Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Derr Biggers
Vom Netzwerk:
kleinen, verlassenen Salon, der neben meinem Zimmer im ersten Stock liegt. Die Tür dieses Salons kann von innen verschlossen werden. Ich schlage vor, daß wir uns dort treffen. Liegt Ihr Apartment in der Nähe des Lifts?«
    »Nur wenige Schritte davon entfernt.«
    »Ausgezeichnet! Sie kommen mit dem Lift – Nein, ich weiß was Besseres. Ich hole Sie. Nummer 40, nicht wahr?«
    »Ja, Nummer 40. Ich werde warten.«
    Duff machte sich sofort auf den Weg. Der Flur wurde nur durch das Licht erleuchtet, das von unten durch den offenen Liftschacht heraufschien. Er drückte auf den Liftknopf. Gelegentliche Aufenthalte in bescheidenen Hotels in Paris hatten ihn mit den Marotten der automatischen Fahrstühle auf dem Kontinent vertraut gemacht. Der Käfig schwebte langsam und majestätisch nach oben. Er stieg ein und drückte auf den Knopf für die vierte Etage.
    Wenig später klopfte er an die Tür zu Zimmer 40. Sie wurde von einer großen, anmutigen Frau geöffnet. Ihr Gesicht lag im Schatten, aber er wußte sofort, daß es wunderschön war. Ihr Haar war goldfarben wie ihr Kleid, und ihre Stimme erregte selbst den sonst unerschütterlichen Inspector.
    »Mr. Duff – ich bin ja so froh!« Sie war ein bißchen atemlos. »Hier – das ist der Brief meines Mannes.«
    Er steckte ihn in eine seiner Taschen. »Tausend Dank! Kommen Sie jetzt, bitte, mit mir? Der Lift wartet.«
    Er schob sie in den engen Käfig, folgte ihr und drückte auf den Knopf in die erste Etage. Langsam und stockend begann die schwankende Kabine ihren Abstieg.
    »Ich bin krank gewesen«, erzählte ihm Sybil Conway.
    »Es fällt mir schwer, weiterzumachen. Aber ich muß…«
    »Pst!« ermahnte sie der Inspector. »Nicht jetzt, bitte!« Sie passierten den dritten Stock. »Gleich können Sie mir alles erzählen und…«
    Er hielt erschrocken inne. Ziemlich dicht über seinem Kopf hatte er den scharfen Knall eines Schusses gehört. Ein kleiner Gegenstand wirbelte durch die Luft und landete zu seinen Füßen. Das Gesicht der Frau entsetzte ihn. Er nahm sie in die Arme, denn er hatte auf dem Mieder ihres goldenen Seidenkleides einen sich rasch ausbreitenden stumpfen, roten Fleck gesehen.
    »Es ist alles vorbei«, flüsterte Sybil Conway.
    Duff konnte nicht sprechen. Er streckte eine Hand aus und rüttelte wild an der verschlossenen Tür des Lifts. Die Erfindung der Franzosen setzte gelassen ihren Weg fort.
    Diese Situation würde Inspector Duff bis an das Ende seiner Tage verfolgen. Er blickte hoch in die Dunkelheit, obgleich er wußte, daß er nichts sehen würde.
    Der Lift entließ ihn im ersten Stock. Türen wurden geöffnet, und halb angekleidete Gäste schauten heraus.
    Er trug Sybil Conway zu einem Sofa in jenem kleinen Salon. Sie war tot. Er wußte es. Schnell rannte er zum Lift zurück und hob den kleinen Gegenstand auf, der dort lag. Es war ein kleiner Beutel aus Waschleder. Er brauchte ihn nicht zu öffnen. Er kannte seinen Inhalt. Kieselsteine – Hunderte von albernen, bedeutungslosen kleinen Steinen.
     
    10
     
    Duff verließ den Fahrstuhl und schloß die Tür hinter sich. Fast augenblicklich läutete es, und die Kabine glitt nach oben. Sie war der einzige Lichtfleck in der Dunkelheit. Zu spät erkannte er, was für eine Zielscheibe jeder abgab, der auf der ungeschützten Plattform stand. Der Lift, der sich in einem Schacht auf- und abwärtsbewegte, der quasi bis auf das spärliche Eisengitterwerk ringsum offen war, bestand aus einer Plattform, die von einem ähnlichen Gitter umgeben war, das etwa bis zur Schulter eines durchschnittlich großen Fahrgastes hinaufreichte. Was für ein leuchtendes Ziel das glänzende goldene Seidenkleid abgegeben haben mußte! Und wie einfach es war, sich hinzuknien und von oben durch das Gitter zu schießen! Es schien so einleuchtend, jetzt, nachdem es passiert war; und doch war es etwas, woran ein aufrechter Mann nicht im voraus denken würde.
    Ungewollt empfand er so etwas wie Respekt für seinen Widersacher.
    Der Besitzer und Direktor des »Palace« kam schnaufend die Treppe hoch. Seine enorme Leibesfülle wurde von einem Gehrock eingehüllt, der unzählige Meter schwarzen Stoffes verbraucht haben mußte. Berge von Spaghetti waren sicher herangeschafft worden, damit er existieren konnte. Ihm auf dem Fuße folgte sein Empfangschef, ebenfalls in einem Gehrock, aber dünn und mit einem chronisch ängstlichen Blick. Auf dem Korridor drängten sich inzwischen aufgeregte Gäste. Inspector Duff holte die beiden Männer rasch

Weitere Kostenlose Bücher