Chaosprinz Band 2
der Lage gewesen wäre, mich in diesem Punkt zu unterstützen. Eigentlich bin ich ein vollkommen hoffnungsloser Fall gewesen. Doch Manu hat es geschafft. Der Grund für seinen Erfolg ist seine endlose Geduld.
In den anderen Fächern gab es keine Probleme. Ben gab mir dreizehn Punkte – für meine engagierte Mitarbeit im Unterricht – und belegt seitdem wieder Platz eins der Liste meiner Lieblingslehrer. Alles in allem kann ich mit dem Abschluss dieses Schuljahres recht zufrieden sein. Und meine Angst vor dem Abitur hat sich auch ein bisschen verringert.
Zu Hause war man sehr stolz auf mich.
»Wenn du diese Noten im nächsten Jahr hältst und eventuell sogar noch verbesserst, dann wirst du sicher keine Probleme haben, wenn du dich an einer Uni bewirbst«, sagte Pa und las sich zufrieden mein Zeugnis durch. Er spricht in letzter Zeit immer wieder von Unis und einem Studium. Dabei weiß ich doch noch gar nicht, was ich später mal machen will.
Bettina ist da etwas verständnisvoller. »Auch wenn du jetzt noch keinen festen Plan hast, das intensive Lernen lohnt sich auf jeden Fall. Wenn deine Leistungen stimmen, stehen dir alle Türen offen. Dann kannst du frei entscheiden und deine Möglichkeiten ausschöpfen.«
Ich nickte brav. Studium und Beruf sind Themen, die mir im Moment so unwirklich und weit entfernt scheinen wie eine Polarwanderung mit Pinguinen. Eine vollkommen andere Welt. Meine Pläne und Gedanken reichen gerade mal von heute bis nächste Woche. Und warum sollte ich mich auch stressen? Ich habe Ferien!
Ruckelnd kommt die Bahn zum Stehen. Ich erkämpfe mir den Weg in die Freiheit. Langsam schlendere ich den Bahnsteig entlang. Am Hauptbahnhof herrscht immer Hochbetrieb. Hier ist jeder in Eile, hier hat keiner Zeit. Für mich besteht kein Grund zur Eile. Ich habe Zeit.
An einem der zahlreichen Kioske kaufe ich mir ein Sandwich. Ich habe heute noch nichts zu Mittag gegessen. Den gesamten Vormittag habe ich bei Marc und Ludwig im Laden verbracht.
Marc hat seinen Job in der Praxis an den Nagel gehängt. Ludwig ist nicht mehr der Jüngste. Die Buchhandlung alleine zu betreiben, fällt ihm zunehmend schwerer. Marc musste nicht lange nachdenken, bevor er seine Entscheidung traf. Er liebt seinen Vater und er liebt diesen Laden, ich denke nicht, dass er diesen Entschluss jemals bereuen wird. Seit Marc nun endgültig das Zepter in die Hand genommen hat, läuft die Buchhandlung auch ein bisschen besser.
Die gesamte Clique hat geholfen, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen. Tagelang haben wir Staub gewischt, die Wände neu gestrichen und die Regale frisch lackiert. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Auch wenn Marc wie üblich immer noch etwas fand, über das er sich aufregen konnte.
Plötzlich legt sich ein Arm um meine Schultern. Ich werde grob nach hinten gezogen und gegen einen festen Körper gepresst.
»Hey, Schatz, hast du mich schon vermisst?«
»Ach, du bist es. Warum musst du mich immer so erschrecken?«
»Weil du so süß aussiehst, wenn du zusammenzuckst und ein ängstliches Gesicht machst.« Tom küsst meine Wange. Ich schnaube und verschränke die Arme vor der Brust.
»Bist du schon lange hier?«, fragt Tom. »Bin ich zu spät?«
Er fährt sich locker mit der flachen Hand durch das Haar und grinst mich frech an.
»Nein, du bist nicht zu spät. Ich bin viel zu früh.«
»Macht nichts«, meint Tom und legt wieder seinen Arm um meine Schultern. »Zu früh kommen ist ja kein Fehler – oder doch?« Er zwinkert mir zu.
»Spinner.«
Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu den Gleisen.
»Hast du alles besorgt? Für die Party morgen, meine ich?«
Tom nickt und greift nach meinem Sandwich. Genüsslich beißt er hinein, ohne auf mein empörtes Gesicht zu achten.
»Reichlich Alkohol. Hm, schmeckt nach Pappe…« Kauend drückt er mir das Sandwich wieder in die Hand.
»Danke!«, zische ich. »Ich hoffe, wir bekommen auch etwas zu essen, sonst wird die Party ein bisschen einseitig.«
»Du kannst ja wieder deinen Nachtisch machen«, meint er grinsend. »Dann brauchen wir überhaupt keinen Alkohol mehr.«
»Da macht man einmal einen Fehler«, murre ich beleidigt. »Ich habe dir schon tausendmal gesagt, ich habe mich verlesen. Das kann doch jedem passieren, oder?«
Ich wollte eine Rumtorte machen und habe die Angaben des Rezeptes ein bisschen falsch interpretiert. Aus den Teelöffeln habe ich Esslöffel gemacht. Das Ergebnis hat alle umgehauen…
Es ist Freitagnachmittag und der
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