Chasm City
schnell, dass mein Blinzelreflex erst einsetzte, als die Maschine bereits fertig war und sich das zweite Auge vornahm.
»Das genügt«, sagte der Meistermischer. »Damit müsste sich feststellen lassen, was die Blutverschneider – wenn überhaupt – bei Ihnen gemacht haben und warum die Behandlung nicht anschlägt. Vor einigen Wochen, sagten Sie?«
Ich nickte.
»Vielleicht ist es noch zu früh, der Erfolg könnte sich noch einstellen.« Ich hatte das Gefühl, er führte Selbstgespräche. »Sie verfügen über einige recht fortgeschrittene Behandlungsmethoden, aber die haben sie in ihrer Gesamtheit von uns gestohlen. Natürlich kürzen sie die Sicherheitstoleranzen ganz radikal und verwenden veraltete Sequenzen.«
Er kehrte auf seinen Platz zurück und klappte die Konsole wieder herunter. Sofort erschien ein Display, das so verworren war, dass ich überhaupt nichts erkennen konnte: ständig wechselnde Histogramme und Kästen, in denen Kolonnen von alphanumerischen Symbolen abgespult wurden. Plötzlich manifestierte sich ein riesiger Augapfel von einem halben Meter Durchmesser, der aussah wie eine Zeichnung aus einem von da Vincis Notizbüchern. Der Meistermischer wischte mit seinen Handschuhen darüber, und schon schälten sich Stücke davon ab wie Schalen von einer Zwiebel, und die tieferen Schichten wurden sichtbar.
»Veränderungen sind vorhanden«, sagte er, nachdem er Minuten lang sein Kinn geknetet hatte und sich immer tiefer in das schwebende Auge hinein gewühlt hatte. »Tiefgreifende genetische Veränderungen – aber ich vermisse die üblichen Signaturen der Meistermischer.«
»Signaturen?«
»Copyright-Informationen, die in redundante Basenpaare verschlüsselt wurden. In diesem Fall haben die Blutverschneider die Sequenzen wohl doch nicht von uns gestohlen, sonst wären noch Restspuren des Meistermischer-Designs vorhanden.« Er schüttelte mit Nachdruck den Kopf. »Nein; diese Arbeit stammt nicht von Yellowstone. Sie ist recht hoch entwickelt, aber…«
Ich wälzte mich von der Liege und wischte mir eine Träne aus den misshandelten Augen. »Aber was?«
»Aber es ist ziemlich sicher nicht das, was Sie bestellt hatten.«
Das hatte ich schon vorher gewusst, denn ich hatte ja gar nichts bestellt. Aber ich zeigte mich gebührend überrascht und verärgert, damit sich der Meistermischer an meiner Bestürzung über den vermeintlichen Betrug der Meistermischer ausgiebig weiden konnte.
»Ich kenne die Homeobox-Mutationen, die man für eine Katzenpupille braucht, und ich sehe keine größeren Veränderungen in den entsprechenden Chromosomenbereichen. Dafür wurden anderswo Eingriffe vorgenommen, in Bereichen, wo dafür überhaupt keine Veranlassung bestand.«
»Können Sie mir das etwas genauer erklären?«
»Nicht sofort, nein. In den meisten Ketten sind die Sequenzen lückenhaft, das erschwert die Sache. Die spezifischen DNA-Veränderungen werden normalerweise mit einem Retrovirus eingeschleust, das von uns – oder den Blutverschneidern – hergestellt und so programmiert wurde, dass es die erforderlichen Mutationen für die gewünschte Transformation auslöst. In Ihrem Fall«, fuhr er fort, »scheint sich das Virus nicht ausreichend kopiert zu haben. Es gibt nur wenige intakte Stränge, wo die Veränderungen voll zum Tragen kommen. Das Virus ist unwirksam, und das könnte erklären, warum die Veränderungen noch nicht auf die Grobstruktur Ihres Auges übergegriffen haben. Aber ich habe so etwas auch noch nie gesehen. Wenn das wirklich die Arbeit eines Blutverschneiders ist, dann könnte das bedeuten, dass sie Verfahren verwenden, die uns nicht bekannt sind.«
»Und das ist wahrscheinlich nicht gut?«
»So lange sie ihre Verfahren von uns gestohlen hatten, bestand wenigstens eine gewisse Garantie, dass sie funktionierten oder zumindest keine akute Gefährdung darstellten.« Er zuckte die Achseln. »Das ist nun leider nicht mehr gewährleistet. Ich kann mir vorstellen, dass Sie diesen Besuch bereits bedauern. Aber die Reue kommt zu spät.«
»Vielen Dank für Ihr Mitgefühl. Wenn man die Veränderungen feststellen kann, lassen sie sich vermutlich auch rückgängig machen.«
»Das wäre viel schwieriger, als sie einzuleiten. Aber es wäre machbar – mit erheblichen Kosten.«
»Das überrascht mich nicht.«
»Wollen Sie unsere Dienste in Anspruch nehmen?«
Ich ließ Chanterelle vorgehen und wandte mich zur Tür. »Wenn ich mich dafür entscheide, werden Sie es rechtzeitig erfahren.«
Ich
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