Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
durchsuchte laut die Schränke.
»War’s das jetzt schon?« Ich sah fassungslos in die übriggebliebene Runde. »Würde mir vielleicht mal jemand erzählen, weshalb in dem Kleiderschrank, neben dem ich geschlafen habe, ein Dutzend Knochen und Schädel herumliegen? Werde ich in Zukunft auch so was oder andere skurrile Dinge in meiner Bude rumliegen haben?«
Langsam kam meine Gereiztheit zurück. Man erzählte mir nur, was ich tun sollte, hielt es aber nicht für notwendig, mir die Dinge zu erklären, die damit in Verbindung standen. Ich fühlte mich wie ein Kind, dem man nur das Nötigste anvertraute. Aber vielleicht war ich das für sie auch? Allerdings fand ich, dass sie sich auch nicht immer wirklich reif verhielten. Das könnte natürlich an den mir schon erklärten sozialen Inkompetenzen der Zeitwandler liegen.
Lennox beeilte sich, meinen Aufruhr zu entschärfen. »Nein, du wirst keine skurrilen Dinge brauchen. Der Hexer, der hier wohnt, ist …«, er sah angestrengt durch mich hindurch, nach den richtigen Worten suchend.
»Er ist kein sehr … angenehmer Zeitgenosse«, ergänzte Ben ernst. Lennox verdrehte die Augen und warf ihm einen feindseligen Blick zu, den Ben mit einem süffisanten Grinsen erwiderte.
»Dieser Whitkamp ist ein schwarzer Hexer. Deshalb die Knochen von Opfern, sie verleihen ihm mehr Energie und dadurch mehr Macht. Im Keller haben wir einen Gang gefunden, der in einen Altarraum führt. Dort sind sicher sehr, sehr unschöne Dinge geschehen.« Begriffsstutzig sah ich von einem zum anderen und versuchte zu enträtseln, was mein Verstand nicht wahrhaben wollte. »Ihr meint, er hat Menschen geopfert, da unten in dem Keller.« Meine Stimme hörte sich leicht schrill an in meinen Ohren und Lennox legte den Kopf schräg und nickte bestätigend. »Mein Gott«, stieß ich aus.
»Gott gibt es in diesem Haus nicht«, entgegnete Olive überheblich in meine Richtung und kramte laut in den Schränken. »Und was es hier auch nicht gibt, ist etwas Anständiges zu essen, zumindest nichts Frisches. Ich könnte mal ein paar Proteine gebrauchen.«
Sie zog einen Schmollmund und steckte sich ihre Haare zu einem Knoten hoch.
»Im Keller gab es doch eine Gefriertruhe, vielleicht sollte mal jemand schauen, ob es dort etwas Brauchbares gibt.« Sie sah die Jungs an, die sich aber keinen Millimeter bequemten und ihren Blick weiter auf mich richteten wie eine hypnotisierende Schlange. Ich biss die Zähne zusammen und schob den Stuhl zurück.
»Was machst du?« Lennox sah auf, als ich mich von seiner Hand befreite. »Ich muss kurz alleine sein und ich gehe in die Gefriertruhe schauen.« Angestrengt versuchte ich, die beiden anzulächeln und entkam durch die Tür in den Flur. Ich atmete einmal durch und ging zur Treppe. Sie führte steil und dunkel hinab. Kurzentschlossen machte ich auf dem Absatz kehrt und beschloss, Louisa mit nach unten zu nehmen. Vier Augen sehen mehr als zwei.
Louisa kam sofort mit, als ich ihr lächelnd zuwinkte. Sie lief bereitwillig hinter mir her und ich war dankbar, nicht allein in den Keller zu müssen. Ich hatte Angst vor Kellern oder Dunkelheit, aber war bestrebt, mich meiner Furcht zu stellen. Wir stiegen die knarrende Treppe hinab, Louisa dicht hinter mir. Unten drückte ich einen Schalter und Licht flackerte zuerst unbeständig, dann aber doch zuverlässig auf. Es war furchtbar schmutzig hier unten. Zur weiteren Orientierung drehte ich mich einmal um die eigene Achse.
»Siehst du hier irgendwo eine Gefriertruhe?«, fragte ich in die Stille hinein. Meine Stimme wurde von den Wänden fast geschluckt, was mich erschauern ließ. Wenn ich schreien würde, würde man es oben hören?
Louisa zog mich am Ärmel in eine Ecke auf der rechten Seite. Dort stand sie, die Truhe. Ich zog an dem Metallbügel, um sie zu öffnen – nichts. Es klemmte oder war zu vereist. Louisa fasste mit an und stöhnte unter der Anstrengung auf, als der Deckel viel zu ruckartig nach oben flog. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte ächzend nach hinten. Es war einfach zu blöd, wie konnte man nur so tollpatschig sein! Still lachte ich in mich hinein, hob meinen Blick zu Louisa und erwartete ihr Lächeln. Sie stand stocksteif vor der Truhe, den Deckel noch erhoben . Ihr Mienenspiel wechselte von überrascht zu angewidert . Hatte sie irgendwas entdeckt, was sie nicht leiden konnte? War die Truhe randvoll mit Spinat gefüllt? Da konnte ich mir was Schlimmeres vorstellen. Ich dachte, sie mochte Gemüse. Sie aß
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