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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Silberschläger versprochen, ihm bei der Suche nach dem Mörder zu helfen. Er würde dieses Versprechen halten. »Einer der ganz wenigen.« In seinem Kopf setzten sich die Mosaiksteinchen jetzt zu einem Bild zusammen. »Der Türmer von St. Sebald war ein weiterer, nicht wahr?« Er blickte auf Katharina nieder und kam sich unendlich grausam vor.
    Bruder Johannes trat vor und kniete sich neben Egbert auf den Boden.
    »Ja«, bestätigte Egbert.
    »Ihr habt ihn getötet, bevor die Engelmorde begannen. Und um nicht aufzufallen, habt Ihr seinen Dienst übernommen!«, fuhr Richard fort. Katharina sah zu ihm auf, und in ihren Augen stand die Bitte, endlich aufzuhören.
    »Genau.«
    Richard nickte. Das erklärte den Widerspruch zwischen der Aussage Pömers, der Türmer sei gestorben, und der des Mesners, dass es seit Jahren keinen neuen Türmer gegeben hatte.
    »Warum habt Ihr Zeuners Leiche in das Sebaldusgrab gelegt?«, fragte Richard.
    Katharina stöhnte. Ihr Oberkörper begann, vor- und zurückzuschwanken.
    »In das ... Grab?« Inzwischen hatten Egberts Lippen jegliche Farbe verloren. Seine Haut wirkte wie farbloses Wachs.
    Katharina schluchzte, als seine Stimme vor dem letzten Wort einen Moment versagte. Richard konnte sie den Kopf schütteln sehen. Er biss die Zähne zusammen.
    »Ich ... habe ihn nicht in das Grab ... getan«, behauptete Egbert. »Ich habe ihn ... in der Türmerstube ...«
    »Genug jetzt!« Mit einer harschen Handbewegung unterbrach Bruder Johannes ihn. »Du solltest lieber deine Gebete sprechen, mein Sohn, bevor der Herr dich zu sich heimholt.«
    Egbert wandte den Kopf zur Seite und sah ihn an, als erblicke er ihn zum ersten Mal. »Ich beneide Euch«, murmelte er. »Ihr glaubtwirklich, dass ... Gott mir ... meine Taten vergibt, wenn ich nur bereue?«
    Er hob eine Hand. Sie zitterte. Mit einer unsicheren Bewegung legte er sie sich an die Stirn, dorthin, wo in seinem Schädel eine übel aussehende Delle war. »Leider bereue ich nichts mehr, ... seit die Mist...kerle mich ...« Er verstummte. Seine Stimme klang jetzt gequält, verlor zunehmend an Kraft. Er blickte zu Lukas auf.
    »Dein Vater ...«, hauchte er, aber er hatte kaum noch Kraft, weiterzusprechen.
    »Was ist mit ihm?«, rief Lukas aus, doch Egbert richtete den Blick jetzt auf Katharina. »Nicht weinen«, bat er. Dann schloss er die Augen. »Die Priorin«, sagte er.
    Atmete einmal tief ein.
    Und nicht wieder aus.

25. Kapitel
    »Dominus pascit me nihil mihi deerit in pascuis herbarum adclinavit me super aquas refectionis enutrivit me«, begann Bruder Johannes, den dreiundzwanzigsten Psalm zu beten.
    Die Welt um Katharina war verschwunden, versunken in einem undurchdringlichen Nebel, der sie allein umschloss. Sie und Egberts Leiche.
    Ihr Verstand sagte ihr, was geschehen war, aber ihr Herz weigerte sich, es zu begreifen. Sie war jetzt wirklich und wahrhaftig Witwe, und diesmal gab es keinen Zweifel daran. Richard hatte Egbert getötet.
    Sie legte ihrem Mann eine Hand an die blasse Wange.
    Sie wollte ihn packen und schütteln, wollte ihn anschreien, er solle doch die Augen wieder öffnen, solle aufstehen und weiterleben. Ihre Wangen waren nass von Tränen, doch sie brachte keinen einzigen Ton über die Lippen. Einmal um Egbert zu trauern war schlimm gewesen, aber es jetzt ein zweites Mal zu tun, überstieg ihre Kräfte. Sie spürte, wie sie vornüberkippte, wie alle Stärke sie verlassen wollte.
    »... et habitabo in domo Domini in longitudine dierum«, beendete Bruder Johannes sein Gebet. Mit gemessenen Bewegungen schlug er ein Kreuz über Egbert.
    Jemand griff nach Katharina, hielt sie fest. Sie brauchte all ihre Kraft, um aufzusehen und zu erkunden, wer es war.
    Vor ihrem getrübten Blick schwebte ein Paar leuchtendgrüner Augen. Arnulf.
    Katharina blinzelte einmal, ein weiteres Mal.
    Dann wanderte ihr Blick an dem Nachtraben vorbei und zu Richard. In dem Nebel, der sie umgab, wirkte seine Gestalt fern und entrückt, ebenso wie das Schwert, das er noch immer in der Hand hielt.
    Das Schwert, das Egbert getötet hatte.
    Katharina wimmerte auf.
    Richard wich einen Schritt zurück. In seinem Gesicht standen Entsetzen und Trauer.
    »Lasst mich ...«, sagte eine sanfte Frauenstimme. Arnulf ließ Katharina los und entfernte sich in den Nebel. Jemand anderes trat daraus hervor. Es war Kunigunde.
    Sie legte Katharina eine Hand auf die Schulter. »Komm«, forderte sie sie auf. »Du kannst hier nichts mehr tun, Kind. Lass mich dir neue Wege zeigen.«
    Die

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