderen Rand des Kraters, stand ein Elefantenbulle mit einem Jungen unter einer Akazie im rotwarmen Morgenlicht. Ein Bild aus dem Paradies, zum Weinen schön. Und mir tat nichts weh. Im Gegenteil, die Gelenke fühlten sich an wie frisch geölt. Aufspannen. Den Körper über den Fersen halten. Oberarmkugeln nach außen unten setzen. Arme seitlich anwinkeln. Muskeln der Oberarme ausdrehen und ausgedreht halten, damit das Brustbein aufgerichtet bleibt. Vom Boden weg, vom Boden weg, vom Boden weg.
    Der steile Kraterrand. Bergauf. Funktionierte. Ich musste nur den gesamten, aufgespannten Körper über den Fersen halten, damit die Füße ohne die Last meines Gewichts ihre Aufgabe erfüllen konnten. Kinn im rechten Winkel zum Hals. Wow. Bergab. Die Feuerprobe. Bergab ging ich mit meinen Arthrosegelenken praktisch auf allen vieren. Oder rückwärts. Also. Den Körper vollkommen aufgespannt über den Fersen halten, in einer geraden Achse. Kopf hoch. Kinn im rechten Winkel zum Hals. Nicht gegen den Berg lehnen, nicht mit dem Gefälle anlegen, einfach nur aufrichten, ausrichten, aufspannen, Füße vom Boden weg, die Beckenhälften vertikal rotieren, die Brustwirbelsäule schwingen lassen. Es lief. Ich lief. In einer

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