Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
Möbeln viel leichter zurechtgekommen als Menschen, und sie hätte Ethan auch nicht um fünf Uhr morgens beaufsichtigen müssen. Ethan wirkte nicht sonderlich begeistert, und ich stellte mir außerdem die Frage, warum er das nicht Helen hatte erledigen lassen.
Ich kam zu der Erkenntnis, dass er das vielleicht brauchte. Vielleicht war das hier seine Katharsis, seine Gelegenheit, das Zimmer neu zu gestalten, reinen Tisch zu machen, einen Wachwechsel in seinem Liebesleben vorzubereiten.
Ich wollte etwas sagen, ihm zeigen, dass ich mir des Schmerzes bewusst war, den er empfinden musste, aber ich hatte keine Idee, wie ich es ausdrücken sollte, ohne Worte zu verwenden, die er nicht als Beleidigung verstünde. Worte, die er nicht als zu gefühlsbetont verstünde. Zu menschlich. Sein Blick ruhte wieder auf mir, und ich erkannte, dass er sich widerwillig in sein Schicksal gefügt hatte, bevor er seinen Blick abwandte und in die Wohnung trat.
Einen Augenblick blieb ich einfach stehen, hin-und hergerissen zwischen meinem Wunsch, ihm zu folgen, um ihm vielleicht Trost zu spenden, und dem Wunsch, es einfach hinzunehmen, ihn mit demselben Schweigen zu begegnen, mit dem er mir begegnet war, in der Annahme, dass er dieses Schweigen brauchte. Ich zwang mich, zur Treppe weiterzugehen, und fiel in meinem Zimmer mit dem Kopf voran auf mein Bett, Sekunden, bevor Homers »rosenfingrige Morgenröte« erschien, bevor die Sonne ihre ersten Strahlen über den Horizont schickte. Er erschien mir nicht mehr ganz so rosig, als ich daran dachte, dass die Morgenröte mich zu Asche verbrennen konnte.
Kapitel Sieben
Die Ballkönigin
Ein lautes Klopfen an meiner Tür ließ mich abrupt aufwachen und riss mich aus meinen Träumen. Ich versuchte den letzten Traum abzuschütteln, bei dem sich Mondlicht auf dunklem Wasser gespiegelt hatte, setzte mich auf und rieb mir die Augen.
Es klopfte erneut.
»Einen Moment bitte.« Ich befreite mich von den Decken, in die ich mich den Tag über vergraben hatte, und warf einen Blick auf den Wecker neben meinem Bett. Es war kurz nach sieben, und ich hatte nur noch eine knappe Stunde bis zu den ersten Cocktails auf der Party der Breckenridges. Ich schwang die Beine aus dem Bett und stellte die Füße auf den Boden. Ich brauchte eine Sekunde, um aufzustehen, dann schlurfte ich zur Tür und begriff in diesem Moment, dass ich immer noch mein verknittertes Hemd und die Kostümhose der vergangenen Nacht anhatte.
Ich entriegelte das Schloss und öffnete die Tür. Ethan stand vor mir, gepflegt gekleidet in Anzughose und ein weißes Anzughemd. Seine Haare hatte er zurückgebunden; er trug das Medaillon um seinen Hals. Wo er makellos war, war ich zerknittert. Seine strahlend smaragdgrünen Augen sahen mich aufmerksam an. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Verwirrung und Enttäuschung, und er schien sich nicht zwischen diesen beiden Emotionen entscheiden zu können.
»Lange Nacht gehabt, Hüterin?«
Sein Tonfall war neutral. Ich brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, zu welcher Schlussfolgerung er gekommen war. Er glaubte, dass mich ein Rendezvous meine gesamte Zeit gekostet und daran gehindert hatte, die gestrige Uniform auszuziehen. Seine Hüterin, die Frau, die er an den Meister des Hauses Navarre weitergereicht hatte, um ein mögliches Bündnis zu sichern, trug immer noch die Klamotten von gestern.
Natürlich hatte ich mich seit Tagen mit Morgan nicht getroffen. Das brauchte Ethan aber nicht zu wissen.
Ich verkniff mir ein Grinsen und wollte ihn mit meiner Antwort provozieren. »Ja. Die hatte ich tatsächlich.« Ethan hielt mir eine schwarze Kleiderhülle entgegen, eine Augenbraue missbilligend erhoben.
Ich nahm sie ihm ab. »Was ist das?«
»Das ist für heute Abend. Etwas … Passenderes als deine übliche Auswahl.«
Fast hätte ich ihm eine patzige Antwort an den Kopf geknallt – Ethan schätzte meinen Modegeschmack nicht sonderlich: Jeans und übereinandergetragene T-Shirts –, aber ich rang mich zu dem Entschluss durch, dass ich seine Geste mehr schätzte, als mein Bedürfnis stillen zu müssen, wie immer das letzte Wort zu haben. Heute kehrte ich in den Schoß der Familie zurück. Ich kehrte zu den oberen Zehntausend Chicagos zurück. Dies war meine Chance, ein Kleid anzuziehen, die richtige Haltung anzunehmen und so zu tun, als ob ich zu ihnen gehörte. Meinen Namen als Eintrittskarte zu benutzen, der er nun mal war. Aber ob ich nun den richtigen Namen hatte oder nicht – es wäre auf
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