Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Derr Biggers
Vom Netzwerk:
auf der anderen Seite neben mir. Ich akzeptierte Mr. Drakes Angebot dankbar, und wir gingen nach oben, nachdem wir übereingekommen waren, alles so zu belassen, wie es war, und nur die Betten zu wechseln.
    Ich schloß die Verbindungstür zwischen uns, ohne sie abzusperren, und legte mich in Mr. Drakes Bett. Der Arzt hatte mir als letzte Zuflucht Schlafpulver mitgegeben, wovon ich als zusätzliche Garantie ein Päckchen einnahm. Danach schließ ich so fest, wie ich seit Monaten nicht mehr geschlafen hatte.
    Gegen sechs Uhr dreißig wachte ich auf, und da Mr. Drake mir gesagt hatte, er wolle früh aufstehen, und wir auch an jenem Morgen nach Paris aufbrechen wollen, ging ich ins andere Zimmer hinüber.
    Ich sah mich um. Seine Kleidung lag auf einem Stuhl, sein Hörgerät auf einem Tisch. Alle Türen und Fenster waren geschlossen. Ich trat ans Bett, um ihn zu wecken. Er war jedoch tot, erdrosselt mit einem Gepäckriemen.
    Zuerst begriff ich überhaupt nichts, da ich noch nicht ganz wach war. Dann entdeckte ich auf dem Bett einen kleinen Waschlederbeutel. Erinnerst Du Dich, meine Liebe? Einen von jenen Beuteln, die wir Jim Everhard gaben. Es gibt zwei davon, nicht wahr? Mit Kieselsteinen darin.
    Ich setzte mich und dachte nach. Jim Everhard mußte sich irgendwo im »Broome’s« befinden. Er hatte mich ausgekundschaftet und beschlossen, seine alte Drohung endlich wahrzumachen. In der Nacht hatte er sich in mein Zimmer geschlichen, um mir den Beutel mit den Steinen zurückzubringen und mich zu erdrosseln. In mein Zimmer! Aber in jener Nacht war es nicht mein Zimmer. Hugh Morris Drake lag in meinem Bett, in einer dunklen Ecke, wohin das Licht der Straßenlampen nicht drang.
    Und so war Hugh Morris Drake gestorben, weil er mir einen Gefallen getan hatte – und weil er taub war.
    Es war schrecklich, aber ich wußte, daß ich mich zusammenreißen mußte. Für Drake konnte ich nichts mehr tun. Nur zu gern hätte ich mein Leben hergegeben, um zu verhindern, was geschehen war. Nun war es zu spät. Ich mußte die Sache also irgendwie durchstehen.
    Ich möchte Dich wiedersehen, Deine Stimme Wiederhören. Ich liebe Dich, meine Liebe. Ich habe Dich vom ersten Augenblick an geliebt. Wäre es nicht so gewesen, wäre all dies nicht passiert. Aber ich bedauere es nicht. Ich werde es nie bedauern.
    Mir war klar, daß ich den armen Drake nicht in meinem Bett zwischen all meinen Sachen liegen lassen konnte. So trug ich ihn in sein Zimmer und legte ihn aufs Bett. Dann war da noch der Beutel mit den Steinen. Er hatte für niemanden eine Bedeutung – außer für Jim Everhard und uns. Ich warf ihn auf das Bett neben Mr. Drakes Leichnam und mußte fast lächeln bei dem Gedanken, daß Everhard ihn all die Jahre mit sich herumgetragen und ihn dann doch an einem falschen Ort zurückgelassen hatte. Den anderen Beutel hat er sicher noch.
    Danach schlich ich über den Gang in Drakes Zimmer und versperrte die Verbindungstür zwischen den beiden Räumen auch auf seiner Seite. Mein Blick fiel auf das Hörgerät; ich war gezwungen gewesen, es in sein Zimmer zu bringen, deshalb wischte ich rasch sämtliche Fingerabdrücke ab. Ein Segen! Dann ging ich von seinem Zimmer aus auf den Gang hinaus und ließ das Schloß hinter mir einschnappen. Niemand hat mich gesehen – außer einem Kellner, der am Abend zuvor ein Telegramm für Drake gebracht und so den Zimmertausch mitbekommen hatte. Sobald er seinen Dienst antrat, läutete ich nach ihm und bestach ihn. Es war ganz leicht.
    Nachdem alles geregelt war, setzte ich mich hin und wartete auf die Frühstücksstunde und mein Treffen mit Jim Everhard. Und diesmal erkannte ich ihn sofort. Durch seine Augen. Jeder Mensch hat etwas in seinen Augen, das sich durch all die Jahre hindurch nicht verändert.
    Ich saß im Salon des Hotels und wartete auf den Mann von Scotland Yard, als er plötzlich in der Tür stand – Jim Everhard. Er reist mit in der Gruppe, allerdings unter einem anderen Namen.
    Während der Scotland-Yard-Mann Fragen stellte, versuchte ich, fieberhaft nachzudenken. Was sollte ich tun? Ich hatte schon das Verhör nicht gut durchgestanden. Wenn ich aus der Gruppe ausstieg, würde man mich vielleicht sofort verhaften. Und dann würde die ganze unglückselige Geschichte ans Tageslicht kommen. Nein, vorläufig mußte ich weitermachen und Seite an Seite mit einem Mann reisen, der zweifellos nun noch entschlossener war, mich zu töten – ja, der mich im Grunde bereits getötet hatte.
    Eine Woche lang

Weitere Kostenlose Bücher