Chaosprinz Band 2
uns, eine Hand auf einem Lichtschalter und sieht uns belustigt an.
»Na, ihr seid mir ja zwei Angsthasen«, meint er grinsend. »Was rennt ihr denn hier im Dunkeln rum? Warum macht ihr kein Licht?«
Marc presst sich schwer atmend beide Hände auf den Brustkorb und verdreht die Augen.
»Das war gemein«, jammere ich und sehe Manu vorwurfsvoll an.
»Tut mir leid, Kleiner, aber die Situation war einfach zu verführerisch.« Manu strubbelt mir durchs Haar.
»Was machst du überhaupt hier?«, will Marc finster wissen und geht uns voran die Treppe nach oben. »Solltest du nicht mit den anderen auf dem Heimweg sein?«
»Ich habe mich im letzten Augenblick umentschieden«, erklärt Manu lächelnd. »Du brauchst jemanden, der dich nach Hause bringt.«
Marc sieht das scheinbar vollkommen anders. Er murmelt leise vor sich hin und macht ein düsteres Gesicht.
Zu dritt erreichen wir also unsere Wohnungstür und ich unternehme den letzten, vergeblichen Versuch, um Marc davon zu überzeugen, dass seine Anwesenheit bei einem Gespräch mit Alex vollkommen überflüssig ist. Marc lässt sich nicht abwimmeln, er schiebt sich durch die geöffnete Tür, kaum dass ich den Schlüssel im Schloss umgedreht habe, und betritt den schmalen Flur. Manu und ich folgen ihm.
Im Wohnzimmer und in der Küche brennt noch Licht. Stimmen sind zu hören. Sie diskutieren. Alex wird doch nicht mit Pa streiten? Also, darauf kann ich jetzt wirklich verzichten.
Unsicher öffne ich die Wohnzimmertür und stecke den Kopf in den großen, hellen Raum. Pa sitzt auf dem Sofa und ihm gegenüber hockt Ma. Von Alex fehlt jede Spur.
»Krümel«, jauchzt Ma erleichtert und springt sofort auf. »Wir haben uns schon solche Sorgen gemacht.« Sie kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm.
»Ich habe dir doch gesagt, er ist bei Marc«, murmelt Pa missmutig und deutet auf die handschriftliche Notiz, die ich ihm auf den Küchentisch gelegt habe.
Marc und Manu nicken grüßend und halten sich höflicherweise im Hintergrund.
»Ma, bist du mit dem Auto…?«, frage ich leise.
»Ja, Alex hat mir seinen Wagen geliehen. Warum?« Sie mustert mich fragend.
Eine große Enttäuschung lässt meine Eingeweide schwer werden. Ich senke rasch den Blick, damit Ma die Gefühle nicht zu sehen bekommt, die sich in ihm spiegeln.
»Ich musste unbedingt vorbeikommen und mit deinem Vater reden.« Sie wendet sich wieder Pa zu.
»Was ich übrigens sehr nett von dir finde«, murmelt Pa finster. »Wenn du mich nicht informiert hättest, dann wüsste ich wahrscheinlich erst über alles Bescheid, wenn mir die Zwillinge ihre erste Karte aus den Staaten schicken.« Er streicht sich mit einer fahrigen Handbewegung durch das dichte, dunkle Haar.
Ma stemmt die Hände in die Hüften und baut sich drohend vor Pa auf.
»Ich habe dir vorhin schon gesagt, du sollst aufhören, herumzujammern, Joachim. So machst du es nur noch schlimmer.«
»Noch schlimmer?«, blafft Pa aufgebracht. »Meine Frau zieht mit ihrem Ex-Mann auf einen anderen Kontinent und nimmt meine Kinder mit.« Er ist vollkommen aufgelöst. Ich kann ihn verstehen.
»Ist sie jetzt wieder mit diesem Malermeister zusammen?«, fragt er bissig. »Wann hatte sie vor, mir das alles zu erzählen? Bin ich ihr völlig egal?«
Ma nickt und verschränkt die Arme vor der Brust. »Interessante Fragen, Joachim, sehr interessant. Nur stellst du sie bedauerlicherweise der falschen Person.«
Er verzieht verständnislos das Gesicht.
»Warum gehst du denn nicht zu Bettina und redest mit ihr?«
Pa öffnet den Mund, schließt ihn sofort wieder und senkt betroffen den Blick. »Ich wollte auf den richtigen Moment warten«, stammelt er leise.
»Den richtigen Moment?« Ma lacht hell auf. »Und wann soll der sein? Wenn du dein Leben damit verbringen willst, auf den richtigen Moment zu warten, dann tust du mir sehr leid.« Sie dreht sich zu uns um. »Ich habe Tobi immer gesagt, dass es keinen perfekten Moment gibt, um die Dinge zu klären, die einen belasten. Seelische Schmerzen verjähren nicht und eine Entschuldigung wird nicht besser, nur weil man sie bei Kerzenschein ausspricht.«
Manu und Marc nicken verlegen und ich lächle.
»Siehst du, Joachim, dein Sohn und diese beiden attraktiven, jungen Herren stimmen mir vollkommen zu.« Ma tätschelt Marcs Schulter, was diesem die Schamesröte in die Wangen steigen lässt.
»Aber«, stammelt Pa. »Ich habe doch schon längst verloren…«
»Nein, das hast du nicht«, meint Ma mit fester Stimme.
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