Cheffe versenken (German Edition)
rechtzeitig abgebe?«
»HÄ?«
Edith wollte lieber arbeiten als genesen? Dazu fiel selbst mir nichts mehr ein.
»Ich habe die Krankmeldung abgelehnt und mich auf eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus entlassen. Die haben da absolut keine Ahnung, was es bedeutet, wenn der Hamburg-Band nicht rechtzeitig in den Druck geht. Alles Weitere erzähle ich dir morgen im Büro. Ich werde mich jetzt noch etwas hinlegen.«
Klick. Edith legte auf, und ich saß mit offenem Mund an meinem Schreibtisch.
Trotz des schönen Wetters war das YoFit gut besucht.
Als ich die schwere Holzeingangstür öffnete, betrat ich das Tor zum Trixihimmel. Laute Musik und fröhliche Menschen. Hier tobte das bunte, unbeschwerte Fitnessleben. Trixi’s back in the house. Ich hatte das Gefühl, seit einer Ewigkeit nicht hier gewesen zu sein, und genoss den vertrauten Duftmix aus Schweiß, Gummimatten und Duschgel.
»Hi, Trixi. Lange nicht gesehen«, begrüßte mich Ulf, der immer gutgelaunte Chef. »Warst du krank oder im Urlaub?«
»Ich musste unheimlich viel arbeiten.«
»Du?«
Ulf hielt kurz inne. Glaubte er mir etwa nicht?
»Ja, was denkst du de–«
»War nur ein Scherz«, würgte Ulf mich lächelnd ab. »Du hast Glück. Dein Lieblingsschrank ist noch frei. Wie immer Nr. 179. Viel Spaß!«
Grinsend wippte ich zur Umkleide. Mit einem lockeren »Hallo, Mädels« begrüßte ich die anderen Sportkolleginnen und bekam sogleich ein mannigfaltiges »Hallo, Trixi«-Echo zurück.
Man hätte meinen können, die gute Laune in diesem Studio sei eine aufgesetzte Voraussetzung, um hier trainieren zu dürfen. Aber so war es nicht. Die Leute in meinem Kurs bekamen alle eine natürliche gute Laune, sobald sie das Studio betraten.
Hier war ich zu Hause. Ich wuchtete meine schwere Sporttasche auf die Bank und kramte meine Klamotten heraus.
Neben mir thronte Steffi, die ungekrönte Fitnessqueen. Wie ein längst ausgestorbenes Relikt aus vergangenen Zeiten beherrschte Steffi mit ihrem original Achtziger-Jahre-Outfit das Studio. Sie trug eine blondierte Vokuhila-Frisur, die sie unnötigerweise mit einem neonfarbenen Stirnband fixierte. Die weißblond gebleichten Haare waren zu keinem natürlichen Fall mehr in der Lage. Dazu zog sie sich ein plustriges T-Shirt über das bunte Köpfchen. Der Ausschnitt hatte den Durchmesser eines Hula-Hoop-Reifens, so dass ihr Shirt ständig verrutschte und wenigstens eine Schulter neckisch freilegte. Ich bewunderte ihren Mut in Modedingen.
Langsam begann ich mich zu verwandeln. Wenn ich meinen Sportdress anzog und die schwarzen Boxhandschuhe überstreifte, erwachte Trixi die Kampfmaschine zu neuem Leben.
Ich schnappte mir Handtuch und Trinkflasche und freute mich wie ein Kind auf die Trainingsstunde. Für den Fall, dass sich in dieser Stunde doch noch ein winziges Problem einschleichen sollte, würde ich es in Stücke schlagen.
Der Kursraum war überfüllt. Normalerweise störte mich zu großes Gedränge. Meine langen Arme und Beine verlangten nach ausreichend Platz. Da ich im Eifer des sportlichen Gefechts nicht zu bremsen war, musste ich höllisch aufpassen, keine Mitkämpfer zu treffen.
Heute war mir Enge allerdings egal, Hauptsache laute Beats und dann nur noch treten und boxen, was die TrixiKondition hergab.
Pünktlich erschien Resi, die Trainerin. Ein kleines, drahtiges Sportknäuel. Warum war ich eigentlich nicht Fitnesstrainerin geworden?
Ich strahlte sie an und konnte es kaum erwarten, die ersten Takte zu hören. Wie ein Champion boxte ich ungeduldig in der Luft herum und tänzelte mich warm.
Resi warf die Anlage und meinen Adrenalinmotor an.
Leichte Schläge, ein bisschen hin und her springen, während des ersten Liedes fühlte ich mich leicht und befreit. Im wandgroßen Spiegel vor mir sah ich mich grinsen und hopsen. Mein blonder Zopf schwang von einer Seite zur anderen, und ich war wieder die Alte.
Leider hielt dieses Hochgefühl nicht lange an.
Bereits beim zweiten Lied fühlte ich eine seltsame Schwere in meinen Muskeln. Ich hatte viel zu lange pausiert. Die Schläge fielen mir schwerer als sonst. Normalerweise liebte ich es, Haken auszuteilen und mit voller Wucht in alle vier Richtungen zu treten.
Ohne Pause folgte das dritte Lied. Puh, nicht schlecht. Meine Mitkämpfer schienen noch keine Ermüdungserscheinungen zu haben. Kein Wunder, die mussten ja auch nicht wie Sklaven in einem staubigen Verlag schuften.
Als wenn dieser Gedanke das passende Stichwort gewesen wäre, wurde die Tür
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