Charlie Chan macht weiter
dort im Hafen liegen bleiben, da auch noch ein Ausflug nach Canton geplant ist. Wenn ich die Ermittlungen, die Sie vorgeschlagen haben, durchführen soll und dann nach Honolulu…«
»Ich vermute, Sie möchten gern aufbrechen.« Der Polizeichef lächelte. »Wie bald können Sie weg?«
»Heute abend – falls dann ein Schiff ausläuft, Sir.«
»Morgen auf jeden Fall.«
Am nächsten Tag machte sich Duff freudestrahlend und glücklich auf den Weg nach Southampton. Diesmal verabschiedete sich Hayley von dem scheidenden Reisenden mit vielen Worten der Ermutigung und der Hoffnung. In jener Nacht war der Inspector bereits an Bord eines der schnellsten Atlantikdampfer. Das Geräusch der sich stetig drehenden Schiffsschraube war Musik, in seinen Ohren. Er stand an der Steuerbord-Reling und beobachtete, wie der Kiel des Schiffes mit erstaunlicher Geschwindigkeit das dunkle Wasser durchschnitt. Sein Herz war leicht.
Seine Nachforschungen, Honywoods Vergangenheit betreffend, die er, kaum hatte er New York erreicht, emsig betrieb, führten ihn nirgendwohin. Beide waren vor etwa fünfzehn Jahren in der verwirrenden Stadt aufgetaucht, und keiner ihrer Freunde, deren Namen Mrs. Honywoods Mädchen ihm gegeben hatte, schien zu wissen, woher sie gekommen waren. In New York war es nicht üblich, Fragen zu stellen. Es zählte nur das Heute, das Gestern ging niemanden etwas an. Die Erwähnung der Waschlederbeutel rief nur verständnislose Blicke hervor.
Mit der Safe-Nummer 3260 hatte er ähnlich wenig Erfolg. Dank der Hilfsbereitschaft der Polizei von New York konnte er zwar Taits Safenummer in seiner Bank als auch die von Lofton ermitteln, doch beide waren bedeutungslos für ihn. Ein hilfsbereiter Kommissar machte ihn darauf aufmerksam, daß man auch bei Banken, mit denen man nicht regelmäßig zusammenarbeitete, beliebig viele Geheimfächer haben konnte. Duff begab sich nach Boston und untersuchte dort Mark Kennaways Verhältnisse. Eine exzellente Familie – und was das in Boston bedeutete, spürte selbst er als Außenseiter.
Als nächstes besuchte er Pittsfield, wo die fortwährende Abwesenheit der Fenwicks von einem kleinen Kreis erlesener Menschen sehr bedauert wurde.
In Akron war die Luft weniger verfeinert, doch die Situation schien ziemlich dieselbe zu sein. Duff wurde von Benbows Partner zum Lunch eingeladen, der ihm sagte, der alte Eimer solle nur rasch wieder nach Hause eilen.
Die Freunde von Maxy Minchin in Chicago waren indessen extrem schweigsam. Sie lauschten dem Inspektor mit zusammengekniffenen Lippen, aber Duff merkte, daß niemand die Rückkehr des Gangsters herbeisehnte.
Er fuhr weiter nach Tacoma und fand heraus, daß John Ross ein angesehener Mann im Holzgeschäft war.
In San Francisco stellte er Nachforschungen über Stuart Vivian an. Er war bei den prominenten Bürgern der Stadt bekannt, und alle sprachen mit Hochachtung von ihm. Durch einen Anruf im Büro von Irene Spicers Mann erfuhr er, daß dieser in Hollywood weilte und nicht so bald zurückerwartet wurde.
Schließlich saß er an einem lauen Maiabend in seinem Zimmer im »Fairmont Hotel« und zog Bilanz. Mit Ausnahme von Maxy Minchin schienen alle Männer der Lofton-Gesellschaft über jeden Tadel erhaben zu sein; daß Maxy Minchin in eine solche Geschichte verwickelt sein sollte, war jedoch ziemlich unwahrscheinlich. Allerdings hatte er in New York, wo der Captain angeblich wohnte, keine Spur von Keane entdecken können. Sein Name stand jedenfalls in keinem Adreßbuch. Aber Duff schenkte dieser Tatsache wenig Beachtung. Aus irgendeinem nicht zu benennenden Grund hatte er sich von Anfang an geweigert, Keane zu verdächtigen. So war er also durch seine Nachforschungen dem Mörder keinen Schritt nähergekommen. Duff stand auf und spazierte ans Fenster. Er sah die Lichter von Chinatown unter sich und die der Fährschiffe im Hafen; und er dachte zurück an seinen ersten Besuch in dieser faszinierenden Stadt – und an Charlie Chan.
Ein Hotelpage klopfte an seine Tür und übergab ihm ein Telegramm. Es stammte von seinem Chef im Yard.
Telegramm aus Kobe. Welby erhofft frühen Erfolg. Reisen Sie weiter nach Honolulu! Viel Glück!
Duff war mächtig froh. Wenigstens Welby hatte Fortschritte gemacht. Trotz seiner sonst nicht übermäßig reichen Fantasie war er fähig, sich eine erfreuliche Szene auszumalen: Sein Treffen mit Welby im Hafen von Honolulu; Welby mit Beweisen, die selbst die strengste Jury überzeugen würden; Welby, der auf eine Gestalt
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