Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Ungläubig starrt er mich an. »Stimmt irgendwas nicht?«
    Ich werfe einen gequälten Blick auf die Tür zum Saal. Er folgt meinem Blick, dann geht er und macht die Tür zu. »Was ist los?«, sagt er sanfter.
    »Ich kann nicht zaubern«, nuschle ich und starre meine Schuhe an.
    »Was?«
    »Ich kann nicht zaubern!« Verzweifelt blicke ich auf.
    Ed mustert mich unsicher. »Aber... Sie haben es doch gerade getan.«
    »Ich weiß. Aber jetzt kann ich es nicht mehr.«
    Schweigend betrachtet Ed mich ein paar Sekunden lang, und seine Augen zucken, als er in meine blickt. Er sieht todernst aus, als stünde ein gigantisches Weltunternehmen vor dem Kollaps und er wäre dabei, sich einen Rettungsplan auszudenken.
    Gleichzeitig sieht er aus, als würde er am liebsten loslachen.
    »Sie wollen mir damit sagen, dass Sie Ihre mysteriösen, seherischen Kräfte verloren haben«, sagte er schließlich.
    »Ja«, sage ich kleinlaut.
    »Irgendeine Idee, wieso?«
    »Nein.« Ich scharre mit meiner Schuhspitze, möchte Ed nicht ansehen.
    »Nun. Dann gehen Sie einfach raus und sagen es allen.«
    »Das kann ich nicht!«, heule ich entsetzt. »Alle werden denken, ich bin eine Versagerin. Ich war Die Große Lara. Ich kann nicht einfach sagen: ›Tut mir leid, ich hab‘s verlernt.‹«
    »Klar können Sie.«
    »Nein.« Ich schüttle den Kopf. »Niemals. Ich muss abhauen. Ich muss verschwinden.«
    Ich will schon wieder zum Notausgang, doch Ed packt mich am Arm.
    »Nicht weglaufen«, sagt er energisch. »Nicht fliehen. Drehen Sie einfach den Spieß um. Los, kommen Sie! Das schaffen Sie bestimmt!«
    »Aber wie?«, sage ich mutlos.
    »Spielen Sie mit ihnen. Machen Sie eine Show daraus. Vielleicht können Sie nicht ihre Gedanken lesen, aber Sie können sie zum Lachen bringen. Und danach verschwinden wir gleich, und in der Erinnerung der Leute sind Sie dann immer noch Die Große Lara.« Sein Blick bohrt sich in mich hinein. »Wenn Sie jetzt weglaufen, sind Sie tatsächlich Die Große Versagerin.«
    Er hat recht. Ich möchte nicht, dass er recht hat, aber er hat es.
    »Okay«, sage ich schließlich. »Ich tue es.«
    »Brauchen Sie noch etwas Zeit?«
    »Nein. Ich hatte genug Zeit. Ich will es einfach hinter mich bringen. Und danach gehen wir?«
    »Danach gehen wir. Abgemacht.« Wieder dringt ein winzig kleines Lächeln durch. »Viel Glück.«
    »Danke.« Das war schon zweimal gelächelt, möchte ich am liebsten hinzufügen. (Tu ich aber nicht.)
    Ed geht durch die Tür, und ich folge ihm und bringe es irgendwie fertig, meinen Kopf hochzuhalten. Das allgemeine Stimmengewirr erstirbt, als ich erscheine, und verwandelt sich in tosenden Applaus. Ich höre bewundernde Pfiffe von weiter hinten, und jemand filmt mich mit seinem Handy. Ich habe so lange gebraucht, dass sie wahrscheinlich glauben, ich hätte mir ein großes Finale einfallen lassen.
    Die fünf Opfer sitzen auf Stühlen, jedes mit einem Blatt Papier und einem Stift in Händen. Ich lächle sie an, dann wende ich mich der Menge zu.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, verzeihen Sie meine längere Abwesenheit. Ich habe meinen Geist heute Abend einer ganzen Reihe von Gedankenwellen geöffnet. Und offen gesagt, ich bin schockiert, was ich entdecken musste. Schockiert! Sie!« Ich wende mich dem ersten Mädchen zu, das seinen Zettel an die Brust drückt. »Selbstverständlich weiß ich, was Sie gezeichnet haben.« Ich mache eine wegwerfende Geste, als sei das, was sie gezeichnet hat, weder Fisch noch Fleisch. »Doch erheblich interessanter ist der Umstand, dass es in Ihrem Büro einen Mann gibt, nach dem Sie sich verzehren. Bestreiten Sie es nicht!«
    Die junge Frau läuft rot an, und ihre Antwort geht im brüllenden Gelächter unter. »Es ist Blakey!«, ruft jemand, und es wird noch mehr gelacht.
    »Sie, Sir!« Ich wende mich einem kurzhaarigen Burschen zu. »Man sagt, die meisten Männer denken alle dreißig Sekunden an Sex, aber bei Ihnen liegt die Frequenz erheblich höher.« Alles lacht, und eilig wende ich mich dem nächsten Mann zu. »Wohingegen Sie, Sir, alle dreißig Sekunden an Geld denken.«
    Der Mann bricht in schallendes Gelächter aus. »Sie kann echt Gedanken lesen!«, ruft er.
    »Ihre Gedanken waren leider zu sehr in Alkohol getränkt, als dass ich sie erkennen konnte.« Freundlich lächle ich den korpulenten Mann auf dem vierten Stuhl an. »Und was Sie angeht...« Ich mache eine Pause, als ich das Mädchen auf dem fünften Stuhl ansehe. »Ich schlage vor, dass Sie Ihrer Mutter nie,

Weitere Kostenlose Bücher