Cherryblossom 2 - Nymphenherz (German Edition)
undeutlich.
»Entschuldige?!«
Er griff meine Hände und setzte sich neben mich auf die Matratze. Aufgeregt sprach er weiter. »Also doch eine Formel. Wo hast du sie her?«
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Es gibt da ein Buch. Ich habe es gefunden.«
»In der Bibliothek? Ich wusste gar nicht, dass solch ein Exemplar über Elementbeherrschung hier existiert.«
»Ich dachte, Hexen können Elemente nicht beherrschen?« Dann blieb ich stumm, was ihm ein Schnauben entlockte.
»Es ist nicht aus der Bibliothek, habe ich recht?«
»Ok, es gibt ein Buch von Valerie. Vielleicht hat es meiner Mutter gehört. Es war versteckt in ihrem Bild.« Jetzt war es raus.
»Warum hast du es mir nicht erzählt?«
Ich zog einen Schmollmund . »Warum wohl?«
»Du hast gedacht, ich erzähle es deinem Vater und der nimmt es dir ab? «
Ein kurzes Nicken, das ich sofort bereute, als ich seinen Gesichtsausdruck hinter den noch anhaltenden Blitzen vor meinen Augen erhaschte.
»So viel zum Thema Vertrauen«, flüsterte er und pres ste seine Lippen fest zusammen.
»Versteh mich nicht falsch, Ben. Wir stehen hier alle ziemlich unter Druck. Jeder steckt doch irgendwo in einer Loyalitäts-Zwickmühle, oder?« Ich legte mich rücklings auf mein Bett, resigniert.
Ben schwieg eine gefühlte Ewigkeit, bevor er wieder etwas sagte. »Hanna, wir sollten versuchen wenigstens einander zu vertrauen. Gerade jetzt …«
Ein Stich traf mich im Herzen. Er hatte ja recht.
»Es tut mir wirklich leid. Ich versuche mich zu bessern.« Ich verstummte, während sich Ben neben mich schob und nun ganz dicht an mir dran lag. »Es ist alles so viel. Und unheimlich. Mein Vater ist irgendwie durch den Wind, und obwohl er wirkt, als wäre er total neben sich, bekommt er Damenbesuch und dann …«
»Damen besuch?«, wiederholte Ben nachdenklich. »Ach, du meinst die Kokotte?«
» Die was?« Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und konnte seinen Atem an meinem Haaransatz fühlen.
»Eine Kokotte. Ein Freudenmädchen.«
Ich schnappte empört nach Luft. »Hat der denn gerade nichts Besseres zu tun, als …«, ich suchte nach einem netten Wort »…sich zu vergnügen? Ich meine, geht’s noch?«
Seine Hand strich mir eine ve rirrte Strähne hinter mein Ohr. »Es geht um Energie, Hanna.«
Ich wollte gerade weiter schimpfen , verstummte und ließ die angestaute Luft geräuschvoll aus meinen Lungen entweichen. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Mein Gott, wie vernagelt ich sein konnte. Natürlich, er brauchte auch dann und wann neue Kraft. Ob diese Frau wusste, worauf sie sich hier eingelassen hatte?
»Ok, aber die ganzen andere Dinge. Die Anschläge, die Hochzeit , die so wichtig in diesem Spiel zu sein scheint, der Weihnachtsmann …«
Bens Augen wurden groß und ein irritiertes Lächeln zuckte in seinem Mundwinkel. »Du hast ihn erkannt?«
Ich verschluckte mich fast. »Erkannt? Wen?« Ich dachte wieder an das Gefühl, das ich hatte, als der alte Zeitwandler mir gegenüberstand. Diese Mischung aus Aufregung und Furcht. An die Verwirrung, die er verursacht hatte.
»Du meinst … ?«
Ben nickte. »Du weißt, alles hat einen wahren Kern. Fabeln, Märchen, Legenden. Nur, das s die Wahrheiten um einiges übler sein können.«
Mir blieb der Mund offenstehen. »Wie meinst du das?«
Sein Blick verdunkelte sich und hing in der Ferne. »Santa Abel Claas von Wolf existiert beinahe seit Anbeginn der Zeit. Er ist einer der mächtigsten Zeitwandler-Dämonen und hat absonderliche Kräfte. Er kann artige von ungehorsamen Kindern unterscheiden. Diese Fähigkeit scheint er aber nicht nur bei Menschenkindern nutzen zu können, sondern bei allen Wesen. Es heißt, er entführt die ungehorsamen Mädchen und Jungen und nährt sich an ihnen. Sie werden zu seinen Geschöpfen und begleiten ihn so lange, wie er es wünscht. Bis er sie vernichtet.«
Ich dachte an den Gnom, an den Märzhasen, an den Staub. »Der Weihnachtsmann tötet unartige Kinder? Und was macht er mit den guten Kindern?«, hörte ich mich fragen.
»Gar nichts. Zu anderen Zeiten bereitete es ihm eine pure Freude, die Kinder mit Geschenken zu locken, sie zu verführen, die schlechten Seiten in ihnen zum Vorschein zu bringen. Und hatte er Erfolg, ließ er sie des Nachts aus den Häusern der Eltern entführen. Anstelle des Kindes, das er stahl, ließ er ein Spielzeug auf dem Bett zurück. Er raubte den Sprösslingen Energie und wandelte sie zu den Wesen, die er heute auch an seiner Seite hatte.
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