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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wahrscheinlich überleben.
    Gitta dagegen war nicht zu retten. Ich fragte mich, wer von den beiden wohl der Glücklichere war.
 
    »Was ist?«, fragte Zebra. »Tanner, was ist los? Bitte sieh mich nicht so an. Sonst glaube ich noch, du wärst wirklich dazu fähig.«
    »Kannst du mir einen triftigen Grund nennen, es nicht zu tun?«
    »Nur die Wahrheit.«
    Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. »Tut mir Leid, aber die hast du mir eben gesagt, und sie reicht bei weitem nicht aus.«
    »Es war nicht die ganze Wahrheit«, sagte sie ruhig. Es klang fast erleichtert. »Ich arbeite nicht mehr für ihn, Tanner. Er glaubt es zwar, aber ich habe ihn verraten.«
    »Reivich?«
    Sie senkte den Kopf, sodass ich ihre Augen nicht sehen konnte, und nickte. »Nachdem du mich bestohlen hattest, wusste ich, du warst der Mann, vor dem Reivich auf der Flucht war. Du warst der Killer.«
    »Allzu schwer war das wohl nicht zu erraten?«
    »Nein, aber es war wichtig, Gewissheit zu haben. Reivich wollte, dass der Mann ausfindig gemacht und aus dem Verkehr gezogen wurde. Um genau zu sein, er verlangte seinen Tod.«
    Ich nickte. »Das leuchtet ein.«
    »Sobald ich eindeutige Beweise hatte, dass du der Killer bist, sollte ich dich beseitigen. Auf diese Weise wäre die Sache für Reivich ein für alle Mal aus der Welt geschafft – er brauchte nicht zu befürchten, er hätte den Falschen erwischt, und der richtige Killer liefe weiterhin frei herum.«
    »Du hättest mehr als einmal die Möglichkeit gehabt, mich zu töten.« Ich lockerte den Griff um die Waffe ein wenig. »Warum hast du es nicht getan?«
    »Ich war nahe daran.« Zebra sprach jetzt schneller, sie hatte ihre Stimme gedämpft, obwohl weit und breit niemand in Hörweite war. »Ich hätte es tun können, als du in meiner Wohnung warst, aber da zögerte ich. Das wirst du mir wohl nicht verdenken. Ich ließ auch zu, dass du das Gewehr und die Gondel mitnahmst. Ich wusste ja, dass ich beides jederzeit aufspüren konnte.«
    »Das hätte mir klar sein müssen. Damals schien mir alles so einfach zu sein.«
    »Du kannst mir schon so viel Verstand zutrauen, dass ich so etwas nicht dem Zufall überlasse. Und falls das nicht klappte, hatte ich noch eine Möglichkeit, dich wiederzufinden. Das Implantat für das Große Spiel.« Sie hielt inne. »Doch dann bist du mit der Gondel abgestürzt und hast dir das Implantat entfernen lassen. Damit blieb nur noch das Gewehr, und das gab kein klares Signal mehr. Vielleicht wurde es bei dem Unfall beschädigt.«
    »Dann habe ich dich vom Terminal aus angerufen, nachdem ich bei Dominika gewesen war.«
    »Und du hast mir gesagt, wohin du gehen wolltest. Ich wandte mich an Pransky und stellte ihn als Beschatter an. Er ist gut, nicht wahr? An seinen Manieren könnte er zwar noch etwas arbeiten, aber solche Leute bezahlt man nicht für Charme und Diplomatie.« Zebra holte tief Luft und wischte sich das Regenwasser aus den Augenbrauen. Unter der Rußschicht wurde ein Streifen heller Haut sichtbar. »An dich reicht er allerdings nicht heran. Ich habe gesehen, wie du mit den Jägern umgesprungen bist – drei hast du angeschossen, die vierte, eine Frau, hast du entführt. Ich hatte dich die ganze Zeit über im Visier. Ich hätte dir aus einem Kilometer Entfernung das Gehirn aus dem Schädel pusten können, und du hättest nicht einmal ein Jucken gespürt. Aber ich brachte es nicht über mich. Ich konnte dich nicht so mir nichts, dir nichts abknallen. Lieber verriet ich Reivich.«
    »Ich habe gespürt, dass jemand mich beobachtete. Aber ich hätte nie gedacht, dass du es warst.«
    »Und wenn schon, hättest du erraten, dass ich nur einen Lidschlag davon entfernt war, dich zu töten?«
    »Ein Heckenschützengewehr, das auf Lidschlag reagiert? Was kommt denn ein so nettes kleines Mädchen wie du zu einem so hässlichen Ding?«
    »Was jetzt, Tanner?«
    Ich zog die leere Hand aus der Tasche wie ein Taschenspieler, dem sein Trick soeben gründlich missglückt war.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Aber hier draußen ist es ziemlich nass, und ich habe Durst.«

Einunddreißig
    Methusalem hatte sich seit meinem letzten Besuch kaum verändert. Er trieb noch immer wie ein riesiger Eisberg in seinem Becken herum und war nach wie vor von einer kleinen Menschenmenge umringt – die Leute blieben ein paar Minuten stehen und bestaunten ihn wie ein Wunder, bis ihnen klar wurde, dass sie im Grunde nur einen großen alten Fisch vor sich hatten, und dass Methusalem, von seiner

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