Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Richtungen um. Es war mittlerweile ziemlich voll und ich konnte nur Schultern und Rücken anderer Leute sehen, die mir die Sicht versperrten. Mit einer fließenden Bewegung drehte Lennox sich zu mir und nahm mich völlig überraschend in die Arme. Mein Herz tat einen überraschten Satz, ich versteifte mich, um dann ganz weich in seinem Arm zu werden. Mein Kopf ruhte an seinem Schlüsselbein und ich spürte eine Hand meinen Rücken hinauf- und hinabwandern, ganz leicht und zart. Ich schloss die Augen. Er brachte seine Lippen an mein Ohr und hauchte: »Ganz ruhig, Cherryblossom, aber deine Freundin, die Kriminalbeamtin, steht ein paar Meter vor uns am Eingang und zeigt ein Foto herum. Ich nehme an, es ist ein hübsches kleines Portrait von dir. Sie scheint ganz schön hartnäckig und gut informiert zu sein.«
Ich riss die Augen auf und mein Puls, der gerade ganz ruhig geworden war, beschleunigte sich rasant. Mit einem Aufseufzen drehte Lennox mich in seinem Arm in Richtung der Toiletten. »Wir nehmen einen anderen Ausgang, durch den Keller.« Er zog mich die Treppen hinunter und ich stolperte aufgeregt an den Menschenmengen vorbei hinter ihm her. Wir passierten die Toiletten und ein Schild, auf dem Notausgang stand. Zaghaft deutete ich auf das Schild und sah ihn fragend an. Lennox grinste verschlagen. »Wenn man weiß, wie man dieses Etablissement auf anderem Weg verlässt, scheint es, als löse man sich in Luft auf. Es ist gut möglich, dass vor dem Hinterausgang noch jemand auf uns wartet. Denkst du nicht auch?«
»Du meinst auf mich .« Meine Stimme geriet holprig, beinahe weinerlich. Er sah sich kurz besorgt nach mir um.
»Nein, ich meine auf uns . Sie wissen, wo ich wohne und ich glaube, sie wissen, dass du bei mir bist. Ich weiß nur nicht, woher.« Er zog mich durch eine kleine Tür, hinter der eine Treppe steil nach unten führte. Unsicher kam ich auf dem Treppenabsatz zum Stehen und sah die steilen dunklen Stufen hinab. Es roch moderig und abgestanden.
»Was ist?« Lennox sah mich fragend an. »Du vertraust mir doch, oder?«
Das war zur Abwechslung mal eine super Frage, da ich ja nie so genau wusste, woran ich bei ihm war. U nsicher und zugleich entschuldigend verzog ich mein Gesicht. Ich hasste Dunkelheit. Und diese Treppe fühlte sich an wie die Treppe zu einer Gruft. Zaghaft tastete ich mit dem Fuß die ersten Stufen hinab, als die Tür auch schon hinter mir ins Schloss fiel und wir urplötzlich im Stockdunkeln standen.
Ein Wimmern kroch über meine Lippen. Von außen wummerten die Bässe hohl in diesem Raum. Lennox trat näher an mich heran, ich spürte seinen Körper an meinem, seine Hand umschloss sanft meinen Nacken und die freie Hand tastete über meiner Schulter an der Wand entlang. Er gab mich frei, als mit einem Surren und Knacken flackernd das Licht einer Neonröhre aufflammte.
»Das hätten wir schon mal.« Aufmunternd lächelte er mir zu und zwinkerte gewitzt. »Nun schau nicht so.« Er legte den Kopf schief und berührte auffordernd meine Hand, die ich zur Faust geballt hatte.
»Wir müssen hier runter, dort um die Ecke ist ein alter geheimer Gang, von dem aus wir in das Nachbarhaus gelangen.«
»Woher weißt du davon?«, fragte ich erstaunt.
»Dieser Club gehört jemandem, den ich gut und lange kenne und als Zeitwandler ist es manchmal nützlich, wenn man mehrere Optionen hat, um abzutauchen.«
Wir setzten uns in Bewegung, er eilig voraus, ich wackelig hinterher. Tatsächlich ging ein schmuddeliger Gang durch die Kellerwand in einen anderen Keller.
»Wem gehört dieser andere Keller?«
»Glücklicherweise auch dem Clubbesitzer.« Seine Stimme klang jetzt ein bisschen gehetzter und er beschleunigte die Schritte.
»Mmh«, brachte ich hervor.
»Meine Mutter wurde als Hexe auf einem Scheiterhaufen verbrannt, das war zwar im neunzehnten Jahrhundert, aber es hat sich nicht viel daran geändert, dass Menschen, wenn sie etwas wahrnehmen, was sie nicht verstehen, dazu neigen, radikal zu reagieren.« Er war jetzt todernst und mir jagte ein kalter Schauer über den Rücken.
»Leise jetzt, hier hinten ist die Tür und wir kommen sofort auf die Straße.« Ich tat, wie mir geheißen und drückte mich dicht an Lennox, der vorsichtig durch den Türschlitz spähte. Auf der Straße schien es ungefährlich zu sein. Es stand nur ein Grüppchen Teenager an einer Straßenecke und sie ließen eine Tüte wandern, bedacht darauf, nicht erwischt zu werden. Der Haschischgeruch kitzelte mir in der Nase und
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