Chaosprinz Band 2
Augen.
»Pa, wir haben doch über alles gesprochen«, versuche ich, ihn zu beruhigen. »Wenn du Bettina gegenüber stehst, wirst du schon wissen, was du ihr sagen willst.«
»Niemals.« Er schüttelt heftig den Kopf. »Wahrscheinlich wird mein Hirn wie leergefegt sein…«
Trotzdem hält er schließlich den Wagen am Straßenrand und schaltet den Motor aus.
»Gut gemacht«, lobe ich ihn. »Bekommst später einen Keks als Belohnung.«
Pa antwortet nicht. Er sitzt stumm auf dem Fahrersitz und starrt aus der Windschutzscheibe. Er regt sich nicht.
»Lass uns reingehen.« Ich schnalle mich ab und öffne die Beifahrertür. »Pa?«
Er macht keine Anstalten, mir zu folgen.
»Ich bin noch nicht bereit…«, murmelt er leise. Seine Stimme klingt krächzend und dünn.
Ich weiß, was er meint. Ich verstehe ihn.
»Okay«, seufze ich. »Dann lass uns fahren.« Ich schließe die Autotür mit einem lauten Knall. »Ich kann dich ja schlecht zwingen.«
Vorsichtig lege ich ihm meine Hand auf die Schulter. »Aber du darfst nicht vergessen, dass du nicht mehr viel Zeit hast. Wenn du nicht bald reagierst, dann wird sie mit den Zwillingen, Alex und Maria nach Amerika gehen und dort gemeinsam mit Markus ein neues Leben beginnen. Ich will nicht, dass du es später bereust…«
Pa mustert seine Hände, die in seinem Schoß ruhen. Er atmet tief ein. Sehr tief. Dann lässt er die Luft geräuschvoll aus seinen Lungen entweichen und öffnet mit einem Ruck die Autotür. Er steigt aus.
Ich beeile mich und folge ihm. Kalte Winterluft weht uns um die Nasen. Die Schneeflocken werden durch die Luft gewirbelt und glitzern im Licht der Straßenlaternen.
»So viele Autos…«, murmelt Pa, als wir die Einfahrt entlang schleichen. »Sieht so aus, als hätten sie gerade Besuch.«
Er hat recht. Auch mir fallen nun die parkenden Wagen auf. Ich habe sie vorher gar nicht richtig wahrgenommen.
»Ich kann doch nicht mit Bettina sprechen, wenn sie das Haus voller Gäste hat«, meint Pa und bleibt mitten in der Einfahrt stehen. Fast scheint er erleichtert und erfreut zu sein über diese plötzliche und äußerst gelegen kommende Ausrede.
»Jetzt sind wir schon mal hier«, versuche ich, ihn zu überzeugen. »Wenn wir stören, werden sie uns das schon zu verstehen geben. Und immerhin hast du dann deinen guten Willen gezeigt.«
Pa schüttelt entschieden den Kopf. »Nein, der Zeitpunkt ist sehr ungünstig. Ich hätte anrufen sollen…« Er macht auf dem Absatz kehrt und will zurück zu unserem Auto gehen. Ich halte ihn am Ärmel seines Mantels fest.
»Pa, ich bitte dich, stell dich nicht so an!«
»Ich stelle mich nicht an«, faucht er. »Ich kann nur nicht…«
In diesem Moment lässt uns ein Geräusch zusammenzucken. Die Haustür wird geöffnet. Pa und ich drehen uns panisch um. Alex steht im Türrahmen, eine Zigarette im Mundwinkel und einen äußerst überraschten Ausdruck auf dem Gesicht.
»Was macht ihr denn hier?«, fragt er grob.
»Ich, also…«, stammelt Pa und wird ein bisschen rot um die Nasenspitze.
»Dir auch einen wunderschönen Abend«, begrüße ich ihn betont freundlich.
»Was macht ihr hier?«, wiederholt er seine Frage und sieht Pa mit kühlen Augen an. »Wir haben Besuch.«
»Das haben wir auch gerade bemerkt«, meint Pa hastig und deutet auf die parkenden Autos. »Wir wollen nicht stören und gehen deshalb lieber wieder…«
»Nein«, sage ich mit scharfer Stimme. »Wer weiß, wie viele Runden du beim nächsten Mal brauchst, bis du dich erneut traust und hier anhältst…« Ich drehe mich mit entschlossener Miene zu Alex um. »Wir möchten gerne reinkommen und uns ein bisschen aufwärmen. Es ist saukalt und ich friere mir fast den Arsch ab.«
Alex grinst spöttisch und zieht an seiner Zigarette. »Das wäre doch wirklich ein Jammer«, murmelt er so leise, dass Pa ihn nicht hören kann. Dann deutet er mit einer schwungvollen Armbewegung an sich vorbei und auf die geöffnete Haustür. »Ich denke, ihr findet den Eingang alleine.«
Ich grinse ihn an und schubse Pa auf die Tür zu. »Danke!«, hauche ich, als ich hinter Pa an Alex vorbeigehe.
»Hm«, brummt er. »Mal schauen, wer von uns beiden das schneller bereuen wird…«
Ich weiß nicht, was er damit meint, habe aber auch gar keine Zeit, um ihn nach der Bedeutung seiner Worte zu fragen, da mich ein kurzer, hoch erfreuter Aufschrei ablenkt. Martha steht in der Eingangshalle und strahlt uns mit feuchten Augen an.
»Joachim, Tobi, wie schön, euch zu sehen.« Sie
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