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Champagner und Stilettos

Champagner und Stilettos

Titel: Champagner und Stilettos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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wieder zu und ließ ein zufriedenes Seufzen hören. Brooke vergrub kurz ihr Gesicht in seinem Nackenfell und schlich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer, wo Julian sicherlich immer noch saß. Doch dann sah sie einen schmalen Lichtspalt unter der Tür der Gästetoilette und hörte unverkennbare Würgelaute. Der arme Kerl, völlig am Ende , dachte sie, einerseits voller Mitleid für Julian und andererseits erleichtert, dass nicht sie zu dieser nachtschlafenden Zeit ein Interview geben musste. Wenn es so wäre, würde jetzt unter Garantie sie in ebendieser Toilette hocken, sich die Seele aus dem Leib kotzen und irgendeine Himmelsmacht um beherztes Eingreifen anflehen.
    Wasser rauschte, die Tür ging auf und gab den Blick auf ein käseweißes, schweißgebadetes Etwas frei, das gewisse Ähnlichkeiten mit ihrem Mann hatte. Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. In seiner Miene hielten sich Übelkeit und leichte Amüsiertheit die Waage.
    »Geht es wieder, Schatz? Soll ich dir was zu trinken bringen? Einen Schluck Ginger Ale vielleicht?«
    Julian ließ sich auf einen der zwei Stühle in ihrem winzigen Koch/Essbereich sacken und fuhr sich durchs Haar, das seit Neuestem voller wirkte, wie Brooke jetzt auffiel, weniger ausgedünnt am Oberkopf als letztes Jahr. Vermutlich das Verdienst der Hairstylisten und Visagisten, die wussten, wo sie schnipseln mussten, um so etwas zu verdecken oder zu tarnen. Wie immer sie das anstellten, es funktionierte. Ohne die Ablenkung durch die kleine kahle Stelle fiel der Blick des Betrachters sofort auf Julians unglaublichen Grübchen.
    »Mir geht’s beschissen«, verkündete er. »Ich glaub, ich steh das nicht durch.«
    Brooke kniete sich neben ihn, küsste ihn auf die Wange und nahm seine Hände in die ihren. »Du kriegst das super hin, Baby. Denk doch nur daran, wie wichtig es für dich und dein Album ist.«
    Einen Moment lang dachte sie, er würde anfangen zu weinen. Zum Glück fischte er stattdessen eine Banane aus der Obstschüssel, schälte sie ab und aß sie bedächtig, Bissen um Bissen.
    »Und ich denke mal, der Interviewteil wird ein Klacks. Jeder weiß doch, dass du wegen des Auftritts da bist. Du singst ›For the Lost‹, die Leute flippen aus, du vergisst, dass da überhaupt irgendwo Kameras sind, und dann kommen sie zu dir auf die Bühne und fragen dich, wie man sich so fühlt als frischgebackener Star oder irgendwas in der Art. Du sagst brav, was du für wunder-wunderbare Fans hast, und zack schalten sie um zu Al mit dem Wetterbericht. Das wird ein Kinderspiel, ich schwör’s dir!«
    »Meinst du?«
    Sein flehentlicher Blick – wie lange war es her, dass sie ihn zuletzt so hatte beruhigen müssen, und wie sehr ihr das fehlte. Ihr Mann, der Rockstar, war doch auch immer noch ihr Mann, das Nervenbündel.
    »Das meine ich nicht, das weiß ich! Komm, jetzt ab mit dir unter die Dusche, ich mache dir derweil ein bisschen Toast mit Ei. In einer halben Stunde kommt der Wagen, und wir dürfen auf keinen Fall zu spät dran sein. Okay?«
    Julian nickte, stand wortlos auf und wuschelte ihr durchs Haar, dann ging er ins Bad. Er war vor jedem Auftritt nervös, egal ob es ein Routine-Gig in einer Studentenbar war, eine spontane Einlage im kleinen Kreis oder ein Riesenstadion im Mittleren Westen, aber so wie heute hatte Brooke ihn noch nie erlebt.
    Sie sprang unter die Dusche, sobald er draußen war. Sollte sie noch ein paar aufmunternde Worte sagen? Nein, vielleicht besser jetzt mal schweigen. Als sie fertig geduscht hatte, war Julian schon mit Walter unterwegs, und sie schmiss sich schleunigst in das einfachste Outfit, das hundertpro bequem und trotzdem nicht scheußlich war: eine Baumwolltunika über schwarzen Leggings und dazu Stiefeletten mit flachem Absatz. Sie hatte lange gebraucht, um sich mit Leggings anzufreunden, aber sobald sie schwach geworden war und sich das erste himmlisch dehnbare Paar gekauft hatte, gab es kein Zurück mehr. Nach all den Jahren, in denen sie sich in hautenge Hüftjeans und unverstellbare Etuiröcke und Hosen gezwängt hatte, die sich um die Taille herum immer wie ein Schraubstock anfühlten, empfand sie Leggings als Gottes Abbitte an die Frauen dieser Welt. Zum ersten Mal gab es etwas Modisches und zugleich für ihre Figur ungemein Vorteilhaftes, unter dem sich ihre alles andere als phänomenale Leibesmitte und Kehrseite verstecken ließen und das ihre halbwegs wohlgeformten Beine betonte. Jeden Tag, an dem sie ein Exemplar dieses Kleidungsstücks trug,

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