Chanur-Zyklus 5 - Chanurs Legat
trug, obwohl, bei den Göttern, Hallan keine Ahnung hatte, wie oder was. Er stand in schicklicher Ehrerbietung auf und zog den Kopf ein.
»Falls
die Götter uns gnädig sind, wird hier im letzten Augenblick ein Hani-Schiff durchkommen, das auf geradem Weg in den Hani-Raum ist und dich uns abnehmen kann. Falls die Götter uns weniger geneigt sind, reist du mit uns nach Kita. Und falls…« – die Kapitänin streckte die erste Klaue aus –, »falls du noch irgend etwas anstellst, falls du diesen Aufenthaltsraum ohne ausdrückliche Erlaubnis verläßt, falls du noch einmal unseren Passagier erschreckst, falls du
meinst,
es bestehe eine götterverdammte Notwendigkeit, daß du dich an einen anderen Ort begibst, falls du einer meiner Crewfrauen Augen machst oder in jemandes Kabine landest, wirst du dich für die Dauer dieser Reise im Aufenthaltsraum
angekettet
wiederfinden, und die Reise kann ein ganzes Jahr dauern! Ist dieser Befehl zu dir durchgekommen?«
»Ja, Käpt’n.«
»Glaubst du, daß ich Witze mache?«
Er sah der Kapitänin ins Gesicht. Es war ein sehr hübsches Gesicht, und es war ein sehr ernstes und gefährliches Gesicht.
»Nein, Käpt’n.«
»Möchtest
du ein Jahr in Ketten verbringen?«
»Nein, Käpt’n. Aber wenn ich in irgendeiner Weise helfen könnte…«
»Du wirst nicht helfen!« Sie stach mit dem Zeigefinger in seine Richtung, und er wich zurück. »Du wirst mir deine Hilfe nicht anbieten, du wirst meiner Crew deine Hilfe nicht anbieten, du wirst unserem Passagier deine Hilfe nicht anbieten. Du hast nie etwas gesehen, du kannst dich nicht erinnern, daß du etwas in der Kabine des Stsho gesehen hast, und wenn du dich doch erinnerst, daß du etwas gesehen hast, wirst du es auf der Stelle wieder vergessen. Kannst du dem folgen?«
»Ja, Käpt’n.«
»Wenn wir Glück haben, kommt doch noch jemand hier durch, und ich kann dich nach Hause schicken.«
Er hoffte, es kam niemand durch. Er hoffte es aus ganzem Herzen. Er wußte, daß die Kapitänin wütend war und daß sie dazu sehr triftige Gründe hatte.
»Mehr als alles andere«, sagte er, »wünschte ich mir zu helfen. Ich möchte nicht nach Anuurn zurück. Ich möchte niemals mehr nach Anuurn zurück.«
»Ohne deine Hilfe«, erwiderte die Kapitänin, »kommen wir besser zurecht.
Hör auf damit, uns deine Hilfe anzubieten,
hörst du?«
»Ja, Käpt’n.«
Damit ging sie hinaus. Und schloß die Tür. Hallan setzte sich wieder. Es war kein ungemütlicher Ort. Aber er war schon recht verzweifelt. Sie hatte gesagt, vielleicht werde ein anderes Schiff kommen. Er hoffte sehr, daß keins kam. Er hoffte, eine neue Chance zu erhalten.
Er grübelte und grübelte, wie er sich bei dem Unfall anders hätte verhalten können und bei der Begegnung mit dem Stsho und wie er immer noch etwas wiedergutmachen könne, wenn man ihm nur Gelegenheit dazu gäbe, wie er der Kapitänin beweisen könne, daß er qualifiziert war – wenn sie ihn doch nur mit der Fracht arbeiten ließen! Ganz bestimmt würde er nie mehr einen Tankwagen anfahren. Aber das glaubten sie ihm nicht. Er würde nie mehr in Korridoren umherlaufen, in denen er nichts zu suchen hatte. Aber Chihin hatte ihm befohlen, den Eimer wegzubringen. Deshalb hatte er gedacht, es sei nichts dabei…
Vielleicht hatte Chihin ihn hereingelegt. Aber das wollte er nicht denken. Sie hatte sich fair gezeigt, als er sie erschreckt hatte. Sie hatte bissige Bemerkungen gemacht, aber das taten alle. Er wollte nicht denken, Chihin habe ihn mit Absicht in diese Situation gebracht. Und für den Tankwagen war sie ganz gewiß nicht verantwortlich gewesen. Daran war er ganz allein schuld.
Bald darauf brachte Tiar ihm das Abendessen, ein Stew. Tiar fragte ihn, ob die Kapitänin ihm die Situation erklärt habe, und er antwortete, ja, das habe sie.
Tiar sagte, nimm die Kapitänin nicht zu ernst, und die Kapitänin brülle immer herum, wenn sie aufgeregt sei, aber sie handele gerecht, sobald sie sich wieder beruhigt habe.
»Es tut mir leid, daß ich dem Stsho Angst eingejagt habe«, sagte er, und Tiar meinte, es sei nicht schwer, einem Stsho Angst einzujagen, das größere Problem sei, ihn zufriedenzustellen, und das müßten sie. Tiar sagte auch noch, er habe sich gut gehalten, er dürfe nur niemals ein Risiko eingehen, auch wenn er den Eindruck habe, Leute schrieen ihn an – er solle sich nicht dazu provozieren lassen, erst zu handeln und dann zu denken.
Mit anderen Worten, dachte er, er sollte sich beruhigen. Das
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