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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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daraufstellen kannst. Und dann zünde sie bei Dunkelheit an. Du wirst sehen, dein Floh wird begierig auf das Licht zuhüpfen, in das Seifenwasser fallen und dort verenden.«
    Staunend blickte Benedikt auf das Päckchen in seinen Händen. Dann kratzte er sich erneut. »Danke!«, sagte er überwältigt.
    Richard schmunzelte und musste sich beherrschen, um sich nicht gleich mitzukratzen. »Geh jetzt!«, riet er. »Und verlier die Seife nicht. Sie war teuer.«
    Benedikt verbeugte sich eifrig. »Vielen Dank!«, rief er noch einmal, dann ging er seines Weges. Mehrere fröhliche Hüpfer ließen die Bürsten auf seinem Bauchladen laut klappern.
    Lächelnd sah Richard ihm nach. Dann besann er sich darauf, weswegen er ursprünglich das Haus verlassen hatte. Er unterdrückte ein Seufzen, und seine Gedanken kehrten zurück zum vergangenen Abend.Er hatte im Roten Ochsen gesessen, einem stattlichen Gasthaus in der Nähe der Stadtmauer, dessen Wirt durch reisende Händler reich geworden war. Ab und an ließ er sich hier das selbstgebraute Bier schmecken und einen der gut gewürzten Hasenbraten, die die Spezialität des Hauses waren. Zum ersten Mal seit August war er im Ochsen eingekehrt, und er hatte bemerkt, wie viele Mitglieder des Stadtrates hier als Gäste verkehrten, obwohl der Ochse ein ganzes Stück vom Rathaus entfernt lag.
    »Wie kommt es, dass die Bürgermeister hier so zahlreich vertreten sind?«, hatte er den Wirt gefragt, einen schmalen, nervös wirkenden Mann, dessen Hände beim Reden in einem fort flatterten.
    Der Wirt wischte mit einem Tuch über die Platte von Richards Tisch. »Liegt daran, dass die Ratsstuben im August abgebrannt sind«, antwortete er. Seine Rede war atemlos, fahrig wie seine Gesten. Dann grinste er flüchtig. »Ich bin vielleicht der Einzige, der von dem Großen Wahnsinn profitiert«, fügte er hinzu, warf geschäftig sein Tuch über die Schulter und schaute Richard fragend an.
    Der gab seine Bestellung auf, und nachdem der Wirt verschwunden war, um das Gewünschte zu bringen, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. Eine Weile hing er seinen eigenen Gedanken nach, lauschte dabei den Gesprächen der anderen Gäste. Ein paar Huren fielen ihm auf, aufgeputzte Frauenzimmer mit Kleidern aus wertvolleren Stoffen, als sie die Weiber im Spittlertorviertel trugen, und doch deutlich in ihrer Profession zu erkennen. Immer wieder warfen diese Frauen ihm neugierige Blicke zu und flüsterten sich dann kichernd irgendwelche Geheimnisse ins Ohr. Keine von ihnen wagte es jedoch, Richard anzusprechen. Er war das gewöhnt. Er schien etwas an sich zu haben, das diese Frauen abschreckte.
    Doch diesmal war unter den Huren eine, die mutiger war als die anderen. Nachdem auch sie sich eine Weile darauf beschränkt hatte, Richard anzügliche Blicke zuzuwerfen, glitt sie schließlich mit einer elegant aussehenden Bewegung von ihrem Stuhl und trat vor Richard hin. Sie trug ein Kleid, das so rot leuchtete, als sei es in frischem Blut gefärbt worden.
    »Ihr seid doch dieser Mann, den der Engelmörder ...«, begann sie und unterbrach sich, weil Richard eine Hand hob.
    Er hasste es, auf die Ereignisse vom August angesprochen zu werden. Es reichte schon, dass ihn die Wunden auf dem Rücken beständig daran erinnerten, die ihm der Engelmörder beigebracht hatte und die noch nicht gänzlich verheilt waren. Unbehaglich zog er die Schultern nach oben. Die Haut über seinen Schulterblättern spannte.
    Ohne zu fragen, ob es ihm recht war, ließ sich die Hure auf einem Stuhl an Richards Tisch nieder. »Mein Name ist Inga. Ich finde es unglaublich aufregend!«, flötete sie und machte einen Augenaufschlag, der Richard beinahe zum Lachen gebracht hätte. »Ich meine, Eure Frau muss es doch förmlich genossen haben, Euch gesund zu pflegen. Einen Mann von Eurem Aussehen und Eurer Statur und noch dazu nach so einem heldenhaften Erlebnis ...«
    Richard verzichtete darauf, Inga darauf hinzuweisen, dass er weder heldenmütig gewesen war noch dass er eine Frau hatte. Er dachte an Katharina, doch er vertrieb den Gedanken sofort. Die Narben an seinem Körper waren schmerzhaft genug. Er konnte keine weiteren in seinem Herzen gebrauchen. »Schon möglich!«, sagte er so ruhig, wie er es vermochte.
    Am liebsten hätte er Inga zurück zu ihrem eigenen Tisch geschickt, aber die Höflichkeit verbot es ihm, allzu unfreundlich zu werden. Sie ist eine Hure!, sagte er sich. Und kurz fragte er sich, ob er in Ingas Armen vielleicht ein kleines bisschen

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