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Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
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Ben! Hast du gut geschlafen? Ich auch. Freust du dich schon auf die Bootsfahrt?« Er stimmte in meinen Versuch, unverfängliche Konversation zu treiben, herzlich lachend mit ein.
     
    Als wir die Fähre betraten – mit Lennox und Olive, die das Mädchen hinter sich herzogen – kam ein ordentlicher Sturm auf, der die Fahnen an den Masten laut im Wind flattern ließ. Die Überfahrt sollte eigentlich nicht länger als zwei Stunden dauern, was sich bei zu viel starkem Seegang allerdings rasch ändern konnte. Wir machten uns auf in das Innere des Schiffes, um uns angenehme Plätze zu sichern. Fast alle Passagiere waren im Unterdeck, der Seegang nach Ablegen war nicht zu verachten. Das Schiff hob und senkte sich deutlich. Einige Leute sahen schon ziemlich grün im Gesicht aus und hielten sich lustige Tüten vor den Kopf. Mir drehte sich auch schon langsam der Magen um und ich versuchte, an schöne Dinge zu denken. Dem stummen Mädchen, so hieß es für mich immer noch, wenngleich sie ja nicht wirklich stumm war, sie sprach nur nicht, ging es auch nicht sonderlich gut. Sie starrte mit entsetzten Augen umher. Anfangs wollte sie das Schiff gar nicht erst betreten und hatte allem Anschein nach wahnsinnige Angst vor dem Wasser. Ben hatte sie aufs Schiff getragen, während sie die Augen fest zusammenkniff, was uns letztendlich wieder viele argwöhnische Blicke der anderen Passagiere einbrachte. Mit festem Griff klammerte sie sich nun wieder an Lennox, der angestrengt aus einem der Bullaugen sah. Olive überredete mich, uns ein wenig die Beine zu vertreten. Wir schlichen zwischen den Sitzreihen auf und ab.
    »Ich muss dir was erzählen«, raunte sie mir verschwörerisch zu. Ihre Mandelaugen leuchteten und sie zog mich auf eine der Sitzbänke. »Ihr wart schon weg, du und Ben. Ich war ja noch im Bad und als ich rauskam ... du wirst es nicht glauben ...« Sie sprühten vor Sensationslust und ich verspannte mich unwillkürlich auf meinem Sitz. Sie hatte meine volle Aufmerksamkeit. »Also, ich sehe um die Ecke und sehe Lennox, wie er unserem Quälgeist da hinten eine Flasche Wasser zu trinken in die Hand drückt. Ich wollte gerade zu ihnen ins Zimmer gehen, als ich innehalten musste.« Sie hob die Augenbrauen und machte eine erhabene Pause. »Mach’s nicht so spannend, Olivia! Was willst du mir sagen?« Nüchtern sah ich sie an. »Das Mädchen stellt sich vor Lennox, schiebt die Träger ihres Kleides herunter … und …« Jetzt blieb mir die Spucke weg und ich blinzelte nervös. »Und was , Olivia?«, zischte ich ihr ungehalten entgegen.
    »Ich wusste, dass dich das interessiert.« Sie grinste und ich trat ihr sacht, aber bestimmt vors Schienbein. »Schon gut, schon gut. Lennox starrte sie an und rührte sich erst nicht. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, aber er zögerte und schob ihr dann die Träger wieder hoch. Sie sah ihn völlig verdutzt an und umarmte ihn dann stürmisch. Anschließend zog sie sich weiter an.« Mir stand der Mund offen. In mir tobten verschiedenste Gefühle. Zum einen Mitleid mit diesem Mädchen und zum anderen ein wenig Eifersucht.
    »Warum erzählst du mir das?«
    »Bist du etwa eifersüchtig?« Ich hasste es, das sie mitbekam, wie ich mich abmühte, diese dumme irrationale Eifersucht abzuschütteln. Ich hatte nicht übel Lust, Olivia aus dieser Welt ins Jenseits zu befördern . Ich stand auf und ballte meine Hände zu Fäusten. »Denk nicht mal dran, Hanna, ich wollte dich nur wissen lassen, dass die Kleine deinen Lennox ziemlich mag.« Ihre Augen blitzten zugleich angriffslustig und erheitert .
    »Nein, du wolltest einfach nur mal wieder zu deiner eigenen Belustigung Gift versprühen und mich kirre machen.« Entspannt lehnte sie sich zurück und lächelte mich unschuldig an. »Sei nicht so empfindlich, Hanna. Wir vergiften uns doch alle gegenseitig mit irgendwas, jeder auf seine Weise – oder etwa nicht?«
    Jetzt war mir richtig schlecht. Ich stand auf und ging, immer weiter, rauf aufs Deck. Es war keine Menschenseele hier draußen. Leichter Sprühregen hatte eingesetzt, der vom peitschenden Wind wild umhergetragen wurde. Angespannt hielt ich mein überhitztes Gesicht in den Regen und versuchte, meine Zweifel an Lennox unter Kontrolle zu bringen. Hatte er vielleicht wirklich über die Versuchung nachgedacht? Warum hatte er gezögert? Das Mädchen hatte anscheinend in der letzten Zeit, an die sie sich erinnert, gelernt, dass sie bezahlen musste, für ihre Nahrung und Unterkunft, in einer

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