Chaosprinz Band 2
anderen nicht?«
»Nicht alle.« Er schweigt kurz und denkt nach. »Aber von manchen bin ich schon ein bisschen enttäuscht«, murmelt er. »Jan zum Beispiel…«
Ich versteife mich etwas. Eisige Kälte schießt durch meine Glieder. »Jan?«, frage ich und versuche, dabei möglichst unschuldig zu klingen.
»Ja, er kam vorhin zu mir und hat mir blöde Fragen gestellt. Er wollte wohl wissen, was an den ganzen Gerüchten über uns dran ist. Das hätte ich von ihm niemals erwartet. Ich dachte, er sei einer von denen, die sich nicht viel aus dem Gelaber machen würden. Aber scheinbar interessiert er sich genauso sehr für den ganzen Tratsch wie alle anderen auch…« Er schnaubt wütend und schüttelt leicht den Kopf.
Nervös sehe ich ihn an. »Was wollte er wissen?« Mein Herz rast.
»Ach nichts….«, meint er ausweichend. Er will es mir nicht sagen…
»Ich dachte« – mein Hals fühlt sich trocken an – »dir ist Ehrlichkeit so wahnsinnig wichtig.«
»Ist sie auch – in Bezug auf unsere Beziehung.« Er wirkt selbstsicher.
»Und dieses Gespräch hatte nichts mit unserer Beziehung zu tun?« Wie hypnotisiert starre ich auf den kalten, schwarzen Asphalt.
»Nein, bei dieser Unterhaltung ging es im Grunde um Jans Verhalten und seine Loyalität mir gegenüber.«
»Davon bist du überzeugt?«
»Ja.« Er sieht mich ein bisschen verwirrt an.
Leicht zitternd bleibe ich stehen. Alex schaut mich verwirrt an. Jetzt, ich muss es ihm sagen… ich werde es ihm sagen… Gott, habe ich Angst!
»Alex, du liegst falsch mit deiner Vermutung«, krächze ich. »Jan interessiert sich nicht für unsere Beziehung, weil er neugierig ist oder gerne tratscht. Er…« Wie sage ich das jetzt? Ich will Missverständnisse vermeiden. »Ich hatte Durst…« Meine Stimme wird immer leiser. Ich räuspere mich. »Jan und ich waren im Getränkekeller von Toms Vater.«
Alex' Blick wird kühler, forschender – Ahnung steigt in ihm auf.
»Er hat mir ganz plötzlich gesagt, dass er mich mag«, stoße ich schnell hervor. »Er meinte, er würde mich süß finden und die Beziehung mit Melli sei schon längst nicht mehr das, was sie mal war.«
Alex reagiert nicht. Er starrt mich an und wartet.
»Ich war vollkommen überfordert mit der ganzen Situation und dann… dann hat er gesagt, du hättest behauptet, ich sei Single… Ich war irgendwie total verletzt und…« Verzweifelt sehe ich ihn an. »Er hat mich geküsst und bevor ich reagieren konnte, stand plötzlich Tom in der Tür. Er hat den Kuss gesehen und mich total zur Sau gemacht, aber ich – «
»Du hast mit Jan geknutscht?« Seine Stimme ist eiskalt.
»Was? Nein!« Hektisch schüttle ich den Kopf.
»Weil ich nicht jede freie Minute mit dir verbracht habe, hast du dich gleich vernachlässigt gefühlt und –« Das silberne Mondlicht unterstreicht das wütende Glitzern der grauen Augen.
»Was heißt hier vernachlässigt?«, unterbreche ich ihn schnell. »Du bist mir den ganzen Abend aus dem Weg gegangen.«
»Ich brauche immer noch Zeit für mich, das solltest du eigentlich wissen.«
»Ja? Ist das so?«, frage ich bissig. »Und jetzt? Jetzt brauchst du keine Zeit mehr für dich? Jetzt darf ich mich wieder in deiner Nähe aufhalten? Du entscheidest also immer, wann wir zusammen sind und wann nicht?«
Ich bin laut geworden. Meine Brust schmerzt. »Und dann erzählst du auch noch herum, dass ich solo bin. Welche Erklärung hast du dafür? Wofür schämst du dich? Für mich oder für die Tatsache, dass ich ein Junge bin?«
Heiße Tränen rinnen mir die Wangen herunter. Mein Brustkorb ächzt unter den harten Schlägen des Herzens und krampft sich zusammen, so sehr wächst in mir die Übelkeit.
»Nein«, sagt Alex mit tiefer Stimme. »Ich lasse nicht zu, dass du alles auf mich abwälzt. Was ist mit deiner Ungeduld? Du bist wahnsinnig ich-bezogen.«
»Ich?«, kreische ich aufgebracht. »Wer legt die Regeln in unserer Beziehung fest? Wer bestimmt, wann und wo wir uns sehen? Wer fordert ständig und gibt nie zurück? Ich laufe dir hinterher wie der allerletzte Volltrottel und bekomme zum Dank auch noch eine in die Fresse. Meine Freunde halten mich schon langsam für peinlich und erbärmlich…«
Er rauft sich gereizt die Haare, legt dann stöhnend den Kopf in den Nacken und streift sich mit der flachen Hand übers Gesicht.
»Du bist gar nicht in der Lage, dich in andere Menschen hineinzuversetzen, du weißt nicht, wie andere fühlen. Du erwartest, dass alle so reagieren, wie du es
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