Charlie Chan macht weiter
Schiffen von Genua nach New York erkundigt hat.«
»Genua? Dann sind sie in Richtung Osten gefahren und jetzt bereits über die Grenze.«
Lofton nickte.
»Sie scheinen ziemlich zufrieden, Dr. Lofton«, bemerkte Duff.
»Ich bin sogar entzückt«, erwiderte Lofton. »Weshalb sollte ich das zu verbergen versuchen? In meinen fünfzehn Jahren als Reiseleiter ist mir niemals eine größere Pestbeule als dieser Fenwick begegnet. Ich bin froh, daß er weg ist.«
»Auch wenn mit ihm Ihr Alibi verschwunden ist?« Lofton lächelte.
»Weshalb sollte ich ein Alibi nötig haben?« fragte er verbindlich.
9
Lofton ließ den Inspector mit seinen Überlegungen allein. Zwei aus der Gruppe hatten sich abgesetzt. Zwar war nichts entdeckt worden, das die Fenwicks mit dem Mord in London oder dem an Honywood in Verbindung brachte, trotzdem hielt Duff jeden in der Gesellschaft für verdächtig, solange der Fall nicht gelöst war. Aber was konnte er jetzt schon machen? Er hatte keinerlei Machtbefugnisse. Nur Honywood hätte er zurückhalten können – doch der war tot.
Ein Auflauf am Lift erweckte seine Aufmerksamkeit. Im nächsten Moment steuerte der strahlende Kommissar auf ihn zu.
»Ah – Inspector, ich habe oben auf Sie gewartet, aber Sie sind nicht gekommen«, rief er aus.
»Dazu bestand keine Notwendigkeit, Monsieur le Commissaire. Die scharfen Augen der französischen Polizisten sind mir nur zu bekannt. Darf ich Ihnen zur Handhabung dieses Falles gratulieren? Sie haben Intelligenz bewiesen.«
»Wie nett von Ihnen, das zu sagen!« Der Kommissar strahlte. »Viel von dem, was ich weiß, habe ich durch das Studium der Scotland-Yard-Methoden gelernt.« Er dehnte seinen Brustkasten aus. »Ja, ich glaube, ich habe gute Arbeit geleistet – unter den gegebenen Umständen. Selbst für den brillantesten Geist wäre es eine Unmöglichkeit gewesen – bei der Dummheit der Angestellten, Monsieur – zertrampelte Fußabdrücke, die Fingerabdrücke zerstört – was hätte ich schon tun können?« – »Glücklicherweise brauchen Sie nichts mehr zu tun«, tröstete ihn Duff. »Es war Selbstmord, Monsieur le Commissaire. Dafür garantiere ich.«
Das Gesicht des Franzosen hellte sich auf. »Ich bin überaus glücklich, das zu hören. Natürlich ist eine Frau mit im Spiel?«
Duff lächelte und machte sich die Frage von Nutzen.
»Ja. Die Frau des Toten. Er liebte sie leidenschaftlich, und sie hat ihn verlassen. Er versuchte, seinen Weg allein zu gehen, aber er schaffte es nicht – selbst hier nicht, in Ihrer charmanten, heiteren Stadt.«
Der Kommissar schüttelte den Kopf. »Ah, diese Frauen, Monsieur! Immer diese Frauen. Welches Leid, welchen Kummer verursachen sie – doch könnten wir ohne sie leben?«
»Kaum.«
»Niemals!« schrie der Kommissar mit Nachdruck.
»Doch ich fürchte, wir kommen vom Thema ab. Dr. Lofton hat mir erzählt, warum Sie hier sind, Inspector.
Ich vertraue Ihrem Urteil und werde einen abschließenden Bericht machen.«
»Sehr gut.« Duff nickte. »Das heißt doch wohl, daß die Reisegruppe ihre Tour sofort fortsetzen kann?«
Der Kommissar zögerte. Schließlich durfte man die Affäre nicht zu leicht nehmen. »Bitte nicht ganz so schnell, Monsieur! Ich gehe jetzt zum Untersuchungsrichter. Er hat die letzte Entscheidung. Ich werde Ihnen sogleich telefonisch mitteilen, wie sie lautet. Ist das annehmbar, Inspector?«
»Oh – durchaus. Und noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche!«
»Sie übertreiben, Monsieur.«
»Ganz und gar nicht. Ich war beeindruckt, tief beeindruckt.«
»Wie kann ich Ihnen danken? Wie meine Freude über diese Begegnung ausdrücken?«
»Versuchen Sie es erst gar nicht, Monsieur!«
»Wieder akzeptiere ich Ihren Rat. Bon jour, Inspector!«
»Bon jour«, wiederholte Duff mit Yorkshire-Akzent.
Der prächtig gekleidete Kommissar schritt von dannen.
Lofton kam sofort auf Duff zu. »Nun?«
Der Inspector hob die Schultern. »Der Kommissar schien froh zu sein, überzeugt zu werden. Aber er muß die Sache noch dem Untersuchungsrichter vortragen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Ich erwarte seinen Anruf und hoffe, er kommt bald, da ich selbst begierig bin, nach San Remo zu kommen.«
»Ich werde irgendwo im Hotel zu finden sein«, teilte Lofton ihm mir. »Heute nachmittag um vier Uhr dreißig fährt ein Luxuszug nach San Remo. Hoffentlich sitzen wir drin.«
Nach etwa einer Stunde gab der Kommissar durch, daß sie fahren könnten, wann immer sie
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