Charons Klaue
Aufgabe zu unterstützen«, erklärte Effron mit einer Verneigung, noch ehe Alegni etwas zu ihm sagen konnte.
»Aber offenbar nicht, um meine Befehle zu befolgen.«
»Draygo Quick hat Cavus Dun ins Spiel gebracht«, erwiderte Effron und verwies damit auf die Rangordnung. Sein mächtiger Lehrmeister war einer der wenigen Nesser-Fürsten, die Erzgo Alegni fürchtete.
Alegni trat an seinen Lieblingsplatz am Geländer und starrte auf den dunklen Fluss und zum fernen Meer. »Wenn du mir in die Quere kommst, werde ich dich töten, Jermander«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Darauf kannst du dich verlassen.«
»Ich hätte erwartet …«, begann Effron, aber Alegni brachte ihn mit einem drohenden Blick zum Schweigen.
»Du hasst sie nicht mehr als ich«, bemerkte der verkrüppelte Hexer, ehe er kehrtmachte und davonschlurfte.
Alegni musterte Jermander, der keinen Schritt zurückwich.
»Es sind viele variable Faktoren im Spiel«, sagte der Söldner. »Niewinter gleicht einer Gnomenmaschine.«
»Zu viele Variablen, vielleicht«, entgegnete Alegni. »Und ihr seid nur eine weitere.«
Jermander grinste, verbeugte sich und folgte Effron.
Alegni blieb noch eine ganze Weile auf der Brücke stehen und überlegte, wie er all das letztlich zu seinem Vorteil nutzen könnte. Die Anwesenheit von Cavus Dun begeisterte ihn nicht, weil die Gruppe zu unberechenbar war, doch er musste zugeben – nur bei sich natürlich, denn so etwas würde er nie laut äußern! –, dass tatsächlich eine ziemlich irritierende Anzahl von Variablen im Spiel war. Dahlia war eine vortreffliche Gegnerin und der Drow, der sie begleitete, offenbar ebenso. Und Barrabas?
Der Tiefling legte eine Hand auf den Knauf seines Großschwerts, dessen spürbare Energie ihn tröstete. Klaue war nach wie vor wachsam. Barrabas der Graue blieb Klaue unterworfen.
Dennoch gab es zu viele Teile, die wie ein großes Räderwerk ringsherum ineinandergriffen.
Er dachte an seine Geliebte, die schlaue Arunika, die gegenüber den dummen Siedlern seine Verbündete spielte, in Wahrheit aber vermutlich eine Feindin war. Beim Gedanken an die Nacht, die er mit ihr verbracht hatte, und die vielen Nächte, die er noch neben ihr liegen wollte, musste er sich bewusst daran erinnern, dass sie weit mehr war, als es den Anschein hatte. Diese scheinbar so unschuldige Frau war auch eine Freundin von Valindra Schattenmantel und half der irren Lich-Zauberin, ihre geistige Verwirrung zu überwinden.
Seit Syloras Tod schien Valindra seine wichtigste Rivalin zu sein.
Was bedeutete das für Arunika?
Der Tiefling grinste, während er seine Möglichkeiten durchging.
Immerhin war er Erzgo Alegni, Herr über Niewinter. Er würde sie erwischen, einen nach dem anderen, und notfalls jeden Einzelnen töten, sogar Effron.
»Greeth, Greeth«, murmelte Arunika, während sie durch den Wald lief und angewidert den Kopf schüttelte. Sie hatte gehofft, der Botschafter des Hoheitsgebiets hätte seinen Einfluss auf Valindra genutzt und den Lich so vorbereitet, dass er dort weitermachen konnte, wo Sylora Salm abgebrochen hatte. Dann könnten die Tayer noch einmal als Köder für die Nesserer dienen, diesmal jedoch mit einer Anführerin, die letztlich vom Botschafter gelenkt wurde.
Deshalb war Arunika zutiefst enttäuscht gewesen, als sie sich an den Überresten von Aschenburg, der Festung, die Sylora aus der magischen Asche des Todesrings geschaffen hatte, mit Valindra traf. Parallel zum Zerfall von Aschenburg, dessen Mauern mit dem Verlust der bindenden Magie zerstoben, war auch Valindras geistige Klarheit geschwunden. Schon nach einer kurzen Unterhaltung mit dem irren Lich hatte Arunika die Wahrheit erkannt: Der Aboleth hatte Valindra fallen gelassen oder ihren schon vorher zerrütteten Geist sicherheitshalber noch ein wenig mehr durcheinandergebracht. Jedenfalls hatte Valindra sich zurückentwickelt. Sie erschien weniger klar als bei ihrer ersten Begegnung mit Arunika, und die hatte stattgefunden, ehe Arunika die Begegnung zwischen dem Lich und dem Abolethen arrangiert hatte.
»Ark-lem! Greeth! Greeth!«, hatte Valindra gerufen. Das musste der Name ihres Meisters oder eines vor langer Zeit verlorenen Liebhabers oder vielleicht von beiden sein, vermutete Arunika.
Als sie ihr Ziel erreichte, löste sich der Sukkubus von den Gedanken an Valindra. Auch der Anblick von Syloras Todesring war für Arunika gleichermaßen überraschend wie enttäuschend. Sie wusste, dass der Todesring Schaden genommen hatte –
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