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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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fötaler Stellung auf dem Boden und versuchte, den Inhalt seines Schädels zurück in seinen Mund zu schlürfen. Sein Gefährte, ein blutiger Klumpen Fleisch und Knochen, zog seine Haut um sich und mühte sich ab, zur Straße zu gelangen.
    Der Schatten schrumpfte, als er Henry vom Waldboden aufhob und in einen Wagen am Straßenrand setzte. Als er auf mich zuschritt, nahm er die Gestalt eines Mannes mittleren Alters an. Er hatte schelmische, dunkle Züge und hielt einen schlanken Finger an seine listig verzogenen Lippen gepresst. »Duncan!«
    Whatleys Diener half mir auf die Füße und kletterte auf den Kutschbock. Er wartete nicht auf mich, bevor er das Tier, das den Wagen zog, mit einem Peitschenschlag in Bewegung setzte. Es war eine plumpe, kopflose Kreatur mit Hunderten fleischiger Hautlappen, die sich vorwärts wand wie eine Schar von Raupen. Das Wesen erwies sich jedoch als sehr schnell, als es losstürmte. Bevor es losging, lief ich zurück und holte mir rasch das Messer, das einer der Banditen fallengelassen hatte. Mir blieb gerade noch genug Zeit, um hinten aufzuspringen, als das Gefährt vorwärtsschoss. Ich versteckte die Waffe in den Falten meines Kleides.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte ich Duncan. Ich erwartete eigentlich keine Antwort, aber er griff in seine Manteltasche und zog einen Pergamentumschlag mit einem blauen Wachssiegel heraus. Ich riss ihn auf und las die beiden Worte in Lily Darrows Handschrift: Vertraut ihm. Ich reichte ihn Henry.
    »Er hat uns das Leben gerettet«, stellte er fest. Das musste nicht viel heißen, und im Hinblick auf die wenigen Möglichkeiten, die wir hatten, wandte ich meine Aufmerksamkeit dem hinteren Ende des Wagens zu. Wir rollten durch die dunkle Hügellandschaft der Endwelt. Die Kutsche holperte über den harten Erdboden zwischen Stücken des alten abgefahrenen Pflasters.
    Wir fuhren an großen Häusern und Herrensitzen vorbei, hinter deren Fenstern seltsame Kreaturen im Kerzenlicht hockten und krabbelten. Es gab fremde Obstgärten und einen einsamen Turm auf einer kleinen Insel mitten in einem See zu sehen. Henry und ich entspannten uns in den bald vertrauten Geräuschen und Bewegungen des Wagens. Wir schliefen abwechselnd, während der andere Ausschau hielt. Doch niemand begegnete uns. Wir waren vollkommen allein.
    Die Hügel wurden höher, und die Straße stieg an einem Berghang an. Unten im Tal war Bewegung. Gestalten verfolgten einander in der Dunkelheit. Gezackte Rücken glänzten vor Schweiß im Mondlicht. Tentakeln mit Stacheln und Widerhaken zerfetzten grausam ungeschützte Bäuche, und Klauen hackten durch Fleisch und Fett und Knochen. Blut bedeckte dick den Boden, schwarz wie die Mitternacht, und Mäuler mit Reihen von Reißzähnen bissen einander in grimmiger Umarmung.
    Duncan gönnte dem Gemetzel unten keinen Blick. Ebenso wenig schienen sich die Kreaturen für uns zu interessieren, dennwir fuhren unangefochten auf der anderen Seite des Berges wieder hinab.
    Mir fiel auf, dass Henry und ich uns an den Händen hielten, aber ich konnte mich nicht erinnern, wann das begonnen hatte. Ich war froh, ihn in diesem Augenblick an meiner Seite zu haben. Mit der anderen Hand tastete ich nach den Relikten meines früheren Lebens, die ich aus der Feuersbrunst in Everton gerettet hatte.
    Jonathan.
    Ungeachtet all meiner Furcht und Besorgnis schlief ich ein. Mein Körper brauchte Ruhe, und ich träumte, dass ich mit meiner Familie zu einem Wanderkarneval ging.
    Wir spazierten von Zelt zu Zelt, von den Gauklern zur Wahrsagerin und schließlich zum Zauberer. Er stand auf seiner zerlegbaren Bühne; ein Mann in Schwarz, der Tauben aus seinem Hals herausholte und Flammen an seinen Fingerspitzen tanzen ließ. Er bat meine Mutter aus dem Zuschauerraum zu sich und breitete ein Tuch über ihren Körper. Mit einem Händeklatschen verschwand sie. Dann nahm er Jonathan und ließ ihn in einem Lichtblitz verschwinden. Zuletzt holte er meinen Vater aus dem Publikum. Der Zauberer setzte ihn auf einen Stuhl und ließ ihn hoch in die Luft schweben und verschwinden. Ich klatschte und klatschte, bis die Vorstellung längst vorbei war. Ich wartete am Eingang auf die Rückkehr meiner Familie, aber dann packte das fahrende Volk seine Zelte zusammen und fuhr in seinen Wohnwagen davon. Sie ließen mich allein auf einem verlassenen Hügel zurück.
    »Charlotte.«
    Meine Lider öffneten sich. Henrys Gesicht war über mir. Ich setzte mich auf und erkannte die Landschaft wieder. Ich erblickte

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