Cedars Hollow (German Edition)
ich bis jetzt g e glaubt hatte, ich hätte ihn mir nur eingebildet.
„Wer ist denn der Junge dort?“, flüsterte ich Joanne zu. Die and e ren bekamen von meiner Frage nichts mit; Megan zog Chris gerade mit seiner Vorliebe für Mathe auf.
„Ich weiß nicht, er muss neu hier sein“, antwortete Joanne und blickte nun ebenfalls in seine Richtung. „Komisch, dass er mitten im Schuljahr herkommt.“
Ich nickte. Sie hatte Recht. Was mich aber momentan mehr b e schäftigte war die Frage, wer er war und was er nachts bei uns im Garten zu suchen gehabt hatte.
Joanne wandte den Blick hastig wieder ab. „Irgendwie kommt er mir bekannt vor.“
„Weißt du, woher?“
Sie schüttelte den Kopf. „Seltsam. Ich bin mir ganz sicher, dass ich ihn schon mal gesehen habe, aber es kommt mir so vor, als hätte ich das nur geträumt.“
„Aha“, entgegnete ich irritiert. Joanne wirkte mit einem Mal i r gendwie abwesend. Mit ihren Fingerspitzen rieb sie sich den Hals.
Als die Schulglocke das Ende der Mittagspause ankündigte, stand der Rothaarige auf und verließ leichtfüßig die Cafeteria. Ich blickte ihm möglichst unauffällig hinterher, und dabei fiel mir auf, dass er keine Schultasche oder etwas anderes bei sich trug, das ihn als Schüler hätte ausweisen können. Erst, als er außer Sichtweite war, machten auch wir anderen uns auf den Weg nach draußen.
Während der folgenden Schulstunden ging mir der neue Schüler nicht mehr aus dem Kopf. In all der Aufregung vergaß ich für eine Weile den Zeitungsartikel und alles, was damit zu tun hatte. Stattde s sen versuchte ich eine vernünftige Erklärung für das nächtliche E r scheinen des fremden Jungen in unserem Garten zu finden, aber mir fiel keine ein.
Nach der Schule verabschiedete ich mich von Joanne und den a n deren und machte mich auf den Heimweg, als mich jemand rief. Ich drehte mich widerwillig um und blickte direkt in hel l blaue, wässrige Augen.
Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Mit Mühe unte r drückte ich den Impuls, einfach zurückzuweichen. Der Rothaarige war ziemlich groß, und unter seinem weißen Hemd zeichnete sich ein muskulöser Oberkörper ab. Ich erinnerte mich an das, was tags zuvor Adam getan hatte.
„Keine Panik“, sagte der Junge und grinste fröhlich. Mit e i nem Mal wirkte er weit weniger einschüchternd.
„Was gibt’s?“, fragte ich und bemühte mich, meine Stimme natü r lich klingen zu lassen.
„Du bist Hazel, stimmt’s?“
„Ähm, ja.“ Woher kannte er meinen Namen?
„Ich bin Damon, ein Freund von Corvus“, erklärte er l ä chelnd.
„Und was machst du hier?“ Ich war zu perplex, um höflich zu sein.
Damon lachte. „Nach dir sehen.“
Hatte er mir deshalb neulich Nacht im Garten aufgelauert? „Hat Corvus dich geschickt?“, fragte ich unsicher.
Damon nickte und wuschelte sich mit der Hand durchs Haar. Mir fiel jetzt wieder ein, dass Corvus schon einmal von ihm gesprochen hatte. Damon war einer der Vampire. Seine Haut war so bleich wie die von Dave oder Corvus, seine Augenringe ebenso dunkel. Mein Blick fiel auf Damons Hände und seine durchscheinenden Fingern ä gel.
„Und?“, fragte Damon. „Hab ich den Test bestanden?“ Er grinste wieder.
Ich wurde natürlich rot, typisch für mich. Womöglich dachte er jetzt, dass ich jedem gegenüber so misstrauisch war.
„Tut mir leid“, murmelte ich kleinlaut.
„Kein Problem, ich versteh das. Nach allem, was du in der letzten Zeit durchmachen musstest …“ Er vollendete den Satz nicht.
„Wie geht’s Corvus?“ Ich musste einfach fragen.
„Wie immer“, erwiderte Damon, und ich fragte mich unmi t telbar, ob das nun gut oder schlecht bedeuten sollte.
„Sag mal …“ Ich hielt inne und überlegte, ob es eine gute Idee war, ihn darauf anzusprechen, doch dann platzte ich wie üblich mit der Wahrheit heraus und fragte nach seinem Auftauchen in unserem Garten.
Meine Worte schienen Damon in Verlegenheit zu bringen. „Ich wollte dich nicht erschrecken, echt nicht. Nur nachsehen, ob bei euch alles in Ordnung ist.“
„War das Corvus’ Idee?“ Ich bemühte mich, den leicht verä r gerten Unterton aus meiner Stimme zu verbannen.
„Ja“, gab Damon betreten zu und scharrte mit einem Fuß ü ber den Asphalt des Schulhofs.
„Na ja.“ Ich tat so, als kratzte mich die ganze Sache kein bis s chen. „Du hast mich ganz schön erschreckt, ehrlich gesagt.“ Ich lächelte ihm zu.
Damon grinste entschuldigend zurück. Er wirkte ganz anders als
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