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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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ebenso robotische Natur wie die Pferde hatte. (Beiläufig überlegte Quaddel, wie viele Tiere – um Menschen brauchte man sich anscheinend keine Gedanken zu machen, an ihnen herrschte anscheinend wieder einmal kein Mangel – bis in die Gegenwart, wann das auch sein mochte, überlebt haben könnten.) Umringt von Soldaten mit Piken brachte man dort, zumindest augenscheinlich, Maria Stuart, Königin der Schotten. Jedenfalls trug sie ein mit Stickereien verziertes Samtkleid und ein mit Perlen geschmücktes Krönchen. Ihre Anhänger – oder sonstwer – versuchten unter der Menschenmasse Aufruhr anzustiften; aus der Weise, wie Gus sich parodistisch die Haare raufte, schlußfolgerte Quaddel, daß manche der Statisten sich allzu übertrieben in ihre Rolle hineinsteigerten. Gleich jedoch stachen die Soldaten mit ihren Piken auf die Störenfriede ein, und die Kameramänner schwenkten auf den Schauplatz des Krawalls ein, um Nahaufnahmen des Erstechens und Zerfleischens in den Kasten zu kriegen. Quaddel entsann sich Harrys bitterer Bemerkung, daß solche Szenen die Aliens in ihrer Einstufung der Menschheit als rückständige, barbarische Spezies bestätigten. Wieviel Aliens waren denn wohl unter dem Publikum und zeichneten die Ereignisse und Erlebnisse ihrer Reise für die Daheimgebliebenen auf? Quaddel wußte es nicht; die Aliens mußten entweder getarnt oder unsichtbar sein.
    Anschließend folgte eine für die Menschheit noch weniger schmeichelhafte Episode.
    Ein riesiger Kerl trieb Maria Stuart mit einem Ochsenziemer zum Schafott: Schwupp-klatsch, schwupp-klatsch. Jedesmal wenn der Ochsenziemer ihren Rücken traf, fiel ihr ein Kleidungsstück vom Leib, so daß sie schon halb nackt war, während sie die Stufen hinaufstolperte, aber auf alle Fälle noch Schuhe und Krönchen hatte. Sie war ziemlich hübsch, hatte pralle Brüste, ansehnliche Beine, wenn auch keine allzu erregend breiten Hüften, doch Quaddel konnte sich schlichtweg nicht vorstellen, daß irgend jemand lieber diese Frau anschaute, solange sich das Mädchen, das eine Hofdame spielte, in Sichtweite aufhielt. Zu gerne hätte er sich nun ins Geschiebe der Zuschauer gemischt, um das phantastisch reizvolle Gesicht, das ihm jetzt abgewandt war, wieder bewundern zu können.
    Der Scharfrichter grinste lasziv, schleckte sich mit der Zunge über die Wulstlippen und fuhr abermals mit dem Daumen über die Schneide der Axt.
    Ein Mann in knöchellanger Kutte, in der Hand ein Buch und um den Hals ein Holzkreuz, folgte Maria Stuart auf das Blutgerüst und flehte den Henker um Gnade an. Ein Hieb mit dem Axtstiel lohnte ihm die Mühe, er stürzte, die Arme emporgerissen, hinab ins Gewühl. Der Ochsenziemer entledigte Maria Stuart weiterer Bekleidung; jetzt war sie nackt bis zur Taille.
    Und sie drehte sich langsam, damit jeder in Ruhe genüßlich ihren Körper angaffen konnte. Was mochten die Aliens davon halten? Hatten sie Reiseführer dabei, Handbücher, die ihnen die menschliche Psychologie darlegten? Oder Aufnahmen gesprochener Kommentare, oder intravenöse Computer? Oder was?
    Falls ja, mußten sie wahrhaftig erster Güte sein, dachte sich Quaddel, um nachvollziehbar zu erläutern, was nun geschah. Denn Maria Stuart bot nämlich einen trotzig gestampften Tanz dar, trippelte energisch auf den Brettern, die den Tod bedeuteten, hin und her, gab durch abfällige Gebärden zu verstehen, daß ihr der Kerl mit dem Ochsenziemer schnuppe war: Sollte er sie doch vollends entkleiden!
    Das tat er dann auch und stellte sich danach an einer Ecke des Gerüsts auf, während das Mädchen die Aufmerksamkeit auf den Henker verlagerte. Es huschte zu ihm und verpaßte ihm einen Nasenstüber, reizte ihn, so daß er schnaubend die Axt hob, und tänzelte davon, während er ungeschlacht hinterdreintappte.
    Mittlerweile hatten die Pikenträger das Schafott umringt, auf dem der letzte Akt des dramatischen Lebens Maria Stuarts aufgeführt werden sollte. Nach und nach sperrten die Waffen ihre Fluchtwege, engten ihren Bewegungsspielraum immer mehr ein, bis er sich auf ein paar Quadratmeter beschränkte.
    Und in der Mitte stand der Hackklotz.
    Zu seiner beträchtlichen Verwunderung merkte Quaddel, daß er >Maria Stuart< tatsächlich ein ganzes Weilchen lang angeschielt hatte (allerdings wäre es wenig sinnvoll gewesen, die Hofdame anzustarren, sie drehte nämlich dem Fenster, durch das er spähte, noch immer den Rücken zu). Wie vulgär der Auftritt auch war, hinter der quasiballetesken Darbietung konnte

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