Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
Vom Netzwerk:
würde es gehen.
    Hanna drängte sich fest an Lennox. Sie sah aus, als würde sie sich nie wieder von ihm lösen wollen, auch nicht, als die Bahn einfuhr und sie einsteigen mussten – sie hielt seine Hand fest umklammert. Ein Stich durchfuhr Ben und er rückte ein wenig von der Gruppe ab. In der Bahn ließen sie sich erschöpft auf die Sitze fallen. Alles an ihnen roch streng nach Rauch und Furcht. Das Abteil war glücklicherweise nicht sonderlich voll. Stumm blickte das fremde Mädchen aus dem Fenster in das dunkle Nichts des Bahntunnels. Traurigkeit huschte über ihre Augen, sie wirkte verloren.
    »Kann sie nicht sprechen?«, fragte Hanna vorsichtig. »Sie ist entmächtigt worden, das siehst du an dem roten Halbmond auf ihrer Stirn. Wir glauben, sie kann nicht sprechen, wissen auch nicht, an was sie sich noch alles vor der Entmächtigung erinnern kann. Sie ist nur ein Schatten ihrer selbst«, flüsterte Lennox ihr traurig zu. »Wir haben sie im Keller dieser Bar gefunden, als wir geflohen sind. Das ist die Handschrift eines Tricksters gewesen, wenn ihr mich fragt.«
    Ben saß gegenüber des Mädchens, musterte es, verzog sein Gesicht und sah kurz zu Lennox. »Es könnte sein, dass der Trickster sie da unten gehalten hat wie ein Tier und sich an ihrer menschlichen Energie bedient hat, wenn er wollte. Aber wo hat er sie her? Das ist doch die Frage. Er wird wohl kaum die Entmächtigung selbst vollzogen haben, ohne Artefakte.« Lennox’ Blick ging nachdenklich ins Leere. »Wo ist der Trickster, wird er uns folgen?« Hanna unterdrückte ein Zittern und rang ihre Hände.
    »Der wird nirgendwo mehr hingehen«, spie Ben hasserfüllt hervor. Das Mädchen sah sie alle an und lächelte schüchtern. »Wir werden sie mitnehmen, vorerst jedenfalls.« Lennox’ Haltung ließ keinen Einwand zu.
    »Na toll, und da waren sie zu fünft. Wir könnten ja noch einen Aushang machen, ob vielleicht noch irgendjemand Lust hat, auf eine Reise zu gehen. Irgendein Klotz am Bein wird sich bestimmt noch finden«, zeterte Olivia entrüstet.
    Stille kehrte ein. Die Menschen, die an ihnen zum Aussteigen vorüberströmten, warfen ihnen argwöhnische Blicke zu. Ben versuchte, sie zu ignorieren. Hanna schmiegte ihren Kopf an Lennox’ Schulter, der die Nähe zu ihr offensichtlich genoss. Ben irritierte es, Lennox so emotional zu erleben. War es möglich, dass er ernsthafte Gefühle für Hanna hegte? Hanna … i n Gedanken wiederholte er ihren Namen immer wieder, er hallte in ihm nach. Er beobachtete sie, wie sie ihre eine helle Locke hinter ihr rechtes kleines Ohr strich, ihre schönen großen Augen schloss und sich wieder an Lennox schmiegte. Entspannt ruhte ihr kleines ebenmäßiges Puppengesicht an seiner Schulter. Ihre langen Wimpern zuckten einmal kurz, bevor sich ihre Lider wieder beruhigten und sie ganz still dalag. Auch wenn sie an Lennox’ Schulter lehnte und nicht an seiner, war er froh, dass es ihr gut ging und sie diesen Zwischenfall gesund überstanden hatte, sie lebte und nicht so zerstört war wie dieses fremde Mädchen, das aus dem Fenster starrte, als gäbe es dort in der Dunkelheit des Tunnels etwas zu entdecken. Aber wer wusste schon, was sie dort sah und wie entrückt ihr Geist tatsächlich war?
    Lennox streichelte über Hannas Arm. Sie seufzte leise auf. Ben fragte sich, ob es Lennox bewusst war, wie gefährlich er für Hanna sein konnte. Seit dem stummen Mädchen war ihm bewusst, dass Lennox’ Dämon eine ähnliche Zerstörungskraft entwickeln konnte, wenn er Hannas menschlichem Geist zu nahe kam – zumindest, bis sie stark genug war.
    Kälte breitete sich in Ben aus, während Lennox seinen Kopf an Hannas legte und die Augen schloss.
     
    Am Berliner Hauptbahnhof angekommen, kaufte Lennox Tickets nach Hamburg, wo sie erst spät am Abend ankommen würden. Sie alle teilten sich ein Abteil. Die Stimmung war bedrückt.
    Hanna und Ben schliefen schon bald ein. Lennox beobachtete Hannas friedliches Gesicht. Ihre vollen Lippen, die leicht geöffnet waren, verschlugen ihm den Atem. Er wandte sich hastig ab und sah aus dem Fenster, verfolgte, wie die Bäume an ihm vorbeiflogen, Wiesen und Felder sich abwechselten. Tief versunken in das Glutrot der Sonne, die hinter den Wolken versank, dachte er über die Situation nach. Es nagte an seiner Seele, dass er Hanna letzte Nacht gefährdet hatte. Er verzehrte sich verzweifelt nach diesem Mädchen. Um sie zu schützen war er fest entschlossen, einen gewissen Abstand zu ihr zu wahren. Ihm war

Weitere Kostenlose Bücher