Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
riesigen Maschinen: hochofenartige Druckbehälter, verbunden durch ein Netz aus vielfach gewundenen, blanken Rohren, die an Gedärme erinnerten, und überspannt von schmalen Laufstegen. Lange Reihen von gewaltigen Turbinen lagen wie schlafende Dinosaurier in der Finsternis.
    Wir hatten die Cracking-Anlage erreicht.
    Staunend betrachtete ich die stummen Giganten.
    »Offenbar hat gerade niemand Dienst«, bemerkte Zebra.
    »Ist das normal?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Quirrenbach. »Dieser Teil des Systems läuft mehr oder weniger automatisch. Trotzdem bin ich froh, dass wir nicht gerade den einen Tag erwischt haben, an dem jemand hier ist und uns hätte sehen können.«
    Dutzende von Rohren ähnlich dem unseren führten zur Decke, die aus einer einzigen runden Glasplatte mit speichenförmigen Verstrebungen aus schwarzem Metall bestand, und durchbohrten sie. Darüber sah ich nur dichte, rußiggraue Wolken, denn die Cracking-Anlage lag tief im Abgrund und war fast immer vom Nebel verhüllt. Nur wenn der sich kurzzeitig lichtete, aufgerissen wurde von den chaotischen Thermikspiralen, die sich an den Seiten der Spalte empor schraubten, sah ich die mächtigen, schroffen Wände aus Planetengestein aufragen. Weit, weit über uns entdeckte ich antennengleich den Stängel, von wo aus ich mit Sybilline die Nebelspringer beobachtet hatte. Das war erst vor zwei Tagen gewesen, aber mir kam es vor wie eine Ewigkeit.
    Wir waren jetzt tief unter der Stadt.
    Der Inspektionsroboter setzte seine Sturzfahrt fort. Ich hatte gedacht, wir würden auf der Höhe der Cracking-Anlage anhalten, aber Quirrenbach steuerte uns langsam an den Turbinen vorbei und weiter ins Dunkel. Vielleicht hatte die Station noch einen weiteren Raum unterhalb der Höhle, durch die wir eben gekommen waren. Eine Weile klammerte ich mich an diese Vorstellung… doch dann sah ich ein, dass wir dafür schon viel zu weit gefahren waren.
    Die Leitung durchquerte die gesamte Cracking-Station.
    Es ging immer noch tiefer. Mehrmals wechselte das Rohr jäh die Richtung, einmal bog es sich fast bis zur Horizontalen, um dann wieder in die Senkrechte zurückzukehren. Jetzt war es so heiß, dass man Mühe hatte, sich wach zu halten. Mein Mund war so trocken, dass schon der Gedanke an ein Glas kaltes Wasser genügte, um mir Folterqualen zu bereiten. Irgendwie blieb ich dennoch bei Bewusstsein – ich wusste, dass ich meine fünf Sinne beisammen haben musste, wenn der Roboter sein Ziel erreichte.
    Nach weiteren dreißig bis vierzig Minuten sah ich wieder Licht unter mir.
    Diesmal hatte es den Anschein, als wären wir am Ziel der Reise.
 
    »Wir dich auch. Norquinco – sieh nach…« Noch während Sky das sagte, lenkte er den Strahl der Lampe nach oben in den Schacht, den sie heruntergestiegen waren, und sah, dass sich die bisher straff gespannte Leine gelockert hatte und ein wenig durchhing. Sie musste irgendwo weiter oben durchtrennt worden sein.
    »Wir müssen zurück«, sagte Norquinco. »Noch sind wir nicht allzu weit vom Einstieg entfernt – wir können den… hm… den Rückweg noch finden.«
    »Durch einen massiven Rumpf? Die Leine hat sich nicht von selbst gekappt.«
    »Gomez hat ein Schweißgerät im Shuttle. Er kann uns rausschneiden, wenn er weiß, wo wir sind.«
    Sky überlegte. Norquinco hatte natürlich Recht, und jeder normale Mensch hätte in diesem Moment alles getan, um an die Oberfläche zurück zu gelangen. Zum Teil war das auch sein Wunsch, doch eine zweite Stimme war noch stärker, eine Stimme, die wissen wollte, was es mit diesem Schiff – falls es ein Schiff war – denn nun auf sich hatte. Er war jetzt restlos davon überzeugt, dass es sich um ein Alien-Schiff handelte – und damit wäre es der erste Beweis für die Existenz einer Fremdintelligenz, den je ein Mensch entdeckt hatte. Und – auch wenn alle Wahrscheinlichkeit dagegen sprach – es hatte die träge durchs All hinkenden Kähne in den unendlichen Weiten des Raums angepeilt und sich an seine Flottille gehängt. Aber es hatte keinen Kontakt aufgenommen, sondern war ihnen nur Jahrzehnte lang gefolgt.
    Was würden sie im Innern finden? Womöglich wären die Vorräte, die er sich an Bord der Caleuche erhofft hatte – selbst die Reserven an Antimaterie –, nur wertloser Trödel, verglichen mit den Schätzen, die hier lagerten und nur darauf warteten, gehoben zu werden. Das Alien-Schiff hatte sich der Bewegung der Flottille angepasst und flog nun ebenfalls mit acht Prozent Lichtgeschwindigkeit –

Weitere Kostenlose Bücher