Celinas Tochter
für heute abend zu. Ich hol Sie um sieben ab.«
»Ich kann nicht.«
»Alex, Alex«, stöhnte er theatralisch, »sehn Sieâs doch mal so. Im Laufe des Abends werde ich ein oder zwei Gläschen trinken, vielleicht mehr. Vielleicht fang ich dann an, alte Geschichten zu erzählen, werde indiskret, sage etwas Unüberlegtes. Wenn ja, sind Sie dabei und können es hören. Wer weiÃ, was für erstaunliche Geständnisse ich in meiner Trunkenheit machen werde. Betrachten Sie diesen Abend als eine lange Vernehmung. Es ist doch ein Teil Ihres Jobs, den Widerstand Ihrer Verdächtigen zu brechen, oder etwa nicht?
Sie würden Ihre Pflichten vernachlässigen, wenn Sie nicht jede Gelegenheit nutzten, die Wahrheit aufzustöbern. Wie können Sie nur so selbstsüchtig im Luxus des Westerner Motels schwelgen, während Ihr Verdächtiger sternhagelvoll alles
im Horse-and-Gun-Club ausplaudert? Sie sollten sich schämen. Sie schulden das den Steuerzahlern, die Ihre Ermittlungen finanzieren. Tun Sieâs für Ihr Land, Alex.«
Sie seufzte. »Wenn ich mich geschlagen gebe, werden Sie dann aufhören, Ansprachen zu halten?«
»Um sieben Uhr!«
Sie hörte den Triumph in seiner Stimme.
Kaum hatte sie das Clubhaus betreten, war sie froh über ihren EntschluÃ. Musik spielte, und Menschen lachten. Sie erhaschte Gesprächsfetzen und bei keinem war der Mord an Celina Gaither das Thema. Das allein schon empfand sie als willkommene Abwechslung. Sie freute sich auf ein paar Stunden der Ablenkung, die sie sich wirklich verdient hatte.
Trotzdem blieb sie auf dem Teppich. Sie glaubte keine Sekunde lang, daà Junior sich im Rausch verplappern würde. Dieser Abend könnte jedoch etwas anderes bringen. Der Horse-and-Gun-Club war so exklusiv, daà hier sicher nur die Oberschicht von Purcell Mitglied war. Reede hatte ihr gesagt, daà die Leute, die den Brief unterschrieben hatten, hiesige Geschäftsleute wären. Möglicherweise würde sie einige von ihnen kennenlernen und einen Eindruck des AusmaÃes ihrer Feindseligkeit bekommen.
Und, was noch wichtiger war, sie hatte Gelegenheit, sich unter die Stadtbewohner zu mischen, Menschen, die die Mintons und Reede gut kannten; so könnte sie etwas mehr über ihren Charakter erfahren.
Junior hatte sie mit seinem roten Jaguar abgeholt und hatte beim Fahren nur wenig Respekt vor der Geschwindigkeitsbegrenzung gezeigt. Seine festliche Laune war ansteckend â unabhängig davon, ob sie hier offiziell auftrat oder privat, es war einfach ein gutes Gefühl, neben dem attraktivsten Mann im Raum zu stehen, dessen Hand behutsam, aber besitzergreifend auf ihrem Rücken lag.
»Die Bar ist hier entlang«, flüsterte er ihr ins Ohr, damit sie ihn trotz der Musik verstehen konnte. Sie schlängelten sich durch die Menge.
Der Club war nicht im üblichen Glitzer-Glimmer-Look eingerichtet und wies keinerlei Ãhnlichkeit mit den ultramodernen Neonnachtclubs auf, die in den Städten wie Pilze aus dem Boden schossen und um die Yuppies buhlten, die dort in ihren BMWs vorfuhren und ihre Designerklamotten zur Schau stellten.
Der Purcell-Horse-and-Gun-Club war pures Texas. Der Barkeeper sah aus, als hätte ihn ein Hollywood-Studio ausgesucht. Er besaà einen dicken, schwarzen Schnurrbart, trug eine schwarze Fliege und Weste sowie rote Ãrmelhalter. Ãber der geschnitzten Bar aus dem neunzehnten Jahrhundert dräute ein Longhorngeweih, das von einem zum andern polierten Kronende einen Meter achtzig maÃ.
An den Wänden hingen Bilder von Rennpferden und Zuchtbullen mit Hoden groà wie Punching Balls und Landschaften voller Palmlilien oder Kakteen. Auf fast jedem Bild fand sich die obligate Windmühle, einsam, schroff vor einem sonnengestreiften Horizont. Alex war Texanerin genug, um es liebenswert und gemütlich zu finden, allerdings auch welterfahren genug, um zu sehen, wie unbeholfen das Ganze war.
»WeiÃwein«, sagte sie zum Barkeeper, der sie unverblümt von oben bis unten musterte.
»Du hast vielleicht ein Glück, du Luder«, murmelte er Junior mit einem lüsternen Grinsen zu, als er die Drinks servierte.
Junior prostete ihm mit seinem Scotch mit Wasser zu. »Das kannste wohl sagen, was?« Er stützte den Ellbogen auf die Bar und wandte sich Alex zu, die sich auf einen Barhocker gesetzt hatte. »Die Musik ist ein biÃchen zu Country-and-Western für
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