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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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mal, Sadie...«
    »Er ist mein Mann! Es ist mein Date!«, schreit sie wie außer sich. »Meins! Mit meinen Regeln! Das ist meine letzte Chance, ein bisschen Spaß mit einem Mann zu haben, und du willst mir alles verderben, indem du hässliches Zeug trägst...«
    »Ich will es dir nicht verderben...«
    »Du hast versprochen, dass du es so machst, wie ich will! Du hast es versprochen!«
    »Hör auf, mich anzuschreien!« Ich weiche zurück und halte mir die Ohren zu. »Meine Güte!«
    »Ist alles in Ordnung hier hinten?« Norah erscheint und mustert mich misstrauisch.
    »Ja!« Ich versuche, mich zusammenzureißen. »Ich war nur... äh... am Telefon.«
    »Ah.« Ihre Miene hellt sich auf. Sie nickt zu dem bronzefarbenen Seidenkleid, das ich noch immer in der Hand halte. »Möchten Sie es anprobieren? Wunderschönes Stück. Angefertigt in Paris. Haben Sie die Knöpfe aus Perlmutt gesehen? Bezaubernd!«
    »Ich... äh...«
    »Du hast es versprochen!« Sadie schwebt etwa zehn Zentimeter vor mir, das Kinn entschlossen, die Augen feurig. »Du hast es versprochen! Es ist mein Date. Meins! Meins!«
    Sie ist gnadenlos wie eine Feuerwehrsirene. Ich ziehe meinen Kopf zurück und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Nie im Leben halte ich einen ganzen Abend durch, wenn Sadie mich so anschreit. Mir platzt der Schädel.
    Und mal ehrlich. Ed Harrison hält mich sowieso für überspannt. Da kann ich genauso gut in einem Flapper-Kleid auftauchen.
    Sadie hat recht. Es ist ihr Abend. Da kann ich es auch so machen, wie sie möchte.
    »Also gut!«, sage ich schließlich. »Überredet. Ich probier das Kleid mal an.«

10
    Wenn mich irgendjemand so sieht, falle ich auf der Stelle tot um. Hundertprozentig.
    Als ich aus dem Taxi steige, sehe ich mich kurz auf der Straße um. Gott sei Dank ist niemand in Sicht. In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so lächerlich ausgesehen. Das hat man davon, wenn man einer Großtante die Kontrolle über sein Erscheinungsbild gibt.
    Ich trage das Flapper-Kleid aus dem Laden, dessen Reißverschluss ich gerade so zugekriegt habe. In den Zwanzigern waren Brüste offenbar nicht so angesagt. Meine Füße stecken in den Tanzschühchen. Sechs lange Perlenketten baumeln um meinen Hals. Um den Kopf trage ich ein schwarzes Stirnband, mit Gagat besetzt, und darin steckt eine Feder.
    Eine Feder.
    Meine Haare wurden zu einer Reihe altmodischer Wellen und Locken geknebelt, was mit der Brennschere gut zwei Stunden dauerte. Als sie fertig war, bestand Sadie darauf, dass ich es mit einer seltsamen Pomade einschmiere, die sie ebenfalls in diesem Vintage-Laden gefunden hatte, und jetzt ist es steinhart.
    Und was mein Make-up angeht: Fanden die das in den Zwanzigern ernstlich hübsch? Mein ganzes Gesicht ist mit hellem Puder überzogen, mit je einem Rougefleck auf den Wangen. Meine Augen sind dick mit schwarzem Kajal umrahmt, meine Lider mit der knallgrünen Paste aus dem alten Bakelit-Kästchen beschmiert. Ich weiß noch immer nicht genau, was da auf meinen Wimpern ist, irgendein komischer Klumpen schwarzer Glibber, den Sadie »Cosmetique« nannte. Ich sollte ihn in der Pfanne erhitzen und mir dann auf die Wimpern schmieren.
    Ich meine, hallo?! Ich besitze das neue Mascara von Lancome. Das ist wasserfest, mit Verlängerungseffekt und allem, was dazugehört. Aber dafür war Sadie nicht zu begeistern. Sie war einfach hin und weg von dieser umständlichen, alten Schminke und erzählte mir, wie sie und Bunty sich für Partys hübsch machten, sich gegenseitig die Augenbrauen zupften und dabei an ihren Flachmännern nippten.
    »Lass mich mal sehen!« Sadie erscheint neben mir auf dem Bürgersteig und mustert mich. Sie trägt ein goldenes Kleid, mit Handschuhen bis zu den Ellenbogen. »Du musst deinen Lippenstift nachziehen.«
    Es hat keinen Sinn, ihr ein hübsches, dezentes Lipgloss von Mac vorzuschlagen. Seufzend suche ich in meiner Tasche nach dem kleinen Topf mit roter Paste, um mir noch mehr Farbe auf den übertriebenen Kussmund zu tupfen.
    Zwei Mädchen kommen vorbei, stoßen sich gegenseitig an und lächeln neugierig. Offenbar meinen sie, ich bin auf dem Weg zum Fasching und habe es auf den Preis für das »Ausgeflippteste Kostüm« abgesehen.
    »Du siehst göttlich aus!« Begeistert schlingt Sadie die Arme um sich. »Jetzt brauchst du nur noch ein Lungentorpedo.« Sie sieht sich auf der Straße um. »Wo ist hier ein Tabakladen? Oh, wir hätten dir diese bezaubernde, kleine Zigarettenspitze kaufen sollen...«
    »Ich

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