Cherryblossom 2 - Nymphenherz (German Edition)
Drohung, aber sie wich plötzlich einem großväterlichen Wohlwollen.
Da war er wieder , der normale ältere Herr, der mich an den Weihnachtsmann aus dem Londoner Einkaufszentrum erinnerte.
Einige Stunden später, nach der offiziellen Verkündung des weiteren Ablaufs dieser Zeitwandler- und Hexerparty, wurde ich in das Büro meines Vaters gerufen. Meine Freude darüber, während ich die mit rotem Teppich ausgelegten Stufen der Treppe herunterhuschte, konnte ich kaum unterdrücken.
Ich klopfte an und trat , ohne auf ein Zeichen zu warten, in sein riesiges Büro. Es war kalt hier drin. Das Fenster war sperrangelweit geöffnet und der Novemberwind wehte die hellen Vorhänge in den Raum hinein und ließ sie rauschen.
Mein Vater war nicht da.
Schnell schloss ich die schwere Tür hinter mir und setzte mich vor dem wuchtigen alten Schreibtisch auf den Stuhl, auf dem ich kurz nach meiner Ankunft schon gesessen hatte, als man mir schonungslos meine Lage erläutert hatte. Nämlich, dass ich nicht umhinkam, Ben zu heiraten und Lennox aus meinem Leben zu verbannen.
Ruhelos ließ ich meine Beine unter dem Tisch zappeln und setzte einen Fuß wippend unter den Stuhl. Eine Gänsehaut jagte über meine Arme. Warum war das Fenster hier drin auf? Es war doch sonst immer verschlossen und dieser Raum immer irgendwie sorgfältig bewacht?
M eine Beine verharrten in der Bewegung. Etwas Kaltes berührte mich an meinem Unterschenkel und fuhr ihn herauf. Mein Atem stockte. Ohne mich zu rühren, sah ich nach unten. Im Halbdunkel hockte einer der Gnome von vorhin. Seine Hände, die über meine Haut fuhren, zitterten.
Mit einem Ruck stand ich auf, der Stuhl schob sich krachend über den Holzboden und fiel polternd zu Boden. Der Gnom jagte unter dem Tisch hervor , sah von einer Ecke in die andere, von mir zum Fenster und wieder zurück. Sein bleiches Gesicht, aus dem mich entsetzte Augen anglotzten, wirkte zum Zerreißen gespannt.
Ein Fauchen, wie von einem Tier , entwich mir. Ich wusste nicht, ob ich mich mehr über mich oder über das Wesen vor mir erschrak. Der Gnom legte einen Finger auf seine Lippen, sah für eine Sekunde flehend aus. Diese Geste wich einem listigen Ausdruck und einem berechnenden Lächeln.
»Du bist so gut wie tot«, zischte er mir so leise zu, dass ich mir nicht sicher war, ob er das wirklich gesagt hatte.
Ich runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
Mit einem enormen Satz, de n ich dem hageren Zwerg gar nicht zugetraut hätte, sprang er aus dem Fenster und verschwand aus meinem Sichtfeld. »Was zum Geier …«
Hinter mir schwang die Tür auf.
Ich schrie, wirbelte herum … und sah in das undurchdringliche Gesicht meines Vaters.
Ich fuchtelte wild mit den Armen. »Das Ding! Das hockte unter dem Tisch und …« Meine Stimme überschlug sich. Mein Vater ging eilig zum Fenster, schloss es mit einem lauten Knall und warf mir einen intensiven Blick aus seinen stahlblauen Augen zu.
»Er ist abgehauen, ich weiß nicht was er hier …«
Dad schnellte auf mich zu und verschloss mir den Mund flüchtig mit seiner Hand, bevor er sich mir gegenüber auf seinen Stuhl setzte. Sein junges Gesicht wirkte alt, erschöpft.
»Setz dich , Hanna«, flüsterte er eindringlich, seine Miene verschlossen.
Ich rückte mir den umgekippten Stuhl umständlich zurecht und ließ mich darauf fallen. »Was zum Teufel …«
Wieder unterbrach er mich, sah sich in seinem Zimmer um, als befürchte er, dass jemand mithört e. Ich blieb stumm.
»Hanna, vieles im Leben kommt einer Probe gleich. Wir alle stellen uns diesen Dingen und manchmal ist es besser , erst einmal mit Ruhe abzuwarten und zu analysieren, als zu sprechen.« Er schwieg und ließ mir einen Moment zum Nachdenken.
Ich da chte an die seltsame Atmosphäre, die vorhin im Salon entstanden war, als mein vorlautes Mundwerk die Oberhand gewonnen hatte. »Ich hätte diesen Zeitwandler diese Dinge nicht fragen sollen, ich weiß. Es tut mir leid. Aber …«
Wieder unterbrach er mich. Langsam gewöhnte ich mich an dieses Spiel von angefangenen Sätzen, nicht vollendeten Fragen und Zurechtweisungen.
»Dieses Ratsmitglied ist eines der Ältesten unserer Zeit. Santa Abel Claas von Wolf ist ein Wesen der … besonderen Art.«
Wieder hatte ich das Gefühl, als würde er sich beobachtet fühlen.
»Ich freue mich sehr, dass er es doch einrichten konnte, dieser Zeremonie hier beizuwohnen. Es ist eine Ehre, Hanna.«
Mir lag eine sarkastische Bemerkung auf der Zunge und ich schluckte sie
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