Cedars Hollow (German Edition)
dass ich glau b te, es mir nur eingebildet zu haben.
„Ja, das ist mein voller Ernst“, meinte er grinsend. Dann nahm sein Gesicht ganz plötzlich wieder einen traurigen Ausdruck an, wie es passiert war, als er von Menschen mit Geheimnissen gesprochen und keine Erklärung dazu abgeliefert hatte.
„Es ist noch nicht sehr lange her – nur ein paar Jahre – da war ich noch ein Mensch, der unbedingt ein großer Koch werden wollte“, sagte Damon.
Ich wartete einen Moment, unschlüssig, wie ich reagieren sollte. Dass Damon – der sorglose, immer fröhliche Damon – plötzlich so niedergeschlagen wirkte, verunsicherte mich, presste mir die Luft aus den Lungen.
„Wirklich?“, fragte ich schließlich. Es war ein erbärmlicher Ve r such, Anteilnahme zu zeigen.
Zu meiner Überraschung und Erleichterung lachte Damon. „Ja, wirklich.“ Er machte eine Pause. „Weißt du, es ist wirklich nett, wie du dir ständig um andere Sorgen machst, aber das brauchst du nicht. Ich bin fast darüber hinweg.“
Das F ast entging mir nicht – in dieser Hinsicht konnte er mir nichts vorm a chen. Aber ich schätzte seinen Versuch, mich aufz u muntern.
Schließlich machte Damon sich wieder daran, Lebensmittel und Kochutensilien zusammenzutragen. Er bewegte sich so schnell, dass ich kaum erkennen konnte, was für Dinge es waren, die er auf die A r beitsablage legte.
„Was kochen wir, wenn ich fragen darf?“
„Gemüsepasta, wenn das für dich in Ordnung ist.“
„Klar. Was kann ich tun?“
Er drehte sich zu mir um und drückte mir ein Schälmesser und ein paar Möhren in die Hände. „Du kannst damit anfangen.“
Ich nickte und machte mich an die Arbeit. Es war angenehm, sich etwas so Vertrautem und Einfachem zu widmen, etwas, das die Hä n de, aber nicht den Geist beschäftigte. Andererseits führte das fast aut o matisch dazu, dass meine Gedanken wieder auf Wege schweiften, die ich eigentlich nicht hatte betreten wollen.
„Damon?“, fragte ich in der Hoffnung, er könnte mich ein bisschen ablenken. „Darf ich dich mal was fragen?“
„Aber sicher.“ Er war gerade dabei, eine Aubergine in Würfel zu schneiden und schaute mich aus diesem Grund nicht an. „Wenn es nichts mit Joanne und mir zu tun hat.“ Ein kleines, selbstgefälliges Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
„Hat es nicht, versprochen.“ Ich räusperte mich. „Als du vorhin gesagt hast, du findest vollkommene Durchschaubarkeit bei Me n schen angenehm, woran hast du in di e sem Moment gedacht?“
Damons Blick wanderte in meine Richtung, und für einen kleinen Moment hatte ich den Eindruck, vielleicht zu weit gegangen zu sein. Aber dann schnaubte Damon belustigt, und meine Anspannung ze r streute sich.
„Dir entgeht wirklich nichts, was?“
Ich zuckte mit den Schultern und sagte kleinlaut: „Ich hätte vie l leicht besser nichts sagen sollen.“
„Nein.“ Damon lachte. „Es ist okay.“
„Ehrlich?“
„Ja, ehrlich!“
Seine lautstarke Antwort brachte mich zum Lachen.
„Um auf deine Frage zurückzukommen …“ Damon lachte wi e der. „Ich dachte an meinen Vater.“
Ich zögerte, dann siegte meine Neugier über meine Zurückhaltung. „Was ist mit ihm?“
„War“, verbesserte Damon. „Er ist tot.“
„Oh. Das tut …“
Damon unterbrach mich. „Sag nicht, dass es dir leid tut. Bitte.“ Er lächelte.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Zum ersten Mal konnte ich nac h vollziehen, was in meinen Klassenkameraden vorgehen musste, wenn sie mich sahen und nicht wussten, wie sie mit mir sprechen sollten. Alles, was man zu einer Person sagen kann, die gerade einen geliebten Menschen verloren hat, scheint zu einer einzigen Phrase zusamme n zuschrumpfen, die keinerlei Bedeutung hat: Es tut mir leid. Aber ich wus s te doch, wie schmerzhaft es war, diese Worte immer und immer wi e der hören zu müssen, ganz besonders dann, wenn sie aus dem Mund einer Person kamen, die man mochte. Von der man andere Worte oder zumindest keine ausweichenden Blicke e r wartet hätte.
„Ich hätte mich anders ausdrücken sollen“, sagte ich und versuchte mich an einem kleinen Lächeln. „Ich wollte dich wirklich nicht ve r letzen.“ Ich hielt kurz inne. „Es ist schon seltsam, da gibt es auf der Welt so viele Worte, aber sobald man sie wirklich braucht, scheint es keins zu geben, das passend ist und auch nur annähernd ausdr ü cken kann, was man fühlt.“
Damon lächelte zurück. „Ja.“ Er machte eine Pause. „Und ich schätze deinen
Weitere Kostenlose Bücher