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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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Aiden aufgab und aus dem Leben Ausstieg. Dies würde sein Erfolg sein.
    Einen Schrei des Entsetzens ausstoßend trieb mich etwas zum Handeln – och ich selbst konnte nicht eingreifen. Es würde Luzifer sofort klarmachen, was los war. Doch in meinem ungebremsten Willen, etwas zu tun, reagierte jemand anderes – ein Geschöpf, das tatsächlich noch über eine Verbindung zu mir verfügen musste, unabsichtlich, zufällig. Mich dadurch verurteilend. Dennoch war ich froh darüber, dass es geschah.
     
    Mein endloses Entsetzen kristallisierte sich immer stärker in eine andere Richtung – in die, den Worten des Mannes Folge zu leisten und dem hier ein Ende zu bereiten. Aus meinem Leben auszusteigen. Ich würde nie wieder leiden müssen – das Grauen, wenn Mike mich verlassen würde, nie miterleben müssen – dieser Gedanke lockte mich. Er lockte mich immer stärker, während ich durch einen tränenverschleierten Blick das schmutzige Pflaster anstarrte und immer noch wie gebannt der Stimme lauschte, die mir erklärte, welche wahrgewordenen Nachtmahre hier auf Erden auf mich zukommen würden. Ich spürte, wie mein Körper seine Grenzen stieß, an der er keine weitere Panik mehr wahrnehmen konnte – ich war übersättigt und konnte nicht mehr zuhören, ohne völlig den Verstand zu verlieren. Schon sah ich mich selbst mit dem Kopf gegen den Boden schlagen, immer und immer wieder, bis dies mein Ende besiegeln würde. Doch dann wurde ich, durch eine zweite Stimme, aus meiner Fixierung auf die des düsteren Mannes geholt.
    Wenn es möglich war, so klang diese andere männliche Stimme noch kälter, noch abweisender, noch aggressiver. Wie dies möglich sein konnte, wusste ich nicht – doch etwas Vertrautes konnte ich aus dieser Stimme ebenfalls vernehmen. Etwas, das eine längst verdrängte Erinnerung in mir wachrief – dann noch eine – und noch eine. Mit letzter Kraft hob ich den Kopf, starrte den dazugekommenen Jungen an, der mit dem Rücken zu mir stand. Seine Silhouette, seine Gestalt, seine Art dazustehen, all das war mir so bekannt – und gab mir einen erneuten Stich in mein blutendes Herz. Mike.
    Er war es, der seine Stimme erhoben hatte, in unglaublicher Lautstärke und Kraft seine gesamte Feindseligkeit an den anderen Mann loswurde. Ich verstand nicht, was er sagte – sich auf seine schnell aus seinem Mund quellenden Worte zu konzentrieren, überstieg meine übriggebliebene Aufmerksamkeit. Doch was ich sah, war, wie Mike seine Hand hinter seinem Rücken hervorzog, einen Schlagring, der grau glänzte, an den Fingern und damit ohne zu Zögern das Gesicht des Mannes schlug – mit überraschendem Ergebnis.
    Mike besaß noch nicht lange einen Schlagring. Erst seit er auf offener Straße von Evan und seiner Gang angepöbelt worden war. Mike hatte versucht, sich nur mit den Händen zu wehren und war bei diesem zweiten Mal unterlegen gewesen. Er hatte fliehen müssen wie ein Feigling, wie er mir danach erzählt hatte. Seitdem besaß er jenen Schlagring und wusste ihn auch zu gebrauchen. Niemand hielt einem solchen verstärkten Schlag stand ohne eine Reaktion von sich zu geben. Niemand – außer dem mysteriösen Mann hier.
    Der Braunhaarige wich nicht zurück, er steckte den Schlag ein ohne sich zu Wehren. Auch den nächsten Hieb konterte er nicht, sondern ließ ihn geschehen. Der Blick des Mannes war auf seinen Mike gerichtet, doch dann wechselte dieser seine Position, versperrte mir somit mein Blickfeld und zielte von der anderen Seite auf den Solarplexus des Braunhaarigen. Das diffuse Licht der Straßenlampen fing sich in den dunkelblauen Haaren, wie ein tanzender Schatten flackerte das Blau.
    Unglaublicher Weise zuckte der Angegriffene nicht einmal zusammen, als er den Schlag kassierte, der jeden anderen sofort außer Gefecht gesetzt hätte. Ich sah, wie Mike inne hielt, zwei Schritte zurücktrat und dann, den unheimlichen Mann nicht aus den Augen lassend, sich zu mir kniete, vorsichtig meine Hände vom Boden löste und hochzog. Völlig unfähig, etwas zu tun, ließ ich das mit mir geschehen, die Augen noch immer panisch auf den anderen, namenlosen Mann gerichtet. Es war keine Angst, die ich empfand – es war Entsetzen. Soeben hatte ich einen letzten Beweis dafür erhalten, dass seine Worte wahr sein mussten. Er konnte kein realer Mensch sein – ein realer Mensch hätte Schmerzen empfunden. Ein realer Mensch wäre geflohen oder hätte sich gewehrt. Ein realer Mensch hätte zumindest eine Reaktion gezeigt –

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