Charlie Chan macht weiter
wollten. Duff ließ Lofton durch einen Pagen eine Nachricht zukommen und begab sich dann zum Empfang.
»Bitte, verbinden Sie mich telefonisch mit dem ›Palace Hotel‹ in San Remo!« sagte er. »Ich möchte gern mit Mrs. Walter Honywood sprechen – oder Miß Sybil Conway, wie sie sich auch nennt.«
Duff wartete in der Nähe, während sich hinter dem Empfang eine erregte Diskussion zu entspinnen schien, bis ihm nach vielen Minuten ein Page atemlos verkündete, daß eine Lady in San Remo am Apparat sei. Der Inspector hastete in die angegebene Zelle und brüllte, so laut er konnte, in die Telefonmuschel hinein. Als Antwort drang von weit her eine leise, musikalische Stimme an sein Ohr, die ihn bat, nicht so laut zu sprechen.
»Ich verstehe Sie nicht – Inspector – was?«
»Duff! Duff!«
Er schwitzte über die Maßen und begriff endlich, daß er so gebrüllt hatte. Leiser und akzentuierter erklärte er: »Ich bin Inspector Duff von Scotland Yard und bin beauftragt, den Mord an Mr. Hugh Drake, der der Lofton-Reisegesellschaft angehörte, zu untersuchen. Im Augenblick befinde ich mich in Nizza, wo ich mit dem unglückseligen Tod Ihres Mannes konfrontiert wurde – Mr. Walter Honywood.«
»Ja.« Die Stimme war sehr schwach.
»Madame – es tut mir schrecklich leid.«
»Danke. Was wollen Sie mir mitteilen?«
»Ich möchte hören, ob Sie irgend etwas wissen, das Licht auf seinen Tod werfen könnte.«
»Dr. Lofton hat mir gesagt, es sei Selbstmord gewesen.«
»Es war kein Selbstmord, Madame.« Auch Duff sprach jetzt sehr leise. »Ihr Mann wurde ermordet. Sind Sie noch dran?«
»Ja, ich bin dran«, hauchte sie sehr matt.
»Ich bin überzeugt, daß der Mord in irgendeinem Zusammenhang mit dem an Mr. Drake in London steht«, fuhr Duff fort.
Stille folgte. Dann sagte die Frau: »Ich kann Ihnen versichern, daß es so ist, Inspector.«
»Was sagen Sie da?« schrie Duff laut.
»Ich sage Ihnen, daß die beiden Morde gewissermaßen ein Fall sind.«
»Du meine Güte!« Der Inspector keuchte. »Was soll das heißen?«
»Ich werde es Ihnen erklären, wenn wir uns sehen. Es ist eine lange Geschichte. Sie kommen doch mit Loftons Gruppe hierher?«
»Aber gewiß. Wir fahren heute nachmittag um vier Uhr dreißig ab und dürfen etwa zwei Stunden später in Ihrem Hotel sein.«
»Sehr schön. Mr. Honywood wollte, daß um meinetwillen über die ganze Geschichte Stillschweigen bewahrt wurde. Vermutlich fürchtete er, sie könnte meiner Theaterkarriere schaden und mich unglücklich machen. Aber ich habe mich entschlossen. Was es mich auch immer kosten möge, ich möchte, daß Gerechtigkeit geübt wird. Ich weiß nämlich, wer meinen Mann ermordet hat.«
Duff japste nach Luft. »Sie wissen, wer…«
»Ja, ich weiß es.«
»Dann lassen Sie uns, um Gottes willen, kein Risiko eingehen, Madame! Sagen Sie es mir jetzt – sofort!«
»Ich kann Ihnen nur sagen, daß es ein Mann ist, der mit Lofton um die Welt herumreist.«
»Und sein Name? Sein Name!«
»Ich weiß nicht, wie er sich jetzt nennt. Vor vielen Jahren, als wir ihn in einem fernen Land trafen, war sein Name Jim Everhard. Jetzt reist er unter anderem Namen.«
»Wer hat Ihnen das alles gesagt?«
»Mein Mann hatte es mir geschrieben.«
»Aber er hat Ihnen nicht den Namen geschrieben?«
»Nein.«
»Hat dieser Mann auch Hugh Morris Drake getötet?«
Es war schließlich Drakes Mörder, den Duff finden mußte.
»Ja.«
»Haben Sie das auch von Ihrem Mann?«
»Ja – es steht alles in dem Brief, den ich Ihnen heute abend geben werde.«
»Und werden Sie den Mann auch nach so vielen Jahren wiedererkennen?«
»Ich werde ihn auf der Stelle wiedererkennen.«
Duff wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. »Madame, sind Sie noch da? Mrs. Honywood?«
»Ich bin hier.«
»Was Sie mir da erzählt haben, ist sehr – befriedigend.« Duff neigte stets zur Untertreibung. »Ich werde heut abend gegen halb sieben Uhr in Ihrem Hotel eintreffen – zusammen mit der gesamten Lofton-Reisegesellschaft.« Er dachte kurz an Fenwick, vergaß ihn aber gleich. »Ich flehe Sie an, das Zimmer nicht zu verlassen, bis ich wieder Verbindung mit Ihnen aufnehme. Dort werde ich dann einen Platz aussuchen, von dem aus Sie alle Teilnehmer der Reisegruppe sehen können, ohne selbst entdeckt zu werden. Sobald Sie den Mörder identifiziert haben, liegt alles Weitere in meinen Händen.«
»Sie sind sehr nett. Ich werde meine Pflicht tun. Ich werde Ihnen helfen, Walters Mörder der
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