Chaosprinz Band 2
zieht mich noch etwas enger an seine Brust.
Ich liege in seinem Arm, schmiege mich an den warmen Körper und höre auf den regelmäßigen Herzschlag, der unter meiner Handfläche pocht.
Wir haben es uns auf Noresund gemütlich gemacht. Ich habe ihm eben von dem Versöhnungs-Fiasko erzählt.
»Fängst du schon wieder damit an«, murre ich grimmig. »Pa geht es schlecht und ich dachte, ein Gespräch mit seinem Vater würde das Chaos in seinem Leben etwas entwirren und…«
»So war es in deinem Fall«, sagt Alex. »Manche Wunden kann man eben nicht heilen – und schon gar nicht, indem man sie wieder aufreißt.«
»Gott, bist du heute wieder allwissend und philosophisch«, gifte ich. Ich bin unfair und ich weiß es, aber seine Ich-hab-es-dir-doch-gesagt -Masche geht mir gehörig auf die Eier.
»Lass uns das Thema wechseln«, murmelt Alex.
»Was ist eigentlich damit?«, frage ich und deute auf den goldenen Umschlag, den Alex mir vorhin in die Hand gedrückt hat. Er beinhaltet eine Einladung. Pa und ich werden herzlichst gebeten, an dem Fest zu Ehren des Ehepaars Pohlmann teilzunehmen.
»Was meinst du?« Alex streichelt mir träge durchs Haar.
»Die Einladung zur Goldenen Hochzeit… Ist das nicht irgendwie schräg? Ich meine, warum haben sie Pa und mich eingeladen?« Ich kann das beim besten Willen nicht nachvollziehen. Sie hassen mich und auf Pa werden sie im Moment auch nicht sonderlich gut zu sprechen sein. Er hat immerhin ihre Tochter betrogen.
Alex schnaubt leise. »Wenn ihr nicht anwesend seid, dann reden die Leute. Sie werden nach Skandalen forschen und peinliche Fragen stellen, darum machen wir alle einen auf Happy Family .«
»Täusche ich mich oder klang da gerade ein Hauch von Zynismus in deiner Stimme mit?«, frage ich unschuldig.
»Zynismus? Ich? Niemals«, knurrt er finster.
»Ich muss dort also aufkreuzen und darf mich nicht betrinken«, schlussfolgere ich grinsend.
»Richtig.«
»Kann ich ein rosafarbenes Kleid tragen und mich schminken?«
»Nein, meine Großeltern sind der Auffassung, dass sich nur die Leute ohne Schwanz schminken dürfen.«
»Mist.« Ich grinse. »Aber eigentlich ist es mir egal, dass dieses Fest ein dämliches Aufeinandertreffen von Heuchlerei und Falschheit ist. Solange du da bist, ist alles gut!«
Zufrieden schließe ich die Augen.
»Ich werde aber nicht immer da sein, Bambi«, murmelt Alex auf einmal.
»Hm?« Ich bin so schläfrig.
»Die Leute, die neulich in der Galerie meines Vaters waren – weißt du noch?«
»Ich erinnere mich dunkel«, sage ich und kuschle mich an ihn. Er streichelt wieder mein Haar.
»Das waren keine Kunden.«
»Nein? Sind die von der Mafia?«
»Bambi!« Alex seufzt und drückt mich etwas zur Seite. Überrascht und verwirrt heb ich den Kopf. Wir schauen uns an. Er sieht ernst aus. »Das waren Freunde von meinem Vater. Er hat doch in New York eine kleine Galerie geleitet und der Besitzer ist gestorben und hat ihm die Galerie vererbt. Er spielt mit dem Gedanken, für eine gewisse Zeit zurück in die Staaten zu gehen, und seine Freunde werden die neue Galerie hier in München für ihn verwalten und leiten.«
Ich sage nichts. Ich weiß schon, was jetzt kommt. Ich weiß es…
»Mom, Maria, die Zwillinge und ich… Wir gehen vielleicht mit ihm. Wir werden vielleicht nach New York ziehen.«
63. Kapitel
Eine ausgewachsene Depression
»Was?« Ich richte mich auf.
Alex schließt seufzend die Augen. »Bambi…«
»Du haust also ab?« Ich rutsche noch ein Stück nach hinten.
»Nein, so würde ich das nicht sagen«, meint Alex ruhig und streckt seine Hand nach mir aus. »Komm bitte wieder her.«
»Nein!« Ruckartig weiche ich vor ihm zurück. Ich stehe auf, ich will nicht mehr mit ihm auf diesem Bett liegen.
»Ich erkläre es dir«, schlägt er versöhnlich vor.
»Was willst du mir erklären?«, fauche ich. »Warum du mich verlassen willst? Nach dem ganzen Stress? Nach dem ewigen Hin und Her?« Meine Stimme zittert, wird dünn und hoch. Ich muss abbrechen, verstumme mitten im Satz.
»Bambi…« Alex sieht mich eindringlich an. »Ich habe nicht vor, dich zu verlassen. Ich will auch in Zukunft mit dir zusammen sein. Ich liebe dich.«
Seine grauen Augen bohren sich so fest, so gezielt und direkt in meine. Offenheit und Ehrlichkeit flackern im wilden Sturmhimmel und lassen nicht einmal den Hauch eines Zweifels an der Aufrichtigkeit seiner Worte zu.
»Bambi, in den letzten Monaten ist so viel passiert. Irgendwie ist alles durcheinander
Weitere Kostenlose Bücher