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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zu haben, dass er allmählich hoffte, das Rennen gewinnen zu können.
    Wie sehr er sich irrte.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Er hat Recht«, ließ sich Omdurman von der Bagdad vernehmen. Auch seine Stimme klang sehr schwach. »Sie haben Ihre Möglichkeiten erschöpft, Haussmann. Einen weiteren Vorsprung holen Sie nicht heraus.«
    »Eine bleibt mir noch«, sagte ich.
    Ich tippte die entsprechenden Befehle in die Konsole meines Kommandosessels und spürte unterschwellig, wie sich die unsichtbaren Subsysteme des Schiffes meinen Willen fügten. Der Hauptschirm zeigte einen ähnlichen Blick entlang der Säule wie beim Absprengen der sechzehn Ringe mit den toten Schläfern.
    Aber jetzt war alles anders.
    Jetzt bewegten sich die Ringe an allen sechs Seiten entlang der ganzen Säule. Das Ganze hatte noch immer eine gewisse Harmonie – ich war zu sehr Perfektionist, um darauf zu verzichten –, aber es war keine geordnete Formation mehr. Diesmal löste sich jeder zweite Ring von den noch verbliebenen achtzig. Vierzig Ringe entfernten sich von der Säule der Santiago …
    »Lieber Gott«, sagte Armesto, als er begriffen hatte, was da geschah. »Lieber Gott, Haussmann… Nein! Das können Sie nicht tun!«
    »Zu spät«, sagte ich. »Ich bin schon mitten drin.«
    »Das sind lebende Menschen!«
    Ich lächelte. »Jetzt nicht mehr.« Und dann wandte ich mich wieder der Aussicht zu, bevor der glorreiche Moment vorüber war. Es war wunderschön. Auch grausam – das gab ich gerne zu. Aber was wäre die Schönheit ohne ein Fünkchen Grausamkeit im Herzen?
    Nun wusste ich, dass ich siegen würde.
 
    Wir fuhren mit dem Zephyr zum Raumkoloss-Terminal. Der Zug wurde von der gleichen riesigen Drachenlokomotive gezogen, die Quirrenbach und mich vor wenigen Tagen in die Stadt gebracht hatte.
    Mit meinen letzten Geldscheinen kaufte ich mir auf dem Schwarzmarkt eine falsche Identität, einen Namen und eine rudimentäre Kreditgeschichte, die einer Überprüfung gerade so weit standhielt, dass ich den Planeten verlassen und – wenn ich Glück hatte – auf Refugium einreisen konnte. Gekommen war ich als Tanner Mirabel, aber so wagte ich nicht mehr aufzutreten. Normalerweise hätte ich ganz selbstverständlich irgendeinen Namen aus der Luft gegriffen und wäre in die entsprechende Persönlichkeit geschlüpft, aber jetzt zögerte ich aus irgendeinem Grund bei der Wahl meiner neuen Identität.
    Schließlich – der Schwarzhändler verlor schon fast die Geduld – sagte ich: »Nehmen Sie Schuyler Haussmann.«
    Der Name bedeutete ihm so gut wie nichts, selbst der Familienname war ihm keinen Kommentar wert. Ich sagte ihn mir ein paar Mal vor, bis ich ihn so weit im Ohr hatte, dass ich reagieren konnte, sollte er über Lautsprecher ausgerufen oder durch einen voll besetzten Raum geflüstert werden. Anschließend buchten wir Plätze auf dem nächstmöglichen Raumkoloss von Yellowstone ins All.
    »Ich komme natürlich mit«, sagte Quirrenbach. »Wenn Sie Reivich wirklich schützen wollen, kommen Sie nur über mich an ihn heran.«
    »Und wenn ich das gar nicht wirklich will?«
    »Sie meinen, wenn Sie immer noch vorhaben, ihn zu töten?«
    Ich nickte zustimmend. »Das wäre ja immerhin möglich, nicht wahr?«
    Quirrenbach zuckte die Achseln. »Dann tue ich einfach das, was ich von vornherein tun sollte. Ich knalle Sie bei der erstbesten Gelegenheit ab. Natürlich schätze ich die Situation so ein, dass es dazu nicht kommen wird – aber glauben Sie ja nicht, dass ich notfalls zurückscheuen würde.«
    »Das würde ich mir nie erlauben.«
    »Mich brauchst du natürlich auch«, sagte Zebra. »Ich habe ebenfalls Verbindungen zu Reivich, auch wenn ich ihm nie so nahe stand wie Quirrenbach.«
    »Es könnte gefährlich werden, Zebra.«
    »War das der Besuch bei Gideon etwa nicht?«
    »Unbestritten. Und ich will auch nicht leugnen, dass ich für jede Unterstützung dankbar bin.«
    »Dann müssen Sie auch mich mitnehmen«, sagte Chanterelle. »Immerhin bin ich von allen hier die Einzige, die wirklich weiß, wie man jemanden zur Strecke bringt.«
    »Ihre waidmännischen Fähigkeiten in allen Ehren«, sagte ich. »Aber hier geht es nicht um eine Jagd. Wie ich Tanner kenne – und ich kenne ihn vielleicht nicht weniger gut als er sich selbst –, wird er sich an keinerlei Regeln halten.«
    »Dann müssen wir eben unfair spielen, bevor er es tut.«
    Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit konnte ich mehr oder weniger von Herzen lachen.
    »Wir werden uns den

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