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Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
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    »Bedauerlicherweise ist das unser Herr Whitkamp. Wir haben ihn mit vereinten Kräften kurzzeitig aus der Truhe befreit. Er hatte eine Geldbörse in der Hosentasche und sein Ausweisbild weist eine nicht zu leugnende Ähnlichkeit mit seinem Gesicht auf ... wenn man von der ungesunden Gesichtsfarbe und der Blaufärbung absieht.« Er zog eine Grimasse und stützte mich. Ich zwang die Übelkeit zurück, denn ich hatte definitiv keine Lust mehr zu kotzen. »Man Lennox, echt! Wie kannst du so ruhig bleiben!?« Mir war schummrig.
    »Bedauerlicherweise war es nicht meine erste Leiche. Aber wenn es dich beruhigt, bei meiner ersten habe ich ähnlich reagiert wie du. Es wird besser bei jeder weiteren.« Er sah mich amüsiert an. Scherzend drückte er mich kurz an sich. »Das ist nicht witzig. Wirklich!« Konzentriert versuchte ich, mich zu sammeln, was gar nicht so leicht war. Ich hatte das Gefühl, dass ich in unzählige gefühlsmäßige Einzelteile zerfallen war, die ich jetzt mühsam wieder aufsammeln und zusammenfügen musste.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?« Lennox sah konsterniert in den Flur und rieb sich den Nacken. »Wir haben ihn wieder zurückgesteckt, in die Truhe.«
    Verlegen lächelte er mich an, was mir sagte, dass er sich nicht sicher war, ob er mich damit weiter aus der Fassung brachte. Vorsichtig schüttelte ich den Kopf, um die Übelkeit nicht neu zu entfachen.
    In der Küche stellte mir Olivia eine Schüssel mit Brühe und ein Stück Brot hin. Angewidert verzog ich das Gesicht, was Olive ignorierte. Sie zwang mich auf einen Stuhl.
    »Es wird dir besser gehen, wenn du ein wenig zu dir genommen hast. Du hast zu lange nichts gegessen.« Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie es nicht tolerieren würde, wenn ich ablehnte. Mit würdevoller Autorität setzte sie sich mir gegenüber und gab mir den Löffel in die Hand. Nach den ersten zwei Löffeln Suppe, die sich warm in meinem Magen ausbreiteten, ging es mir tatsächlich langsam besser und die Suppe fing an, köstlich zu schmecken. Bedächtig verspeiste ich den ganzen Inhalt der Schüssel mitsamt dem Brot und lehnte mich satt zurück.
    »Fühlst du dich ein wenig besser?«, fragte Ben vorsichtig. Ich nickte stumm.
    »Können wir über Unangenehmes sprechen?« Ich seufzte auf und nickte abermals. Louisa saß auf dem Küchenboden und malte vertieft auf einem Blatt Papier herum. In dem Moment wäre ich auch gerne so außen vor gewesen wie sie.
    »Hanna, wir müssen dir was sagen.« Ben sah mich an, aber sein Blick flog zwischen mir, Lennox und Olivia hin und her.
    »Na dann los, ich hab grade gegessen. Vielleicht kann ich ja wieder kotzen gehen.« Frech grinste ich ihn an und wartete auf eine Reaktion. Ein Lächeln zuckte in seinem Mundwinkel und er wechselte einen weiteren Blick mit Lennox. Langsam, aber sicher wuchs Ungeduld in mir heran. »Was jetzt? Schlimmer kann es doch vorerst nicht kommen, oder?« Ich lächelte ihm aufmunternd zu. Stirnrunzelnd zuckte er die Achseln . »Es wäre möglich, dass Henry unseren Hexenmeister ins Jenseits befördert hat. Es könnte seine Waffe gewesen sein.« Er machte eine Pause und forschte in meinem Gesicht. Ich rührte mich nicht, versuchte, ihm nicht an den Hals zu springen für das, was er da in den Raum stellte.
    »Er ist mein Onkel, Ben«, antwortete ich leise, aber drohend.
    »Es gibt keinen Beweis, jedoch müssen wir auch diese Möglichkeit in Betracht ziehen, auch wenn sie dir absurd erscheint. Wenn er es gewesen sein sollte und er jetzt unterwegs ist, um eine Person zu suchen und hierherzubringen, von der er weiß, dass sie schon hier ist, nur anders, als wir ihn uns hier wünschen würden, müssen wir uns da nicht zwangsläufig fragen, was er vorhat?« Lennox nahm vorsichtig meine Hand. »Wir wollen deinen Onkel nicht schlechtreden, aber es sieht alles erdrückend aus. Und wir sollten hier so schnell wie möglich verschwinden.«
    Ben machte eine bittende Geste, appellierend an meine Vernunft. Ungehalten schlug ich die Hände vor mein Gesicht und stand knurrend auf. Ich hatte auf einmal unglaubliche Lust, irgendetwas kaputt zu machen und griff nach der Schüssel auf dem Tisch . Sie flog mit einem Surren durch die Luft und zerschlug mit lautem Scheppern an der gegenüberliegenden Wand. Olive zuckte zusammen und sah mich irritiert an. Alle sahen mich an, stumm und erstaunlich geduldig.
    Ich erwog die Möglichkeit, dass Henry vielleicht ein Mörder war. Was wusste ich schon von ihm, und wie viel wusste ich nicht!

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