Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
meiner Brust nahm mir den Atem, ich drehte mich langsam auf die Seite und krümmte mich unter der Qual. Ich schrie lautlos, innerlich, schloss die Augen und weinte leise vor mich hin. Ben strich mir über den Kopf und ließ mich mit meinem Schmerz allein.
Etwa zwei Stunden später, es war ungefähr Nachmittag, kam Ben mit einem Teller Suppe zurück. Die Wasserflasche an meinem Bett hatte ich bereits fast auf einen Zug geleert. Jetzt lag ich unter der Bettdecke und besah ihre Muster, die sich – je nach Lichteinfall – veränderten. Die Blümchen schimmerten mal gelb, mal orange und manchmal auch rötlich. Eigentlich wollte ich nicht dabei gestört werden, aber als ich die Suppe roch, schlug ich die Decke zurück und nahm den Teller dankend entgegen.
Ben setzte sich an die Bettkante und sah mir beim Essen zu. Ich aß viel zu hastig und verbrannte mir ein paar Mal ziemlich übel die Zunge. Leise fluchend löffelte ich unbeirrt weiter, was Ben ein belustigtes Lachen entlockte. In meinen Mundwinkeln zuckte ein Lächeln, das aber sofort wieder erstarb, als die Realität sich blitzschnell in mein Bewusstsein schob.
»Was ist mit Louisa?«, fragte ich ihn ernst musternd. »Sie ist wohlauf, sie hat gestern lange hier an deinem Bett gewacht. Sie hat sich neben dich gelegt und dich rührend gestreichelt, als du unruhig warst. Bis Dominik sie in ein eigenes Zimmer gesteckt hat.«
»Warum hat er das getan? Sie hätte doch bei mir bleiben können.«
Ben wich meinem Blick aus. »Ich denke, er wollte, dass du mehr Ruhe hast. Und ich war ja schließlich die ganze Zeit bei dir.« Er sah mich wieder eindringlich an, als würde ich nicht ganz verstehen, was er mir erzählte.
»Du darfst bleiben und sie nicht? Muss ich das verstehen?« Er lächelte zaghaft und sah zum Fenster. »Nein, sicher nicht. Es ist schön draußen. Wollen wir nicht ein wenig spazieren gehen, bevor du zu deinem Vater musst?« Ich schüttelte den Kopf. »Warum ist das Haus explodiert, Ben?« Er zuckt die Achseln.
»Es könnte sein, dass der Hexer Whitkamp einige hochexplosive Chemikalien in seiner Zauberküche im Keller hatte. Das wäre nicht ungewöhnlich.«
»Hat denn jemand noch einmal alles genau untersucht? Ich meine, vielleicht gibt es ja eine Spur? Lennox und Olivia könnten doch entkommen sein?« Ich wagte es nicht, Ben direkt anzusehen.
»Ich denke, sie hätten versucht, Kontakt mit uns aufzunehmen.« Schweigen.
»Möchtest du noch etwas essen?« Behutsam streichelte er mein Bein, ich schüttelte langsam den Kopf und gab Ben den Teller. »Kannst du ihn bitte wieder mitnehmen?« Ben sah mich irritiert an. »Ja, natürlich.« Er wirkte unentschlossen. Mir war, als würde er nicht gehen wollen, was mir irgendwie missfiel. Ich verspürte das dringende Bedürfnis, in Ruhe und vor allem allein nachzudenken. »Dann hole ich dich in einer Stunde ab und bringe dich zu deinem Vater?« Auch das noch! Das hatte mir gerade noch gefehlt.
»Nein. Ich werde mich heute nicht mit ihm unterhalten«, warf ich ihm bestimmt entgegen.
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Hanna. Du solltest …« I ch fuhr ihm aufbrausend über den Mund und rückte gleichzeitig ein Stück von ihm ab. Meine Haut prickelte vor Ungeduld. Ich hatte das Gefühl, im Augenblick einfach niemanden ertragen zu können.
»Ich entscheide selber, was eine gute Idee ist und was nicht! Wenn ich während der Katastrophe gestern auch hätte selber entscheiden können, wären Olive und Lennox vielleicht noch am Leben.« Meine Stimme war eisig und wie eine Waffe traf sie ihr Ziel. Ben schrak zurück und sah mich verletzt an. Es tat mir im selben Moment unendlich leid, aber ich konnte und wollte meine bösartigen Worte nicht zurücknehmen. Die Wut und die Verzweiflung wollten raus und hatten ein Opfer gefunden. Ich schluckte einmal trocken und wandte mich verbohrt ab.
Ben stand hastig auf, der Teller fiel ihm fast aus der Hand und er ging leise aus dem Zimmer. Ich verkroch mich mit offenen Augen wieder unter der Bettdecke und starrte auf das Blümchenmuster. Meine Finger zogen die Formen der Blüten nach, immer und immer wieder. Die Minuten vergingen, ich lauschte auf das Ticken der Uhr, bis die Zimmertür aufgerissen wurde. Überrascht setzte ich mich auf und schlug die Decke zurück, was mit einem heftigen Pochen in meinem Kopf belohnt wurde. Ich kniff die Augen zusammen und sah zwei Dienstmädchen in Uniform an mein Bett treten. Sie waren beide klein und rundlich, die Röcke der
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