Charlie Chan macht weiter
sollte, bis mir die glänzende Idee mit dem Telegramm kam.
Am Nachmittag desselben Tages bummelte ich mit Mr. Kennaway durch die Eden Gardens, von wo aus wir dann zum Diamond Harbor fuhren und an Bord unseres britischindischen Schiffes gingen. Wir waren ziemlich spät dran. Und was glauben Sie, wer uns entgegengelaufen kam, als wir die Gangway hocheilten? Kein anderer als unser Freund mit den hängenden Lidern. Augenscheinlich hatte er sich von jemandem an Bord verabschiedet.
Von wem? Von Jim Everhard? Oder hatte er nur in letzter Minute ein paar Sachen an den Mann zu bringen versucht? Spät an jenem Abend – ich spazierte auf dem Deck herum – kam ein Steward zu mir und teilte mir mit, ein Passagier aus der zweiten Klasse wünsche mich zu sprechen. Zuerst war ich etwas verblüfft, doch dann erinnerte ich mich an mein Telegramm und folgte dem Steward die Leiter hinunter auf das untere Deck. Im Schatten eines Rettungsbootes erwartete mich ein sonderbarer kleiner Mann. Zuerst kam er mir etwas fragwürdig vor, doch er war in Ordnung. Es war Ihr Freund, Mr. Welby vom C. I. D. Ja, ich mochte ihn mit seinem drolligen Cockney-Akzent.
Ich habe ihm erzählt, was ich im Juwelierladen gehört hatte, und natürlich war er sehr interessiert, vor allem, als ich hinzufügte, daß ich den Verkäufer wenige Stunden zuvor das Schiff hatte verlassen sehen. Er erzählte, daß er um jene Zeit oben in der ersten Klasse gewesen und der Mann von Imri Ismail ihm aufgefallen sei. Deshalb war er ihm gefolgt und hatte gesehen, welche Kabine er betrat. »Und, Miß Potter«, sagte Mr. Welby geheimnisvoll, »es war eine Kabine, die von zwei Mitgliedern der Reisegruppe belegt wurde.« Natürlich wollte ich wissen, wer die zwei waren. Und glauben Sie, ich habe es herausgefunden? Sie wissen es sicher. Mr. Welby dankte mir nur herzlich für meine Information. »Sie haben mir meinen Job beträchtlich erleichtert«, erklärte er und wollte dann wissen, wieviel Stuart Vivian von Diamanten zu verstehen schien. Ich sagte, das wisse ich nicht, aber daß er wie alle Männer behauptete, sich überall auszukennen. Mr. Welby nickte und erzählte mir, er hoffe, sich auf dem Dollar-Liner ab Hongkong als Steward anheuern lassen zu können. Bis dahin würde er sich so herumtreiben, doch ich solle niemals mit ihm reden, sondern immer warten, daß er mich anspreche. Ich versicherte ihm, daß ich in solchen Situationen die perfekte Lady sei, und dann trennten wir uns. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.
Das also, Inspector, ist die Lage in dieser heißen Aprilnacht in Rangun, wo unser Schiff zwei Tage im Hafen liegt. Mittlerweile weiß ich alles über den Geruch des Orients. Ich kenne den Gestank der engen Gassen, des unter tropischer Sonne verfaulenden Gemüses, der toten Tische, der Kobra, der Moskitolotions und der zu vielen Menschen, die alle zur gleichen Zeit an einem Ort zu sein versuchen.
Wahrscheinlich schreibe ich von Singapur noch mal – es kommt darauf an, was als nächstes passiert….
Und Pamela Potter schloß mit der Entschuldigung, so geschwätzig gewesen zu sein.
Eine Stunde später beriet sich Inspector Duff mit seinem Chef, der den Brief ebenso interessiert gelesen hatte.
»Welby scheint ein einsames Spiel zu spielen«, bemerkte er, und sein Ton verriet eine gewisse Mißbilligung.
»Vermutlich hat er bisher noch nichts Definitives zu berichten, Sir«, gab Duff zu bedenken. »Doch wenn das Mädchen seine Suche auf zwei Personen eingeschränkt hat, dann müßten sehr bald Neuigkeiten zu erwarten sein. Aber vielleicht hat das Mädchen sich auch in dem Juwelierladen getäuscht.«
Der Polizeichef dachte nach und fragte schließlich:
»Warum hat Welby wissen wollen, wieviel Vivian über Diamanten weiß?«
»Keine Ahnung, Sir. Zweifellos hat Welby irgendeine Theorie entwickelt. Wir könnten nach Kalkutta telegrafieren und den Verkäufer nach Jim Everhard ausfragen lassen.«
Sein Vorgesetzter schüttelte den Kopf. »Nein. Ich möchte es lieber Welby überlassen. Der Verkäufer könnte Everhard mit einem Telegramm warnen und Everhard daraufhin verschwinden. Außerdem bin ich sicher, daß wir von Miß Potters Freund mit den hängenden Lidern nichts erfahren würden. Er scheint mir nicht gerade der Typ zu sein, der sich darum reißt, mit Scotland Yard zusammen zu arbeiten.«
Duff hatte einen Taschenkalender hervorgeholt. »Ich glaube, daß die Lofton-Gruppe heute in Hongkong sein müßte, Sir. Es ist vorgesehen, daß sie eine Woche
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