Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Weise, die mir Ekel durch meine Eingeweide jagte.
Und Lennox? Er hatte immer noch kein Wort mit mir geredet. Ich war wütend. Er saß jetzt wieder bei diesem Mädchen und ließ sich die Hand halten.
Noch hinzu kam, dass ich hungrig wurde, entsetzlicherweise nach Energie. Meine Hände fingen immer wieder an zu kribbeln und schmerzten. Leise fluchte ich vor mich hin und biss mir auf die Zunge. Hier waren viele Menschen, aber ich wusste weder, wie ich es anstellen sollte, jemanden zu bestehlen, noch wollte ich es. Ich sah durch ein Fenster ein junges Mädchen, das hinaus aufs Wasser sah. Verträumt drückte sie ihre Stirn gegen die Scheibe, nahm mich gar nicht wahr. Unwillkürlich befeuchtete ich meine Lippen, fühlte mich ertappt und versuchte, an etwas anderes zu denken. Überall sah ich die glänzende Lebensenergie der Menschen, wie sie mir nie zuvor aufgefallen war. Sie setzte sich farbig ab, wie eine leichte schimmernde Aura, ähnlich wie die der Zeitwandler, nur weicher und immer präsent in verschiedenen Farben des Regenbogens. Jeden Menschen umgab sie, sprühend und frisch.
Ich fluchte abermals vor mich hin, als ich eine Hand an meiner Schulter spürte und zurückfuhr. Ben lächelte mir verhalten entgegen. Unmut flammte in mir auf. Hätte Lennox nicht nach mir suchen sollen?
»Hey, was machst du hier in diesem Scheißwetter?« Fragend sah er mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und vergrub seine Hände in den Hosentaschen.
» Was ist eigentlich los mit euch? Kann man nicht einmal kurz alleine sein!? «, schrie ich ihm entgegen. Mit Verblüffung über meinen Ausbruch trat er einen Schritt zurück.
»Die anderen meinten, du solltest nicht alleine sein. Zu gefährlich. Hier sind zwar sonst keine Zeitwandler oder ähnliches, aber man weiß ja nie«, grinste er und hob beschwichtigend die Arme.
Stumm starrte ich auf meine sich ringenden Hände. Ich spürte seine Ungeduld, als er seine Hand an mein Kinn legte und meinen Kopf anhob, um in meinem Gesicht zu forschen. Seine dichten braunen Haare kräuselten sich in dem Sprühregen bereits zu Locken. »Was ist los, Hanna?«
Er sprach meinen Namen mit so viel Zärtlichkeit aus, dass ich das Gefühl hatte, ich könnte ihm alles sagen und ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn so angebrüllt hatte. Ich versuchte, den Hunger aus meinem Kopf zu verbannen und rieb abermals meine Hände. Er analysierte mich und kam zu dem richtigen Ergebnis.
»Du bist hungrig.« Es war eine klare Feststellung, ich nickte verhalten und starrte aufgewühlt auf die tobende See vor mir . »Warum beraubst du nicht jemanden? Es müsste leicht sein.« Ich schüttelte eilig den Kopf.
»Wie kann es denn überhaupt schon wieder sein? Ich hatte doch vor ein paar Tagen erst von deiner Energie …?« Ich wusste nicht weiter.
»Du hast nicht viel von mir bekommen. Außerdem hängt es auch von der Geschwindigkeit ab, in der du und dein Dämon sich entwickeln.« Ich sah zu den Menschen hinter dem Fenster. » Ich kann das nicht … ich weiß nicht wie und …« Hilflos zuckte ich die Achseln. »Kann ich nicht dich … ich meine … schon gut.« Verzweifelt schluckte ich und schämte mich für meine Schwäche. Er lächelte mich milde an und strich mir eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Du musst es irgendwann lernen und es tun. Es gehört zu dir, du brauchst es, wie der Mensch den Sauerstoff .« Stumm nickend starrte ich weiter aufs Meer, knetete abwesend meine Hände.
»Aber für jetzt … könntest du Energie von mir bekommen.« In seine Stimme mischte sich ein Unterton, der mich aufhorchen ließ und ich sah zu ihm auf. Intensiv musterte er mich, während ich den Hunger eindringlich an mir nagen spürte.
»Aber ich will etwas dafür.« Mir schoss ein Satz durch den Kopf, den Olivia damals sagte: Niemand stiehlt von Ben, wenn er nicht etwas als Gegenleistung bekommt . In meinem Hals setzte sich ein Kloß fest . »Was willst du?«, fragte ich leise.
»Einen Kuss.« Er sah mich ernst an und nahm meine Hand in seine, strich sacht darüber . In mir begann sich Nebel auszubreiten und meinen Geist einzuhüllen.
»Du stiehlst doch sowieso durch einen Kuss, habe ich gehört«, flüsterte er mir gleichgültig entgegen. »Oder durch eine Berührung«, wisperte ich zurück. Ich sah auf, Ben schüttelte sacht seinen Kopf, ohne den Blick von meinen Augen abzuwenden, und ich wand mich innerlich vor Qual. Ich wollte seine Energie, ich wollte sogar seinen Kuss, und das sollte ich nun wirklich
Weitere Kostenlose Bücher