Chandler vom Smaragd-Atoll
bringen“, sagte Helen. „Die Ergebnisse passen nicht zusammen. Sie können auch nicht zusammen passen, denn ich erinnere mich, dass alle unterschiedlich lange in den Geburtsmuscheln bleiben. Manchmal kommen Babys heraus, meistens aber sind die Schlüpflinge älter, zum Beispiel Fünfjährige.“
„Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern“ sagte Sascha. „Aber wie sagte Paul doch immer, wenn wir dieses Thema hatten: Zeit ist relativ. Zehn oder 20 Jahre in den Korallenstädten könnten auf der Erde nur 2 Jahre oder 5 Jahre bedeuten. Außerdem war Paul der Meinung, dass wir nicht auf der Erde sind, sondern auf einem anderen Planeten. Und wie wollt ihr von diesem Planeten zurück auf die Erde?“
„Vielleicht mit einem Raumschiff“, sinnierte Archibald. „Mit Hyperlichtgeschwindigkeit, Wrap oder so. So heißt das bei Star Treck. Und der Gleiter von Michael ist Hightech. Also, ich halte es für wahrscheinlich, dass die Allthaner Überlichtgeschwindigkeit beherrschen und darum auch für möglich, dass wir zur Erde zurück können. Und falls die Allthaner sogar Zeitreisen beherrschen, dann könnten wir in genau die richtige Zeit gelangen.“
„Sind wir deshalb hier“, überlegte Aki. „Damit wir in unsere Zeit zurückkönnen. Und falls nicht, warum sind wir hier? Wodurch sind wir hierher gekommen. Ich erinnere mich an nichts. Wir sind doch alle hervorragende Schwimmer. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass uns ein Unterwassersturm hierher gefegt hat.“
„Vielleicht ein Tsunami“, schlug Archibald vor.
„Ein Tsunami wäre möglich“, stimmte Aki zu. Dann entsetzt: „Hoffentlich wurden die Kristallstädte nicht zerstört.“
„So ein Tsunami kann bis 100 km weit weg im Meer sein Epizentrum haben und immer noch eine verheerende Wirkung auf die Küste ausüben.“
„Halt, halt“, unterbrach Helen. Fast jedes dritte Mal bei starker Flut kommen hier einige neue Träumlinge an, ohne dass es einen Tsunami gegeben hat. Außerdem habe ich bestimmte Erinnerungen daran, wie ich hierher gekommen bin…“ Sie machte eine Pause.
„Du bist einfach hierher geschwommen“, schlug Archibald vor.
„Natürlich ist sie nicht geflogen“ stimmte Aki ihm zu und kicherte.
„Ich erinnere mich, dass ich vorher eine Sitzung zur Vergangenheitsbewältigung hatte. Mein Therapeut sagte mir, ich hätte noch zu viele Schuldgefühle, von denen ich mich langsam befreien müsste. Er riet mir zur Meditation an meinem Lieblinsplatz. Ich hatte viele Lieblingsplätze. Aber ich entschied mich, auf eine der Sonnenterrassen auf den Korallenplateaus zu gehen, die Sonne zu genießen und ihr beim Untertauchen zuzusehen. Natürlich war ich dort nicht alleine. Viele waren dort schon, wie immer, um der Sonne beim Farbenspiel zuzusehen. Ich begann zu meditieren. Etwas ging schief. Vermutlich war ich ganz alleine dort, als alle anderen schon in ihre Wohngruppen zurückgegangen waren. Und ich war vermutlich in Trance, so dass mich die Wellen, als das Wasser anstieg und über die Korallen schwappte hierher getrieben haben.“
Genau so war es gewesen. Ihr Hiersein hatte keine tiefere Bedeutung, sondern war ihr Fehler, weil sie schlaftrunken draußen geblieben war. Gut, dass ihre Erinnerung zurückgekommen war.
Aki schüttelte ihre langen glatten schwarzseidigen Haare.
„Nichts passiert ohne Bedeutung. Ich glaube, dass Paul eine höhere Stufe der Erleuchtung erreicht hat. Und dass wir sie auch erreichen können.“
Sie stimmte mir ihrer hellen, glockenklaren Stimme die erste Strophe des Korallenliedes an:
Wasserwelten wunderschön,
funkeln auf so angenehm,
und von unendlicher Ferne
kommen leuchtend helle Sterne,
Bringen Wärme voller Helligkeit
als wäre es für die Ewigkeit .
Archibald und Sascha begannen mitzusingen:
Was schwebt da in den flachen Stellen?
Sonnenstrahlen tanzen auf den Wellen.
Ein Schwimmer dreht sich auf den Rücken
Und nimmt die Strahlung auf mit Blicken.
Dann geht’s hinab in tiefe Weiten,
das Wasser strömt von allen Seiten,
Seeanemonen leuchtend hell und rot,
hier ist das Leben ohne Not.
Fischschwärme schwirren auf im Tanz,
auf ihren Schuppen leuchtet heller Glanz .
Nun stimmten die anderen ein und alle zusammen sangen sie weitere Strophen des Korallenliedes:
Und immer tiefer, weiter wird das Korallenriff,
hier trifft sich all was unvergänglich ist.
Wellen streicheln Federn gleich
Über alle Muskeln weich.
Sie schwimmen an des Riffes Seiten.
Tiefer in des Meeres
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